Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.Vorrede. ten Verbote oder Gesetze befürch-ten. Wenn man dieses nun recht ver- stehet/ so werden wir leicht einen grossen Zweifel abhelffen können/ nemlich/ ob denn ein Unterscheid sey zwischen dem natürlichen Gesetze vor/ und nach dem Sünden-Falle/ oder/ ob es in beyden Zeiten mit denselben einerley Beschaffenheit würde ge- habt haben? Darauf mit wenigem zu antworten ist/ daß die vornehm- sten Hauptstücke dieses Gesetzes al- lendhalben einerley seyn/ hingegen er- eignet sich wegen des veränderlichen Zu- standes der Menschen vor/ und nach dem Falle in vielen Particulier-Gesetzen ein mercklicher Unterscheid. Oder/ daß ich was eigendlicher rede: Es muß ei- nerley Jnhalt des natürlichen Gesetzes durch unterschiedliche (iedoch nicht con- traire, oder wider einander-lauffende) Special-Gesetze erkläret werden/ nach- dem der Mensch/ dem solche angehen/ bald so/ bald wiederum anders beschaf- fen gewesen. Den Jnhalt des gan- tzen natürlichen Gesetzes schlüsset un-
Vorrede. ten Verbote oder Geſetze befuͤrch-ten. Wenn man dieſes nun recht ver- ſtehet/ ſo werden wir leicht einen groſſen Zweifel abhelffen koͤnnen/ nemlich/ ob denn ein Unterſcheid ſey zwiſchen dem natuͤrlichen Geſetze vor/ und nach dem Suͤnden-Falle/ oder/ ob es in beyden Zeiten mit denſelben einerley Beſchaffenheit wuͤrde ge- habt haben? Darauf mit wenigem zu antworten iſt/ daß die vornehm- ſten Hauptſtuͤcke dieſes Geſetzes al- lendhalben einerley ſeyn/ hingegen er- eignet ſich wegen des veraͤnderlichen Zu- ſtandes der Menſchen vor/ und nach dem Falle in vielen Particulier-Geſetzen ein mercklicher Unterſcheid. Oder/ daß ich was eigendlicher rede: Es muß ei- nerley Jnhalt des natuͤrlichen Geſetzes durch unterſchiedliche (iedoch nicht con- traire, oder wider einander-lauffende) Special-Geſetze erklaͤret werden/ nach- dem der Menſch/ dem ſolche angehen/ bald ſo/ bald wiederum anders beſchaf- fen geweſen. Den Jnhalt des gan- tzen natuͤrlichen Geſetzes ſchluͤſſet un-
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Vorrede.
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ten. Wenn man dieſes nun recht ver-
ſtehet/ ſo werden wir leicht einen groſſen
Zweifel abhelffen koͤnnen/ nemlich/ ob
denn ein Unterſcheid ſey zwiſchen
dem natuͤrlichen Geſetze vor/ und
nach dem Suͤnden-Falle/ oder/ ob
es in beyden Zeiten mit denſelben
einerley Beſchaffenheit wuͤrde ge-
habt haben? Darauf mit wenigem
zu antworten iſt/ daß die vornehm-
ſten Hauptſtuͤcke dieſes Geſetzes al-
lendhalben einerley ſeyn/ hingegen er-
eignet ſich wegen des veraͤnderlichen Zu-
ſtandes der Menſchen vor/ und nach dem
Falle in vielen Particulier-Geſetzen
ein mercklicher Unterſcheid. Oder/ daß
ich was eigendlicher rede: Es muß ei-
nerley Jnhalt des natuͤrlichen Geſetzes
durch unterſchiedliche (iedoch nicht con-
traire, oder wider einander-lauffende)
Special-Geſetze erklaͤret werden/ nach-
dem der Menſch/ dem ſolche angehen/
bald ſo/ bald wiederum anders beſchaf-
fen geweſen. Den Jnhalt des gan-
tzen natuͤrlichen Geſetzes ſchluͤſſet
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Zitationshilfe: | Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/48>, abgerufen am 16.07.2024. |