Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.zwölftes Capitel. Völckern also eingeführet worden/daß/ wenn jemand seiner Verlassen- schafft wegen selbst keine Anstalt ge- machet/ selbige auf diejenigen/ so er/ der gemeinen menschlichen Neigung nach/ an liebsten gehabt/ verfallen solten. Das seynd nun ordentlicher Weise die Kinder und Verwandten in absteigender Linie/ und nechst die- sen die andern Bluts-Freunde/ ein- jeder nach der Rähe des Grades/ und der Verwandschafft. Und ob es wohl deren etliche giebet/ die ent- weder wegen empfangener Guttha- ten/ oder eines sonderlichen Affects halber frembde Leute mehr lieben/ als ihre eigenen Bluts-Freunde; So wolte dennoch/ um den Frieden und Ruhe in der menschlichen Ge- sellschaft zu erhalte/ vonnöthen seyn/ hierinne vielmehr der allgemeinen menschlichen Inclination, als etlicher wenigen Neigung Folge zu leisten/ und
zwoͤlftes Capitel. Voͤlckern alſo eingefuͤhret worden/daß/ wenn jemand ſeiner Verlaſſen- ſchafft wegen ſelbſt keine Anſtalt ge- machet/ ſelbige auf diejenigen/ ſo er/ der gemeinen menſchlichen Neigung nach/ an liebſten gehabt/ verfallen ſolten. Das ſeynd nun ordentlicher Weiſe die Kinder und Verwandten in abſteigender Linie/ und nechſt die- ſen die andern Bluts-Freunde/ ein- jeder nach der Raͤhe des Grades/ und der Verwandſchafft. Und ob es wohl deren etliche giebet/ die ent- weder wegen empfangener Guttha- ten/ oder eines ſonderlichen Affects halber frembde Leute mehr lieben/ als ihre eigenen Bluts-Freunde; So wolte dennoch/ um den Frieden und Ruhe in der menſchlichen Ge- ſellſchaft zu erhaltē/ vonnoͤthen ſeyn/ hierinne vielmehr der allgemeinen menſchlichen Inclination, als etlicher wenigen Neigung Folge zu leiſten/ und
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zwoͤlftes Capitel.
Voͤlckern alſo eingefuͤhret worden/
daß/ wenn jemand ſeiner Verlaſſen-
ſchafft wegen ſelbſt keine Anſtalt ge-
machet/ ſelbige auf diejenigen/ ſo er/
der gemeinen menſchlichen Neigung
nach/ an liebſten gehabt/ verfallen
ſolten. Das ſeynd nun ordentlicher
Weiſe die Kinder und Verwandten
in abſteigender Linie/ und nechſt die-
ſen die andern Bluts-Freunde/ ein-
jeder nach der Raͤhe des Grades/
und der Verwandſchafft. Und ob
es wohl deren etliche giebet/ die ent-
weder wegen empfangener Guttha-
ten/ oder eines ſonderlichen Affects
halber frembde Leute mehr lieben/
als ihre eigenen Bluts-Freunde;
So wolte dennoch/ um den Frieden
und Ruhe in der menſchlichen Ge-
ſellſchaft zu erhaltē/ vonnoͤthen ſeyn/
hierinne vielmehr der allgemeinen
menſchlichen Inclination, als etlicher
wenigen Neigung Folge zu leiſten/
und
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