Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite
sechstes Capitel.
§. 2.

Unter denen gemeinen
Schuldigkeiten/ und die ein ieder
schlechter Dinges gegen den andern
zu beobachten hat/ ist dieses die erste:
daß keiner den andern verletze.

Denn diese hat wohl den grössesten
Umfang/ und erstrecket sich auf alle
Menschen/ alsfern sie einerley
menschliche Natur mit einander ge-
mein haben. So ist sie auch die leich-
teste/ indem sie nur auf einer blossen
Unterlassung beruhet/ ausser/ so fern
man zu weilen die der Vernunfft wi-
derstrebenden Lüste darbey zu dämpf-
fen hat. Ja/ sie ist auch die allernoth-
wendigste/ weil ohne dieser die Gesel-
ligkeit des menschlichen Lebens durch-
aus nicht könte erhalten werden.
Denn wenn uns einer schon gar
nichts zu gute thut/ wenn er uns auch
nicht einmal die gemeinen und gerin-
gen Freundschaffts-Dienste leistet/
so kan man doch wohl schiedlich und

fried-
ſechſtes Capitel.
§. 2.

Unter denen gemeinen
Schuldigkeiten/ und die ein ieder
ſchlechter Dinges gegen den andern
zu beobachten hat/ iſt dieſes die erſte:
daß keiner den andern verletze.

Denn dieſe hat wohl den groͤſſeſten
Umfang/ und erſtrecket ſich auf alle
Menſchen/ alsfern ſie einerley
menſchliche Natur mit einander ge-
mein haben. So iſt ſie auch die leich-
teſte/ indem ſie nur auf einer bloſſen
Unterlaſſung beruhet/ auſſer/ ſo fern
man zu weilen die der Vernunfft wi-
derſtrebenden Luͤſte daꝛbey zu daͤmpf-
fen hat. Ja/ ſie iſt auch die allernoth-
wendigſte/ weil ohne dieſer die Geſel-
ligkeit des menſchlichen Lebens durch-
aus nicht koͤnte erhalten werden.
Denn wenn uns einer ſchon gar
nichts zu gute thut/ wenn er uns auch
nicht einmal die gemeinen und gerin-
gen Freundſchaffts-Dienſte leiſtet/
ſo kan man doch wohl ſchiedlich und

fried-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0235" n="171"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">&#x017F;ech&#x017F;tes Capitel.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.</head>
            <p>Unter denen <hi rendition="#fr">gemeinen</hi><lb/>
Schuldigkeiten/ und die ein ieder<lb/>
&#x017F;chlechter Dinges gegen den andern<lb/>
zu beobachten hat/ i&#x017F;t die&#x017F;es <hi rendition="#fr">die er&#x017F;te:<lb/>
daß keiner den andern verletze.</hi><lb/>
Denn die&#x017F;e hat wohl den gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten<lb/>
Umfang/ und er&#x017F;trecket &#x017F;ich auf alle<lb/>
Men&#x017F;chen/ alsfern &#x017F;ie einerley<lb/>
men&#x017F;chliche Natur mit einander ge-<lb/>
mein haben. So i&#x017F;t &#x017F;ie auch die leich-<lb/>
te&#x017F;te/ indem &#x017F;ie nur auf einer blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Unterla&#x017F;&#x017F;ung beruhet/ au&#x017F;&#x017F;er/ &#x017F;o fern<lb/>
man zu weilen die der Vernunfft wi-<lb/>
der&#x017F;trebenden Lu&#x0364;&#x017F;te da&#xA75B;bey zu da&#x0364;mpf-<lb/>
fen hat. Ja/ &#x017F;ie i&#x017F;t auch die allernoth-<lb/>
wendig&#x017F;te/ weil ohne die&#x017F;er die Ge&#x017F;el-<lb/>
ligkeit des men&#x017F;chlichen Lebens durch-<lb/>
aus nicht ko&#x0364;nte erhalten werden.<lb/>
Denn wenn uns einer &#x017F;chon gar<lb/>
nichts zu gute thut/ wenn er uns auch<lb/>
nicht einmal die gemeinen und gerin-<lb/>
gen Freund&#x017F;chaffts-Dien&#x017F;te lei&#x017F;tet/<lb/>
&#x017F;o kan man doch wohl &#x017F;chiedlich und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fried-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0235] ſechſtes Capitel. §. 2. Unter denen gemeinen Schuldigkeiten/ und die ein ieder ſchlechter Dinges gegen den andern zu beobachten hat/ iſt dieſes die erſte: daß keiner den andern verletze. Denn dieſe hat wohl den groͤſſeſten Umfang/ und erſtrecket ſich auf alle Menſchen/ alsfern ſie einerley menſchliche Natur mit einander ge- mein haben. So iſt ſie auch die leich- teſte/ indem ſie nur auf einer bloſſen Unterlaſſung beruhet/ auſſer/ ſo fern man zu weilen die der Vernunfft wi- derſtrebenden Luͤſte daꝛbey zu daͤmpf- fen hat. Ja/ ſie iſt auch die allernoth- wendigſte/ weil ohne dieſer die Geſel- ligkeit des menſchlichen Lebens durch- aus nicht koͤnte erhalten werden. Denn wenn uns einer ſchon gar nichts zu gute thut/ wenn er uns auch nicht einmal die gemeinen und gerin- gen Freundſchaffts-Dienſte leiſtet/ ſo kan man doch wohl ſchiedlich und fried-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/235
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/235>, abgerufen am 26.12.2024.