Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.Des ersten Buchs keine Klage/ und Process verstattet;Denn der edelste Theil einer Gut- that fiele dahin/ wenn man einen Un- danckbaren eben so wohl/ als etwa einen Schuldner um ein gewisses Darlehn/ belangen könte; Ja/ sie würde solcher Gestalt eben die Ei- genschafft einer Schuld-Forderung bekommen; Und weil die Erkänt- ligkeit bißher unter die löblichsten und großmüthigsten Verrichtungen eines Menschen gerechnet werden; so würde ihr solche Trefligkeit nun- mehr gäntzlich abgehen/ wenn man sie mit gerichtlichen Noth-Zwang belegen solte. Zugeschweigen/ daß alle Rath-Häuser und Richter- Stuben kaum mit diesem eini- gen Gesetze/ und der Entschei- dung über daher entstehender Streit- Händel fertig werden dürfften/ son- derlich wegen der sehr schweren und bedencklichen Ermessung aller hie- bey
Des erſten Buchs keine Klage/ und Proceſs verſtattet;Denn der edelſte Theil einer Gut- that fiele dahin/ wenn man einen Un- danckbaren eben ſo wohl/ als etwa einen Schuldner um ein gewiſſes Darlehn/ belangen koͤnte; Ja/ ſie würde ſolcher Geſtalt eben die Ei- genſchafft einer Schuld-Forderung bekommen; Und weil die Erkaͤnt- ligkeit bißher unter die loͤblichſten und großmuͤthigſten Verrichtungen eines Menſchen gerechnet werden; ſo wuͤrde ihr ſolche Trefligkeit nun- mehr gaͤntzlich abgehen/ wenn man ſie mit gerichtlichen Noth-Zwang belegen ſolte. Zugeſchweigen/ daß alle Rath-Haͤuſer und Richter- Stuben kaum mit dieſem eini- gen Geſetze/ und der Entſchei- dung uͤber daher entſtehender Streit- Haͤndel fertig werden duͤrfften/ ſon- derlich wegen der ſehr ſchweren und bedencklichen Ermeſſung aller hie- bey
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Des erſten Buchs
keine Klage/ und Proceſs verſtattet;
Denn der edelſte Theil einer Gut-
that fiele dahin/ wenn man einen Un-
danckbaren eben ſo wohl/ als etwa
einen Schuldner um ein gewiſſes
Darlehn/ belangen koͤnte; Ja/ ſie
würde ſolcher Geſtalt eben die Ei-
genſchafft einer Schuld-Forderung
bekommen; Und weil die Erkaͤnt-
ligkeit bißher unter die loͤblichſten
und großmuͤthigſten Verrichtungen
eines Menſchen gerechnet werden;
ſo wuͤrde ihr ſolche Trefligkeit nun-
mehr gaͤntzlich abgehen/ wenn man
ſie mit gerichtlichen Noth-Zwang
belegen ſolte. Zugeſchweigen/ daß
alle Rath-Haͤuſer und Richter-
Stuben kaum mit dieſem eini-
gen Geſetze/ und der Entſchei-
dung uͤber daher entſtehender Streit-
Haͤndel fertig werden duͤrfften/ ſon-
derlich wegen der ſehr ſchweren und
bedencklichen Ermeſſung aller hie-
bey
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