Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.Des ersten Buchs meisten liebet. Nun scheinet vor ur-alten Zeiten üblich gewesen zu seyn/ daß ein Sterbender bey Heranna- hung der Todes-Stunde seine Er- ben öffentlich ernennet/ und ihnen die Verlassenschafft selbst in die Hän- de gegeben; Allein nachmals haben sich viele Völcker/ um wichtiger Ur- sachen willen/ die andere Art der Te- stamente besser gefallen lassen/ da man nemlich/ zu welcher Zeit es ei- nen beliebet/ seinen Willen dieser wegen entweder mündlich und öf- fentlich anzeugen/ oder ingeheim und in Schrifften verfassen mag/ solchen auch nach seinen guten Gefallen wie- derum ändern kan/ sintemal denen ernenneten oder geschriebenen Er- ben hieraus eher kein Recht zuwäch- set/ als biß der Testirer Todes ver- blichen. Und ob nun wohl derglei- chen Testamente hillig eine grosse Gunst haben; So seynd sie doch auf die
Des erſten Buchs meiſten liebet. Nun ſcheinet vor ur-alten Zeiten uͤblich geweſen zu ſeyn/ daß ein Sterbender bey Heranna- hung der Todes-Stunde ſeine Er- ben oͤffentlich ernennet/ und ihnen die Verlaſſenſchafft ſelbſt in die Haͤn- de gegeben; Allein nachmals haben ſich viele Voͤlcker/ um wichtiger Ur- ſachen willen/ die andere Art der Te- ſtamente beſſer gefallen laſſen/ da man nemlich/ zu welcher Zeit es ei- nen beliebet/ ſeinen Willen dieſer wegen entweder muͤndlich und oͤf- fentlich anzeugen/ oder ingeheim und in Schrifften verfaſſen mag/ ſolchen auch nach ſeinen guten Gefallen wie- derum aͤndern kan/ ſintemal denen ernenneten oder geſchriebenen Er- ben hieraus eher kein Recht zuwaͤch- ſet/ als biß der Teſtirer Todes ver- blichen. Und ob nun wohl derglei- chen Teſtamente hillig eine groſſe Gunſt haben; So ſeynd ſie doch auf die
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Des erſten Buchs
meiſten liebet. Nun ſcheinet vor ur-
alten Zeiten uͤblich geweſen zu ſeyn/
daß ein Sterbender bey Heranna-
hung der Todes-Stunde ſeine Er-
ben oͤffentlich ernennet/ und ihnen
die Verlaſſenſchafft ſelbſt in die Haͤn-
de gegeben; Allein nachmals haben
ſich viele Voͤlcker/ um wichtiger Ur-
ſachen willen/ die andere Art der Te-
ſtamente beſſer gefallen laſſen/ da
man nemlich/ zu welcher Zeit es ei-
nen beliebet/ ſeinen Willen dieſer
wegen entweder muͤndlich und oͤf-
fentlich anzeugen/ oder ingeheim und
in Schrifften verfaſſen mag/ ſolchen
auch nach ſeinen guten Gefallen wie-
derum aͤndern kan/ ſintemal denen
ernenneten oder geſchriebenen Er-
ben hieraus eher kein Recht zuwaͤch-
ſet/ als biß der Teſtirer Todes ver-
blichen. Und ob nun wohl derglei-
chen Teſtamente hillig eine groſſe
Gunſt haben; So ſeynd ſie doch auf
die
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