Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

vom Pabst.
und den Conciliis selbst zum Haupten ge-
wachsen/ sich die Autorität genommen in
Glaubens-Sachen zu definiren, Cano-
nes
oder geistliche Gesetze der Kirchen auf-
zudringen/ die er seinem Staat und Nu-
tzen gemäß befand/ die höchste Jurisdicti-
on
an sich zu ziehen/ und sie hierdurch von
der hohen Obrigkeit Gewalt zu eximiren.
Denn da man erst in die Meinung ge-
rieth/ daß dieses alles der Clerisey mit
Ausschliessung der hohen Obrigkeit zu-
kähme/ folgete nachmahls/ daß der
Pabst sich dessen anmassete/ als er sich ü-
ber die Clerisey und gantze Kirche er-
hub.

§. 13.

Nebenst dem war auch in derBey Epi-
scopali
Audien-
tia.

alten Kirchen der Gebrauch/ daß die
Christen nach Erinnerung des Apostels
Pauli nicht gerne für Heidnischen Rich-
terstühlen zanckten/ sondern wenn eine
Streitigkeit unter ihnen entstund/ stelle-
ten sie selbige zur Entscheidung des Bi-
schoffes/ damit sie nicht den Heyden Aer-
gernüß oder Anlaß sie zu lästern geben;
auch ihnen nicht wohl anstund umb zeit-
liche Dinge sich so herumb zu zancken/ da
sie doch von Verachtung derselben solten
Profession machen. Dieses Werck nun
wie es zu selbigen Zeiten sehr löblich und
nützlich war; also weil es nicht abgeschaf-

fet/
B b b

vom Pabſt.
und den Conciliis ſelbſt zum Haupten ge-
wachſen/ ſich die Autoritaͤt genommen in
Glaubens-Sachen zu definiren, Cano-
nes
oder geiſtliche Geſetze der Kirchen auf-
zudringen/ die er ſeinem Staat und Nu-
tzen gemaͤß befand/ die hoͤchſte Jurisdicti-
on
an ſich zu ziehen/ und ſie hierdurch von
der hohen Obrigkeit Gewalt zu eximiren.
Denn da man erſt in die Meinung ge-
rieth/ daß dieſes alles der Cleriſey mit
Ausſchlieſſung der hohen Obrigkeit zu-
kaͤhme/ folgete nachmahls/ daß der
Pabſt ſich deſſen anmaſſete/ als er ſich uͤ-
ber die Cleriſey und gantze Kirche er-
hub.

§. 13.

Nebenſt dem war auch in derBey Epi-
ſcopali
Audien-
tia.

alten Kirchen der Gebrauch/ daß die
Chriſten nach Erinnerung des Apoſtels
Pauli nicht gerne fuͤr Heidniſchen Rich-
terſtuͤhlen zanckten/ ſondern wenn eine
Streitigkeit unter ihnen entſtund/ ſtelle-
ten ſie ſelbige zur Entſcheidung des Bi-
ſchoffes/ damit ſie nicht den Heyden Aer-
gernuͤß oder Anlaß ſie zu laͤſtern geben;
auch ihnen nicht wohl anſtund umb zeit-
liche Dinge ſich ſo herumb zu zancken/ da
ſie doch von Verachtung derſelben ſolten
Profeſſion machen. Dieſes Werck nun
wie es zu ſelbigen Zeiten ſehr loͤblich und
nuͤtzlich war; alſo weil es nicht abgeſchaf-

fet/
B b b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0783" n="753"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">vom Pab&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
und den <hi rendition="#aq">Conciliis</hi> &#x017F;elb&#x017F;t zum Haupten ge-<lb/>
wach&#x017F;en/ &#x017F;ich die <hi rendition="#aq">Autorit</hi>a&#x0364;t genommen in<lb/>
Glaubens-Sachen zu <hi rendition="#aq">definiren, Cano-<lb/>
nes</hi> oder gei&#x017F;tliche Ge&#x017F;etze der Kirchen auf-<lb/>
zudringen/ die er &#x017F;einem Staat und Nu-<lb/>
tzen gema&#x0364;ß befand/ die ho&#x0364;ch&#x017F;te <hi rendition="#aq">Jurisdicti-<lb/>
on</hi> an &#x017F;ich zu ziehen/ und &#x017F;ie hierdurch von<lb/>
der hohen Obrigkeit Gewalt zu <hi rendition="#aq">eximir</hi>en.<lb/>
Denn da man er&#x017F;t in die Meinung ge-<lb/>
rieth/ daß die&#x017F;es alles der Cleri&#x017F;ey mit<lb/>
Aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung der hohen Obrigkeit zu-<lb/>
ka&#x0364;hme/ folgete nachmahls/ daß der<lb/>
Pab&#x017F;t &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en anma&#x017F;&#x017F;ete/ als er &#x017F;ich u&#x0364;-<lb/>
ber die Cleri&#x017F;ey und gantze Kirche er-<lb/>
hub.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 13.</head>
            <p>Neben&#x017F;t dem war auch in der<note place="right">Bey <hi rendition="#aq">Epi-<lb/>
&#x017F;copali<lb/>
Audien-<lb/>
tia.</hi></note><lb/>
alten Kirchen der Gebrauch/ daß die<lb/>
Chri&#x017F;ten nach Erinnerung des Apo&#x017F;tels<lb/>
Pauli nicht gerne fu&#x0364;r Heidni&#x017F;chen Rich-<lb/>
ter&#x017F;tu&#x0364;hlen zanckten/ &#x017F;ondern wenn eine<lb/>
Streitigkeit unter ihnen ent&#x017F;tund/ &#x017F;telle-<lb/>
ten &#x017F;ie &#x017F;elbige zur Ent&#x017F;cheidung des Bi-<lb/>
&#x017F;choffes/ damit &#x017F;ie nicht den Heyden Aer-<lb/>
gernu&#x0364;ß oder Anlaß &#x017F;ie zu la&#x0364;&#x017F;tern geben;<lb/>
auch ihnen nicht wohl an&#x017F;tund umb zeit-<lb/>
liche Dinge &#x017F;ich &#x017F;o herumb zu zancken/ da<lb/>
&#x017F;ie doch von Verachtung der&#x017F;elben &#x017F;olten<lb/><hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;ion</hi> machen. Die&#x017F;es Werck nun<lb/>
wie es zu &#x017F;elbigen Zeiten &#x017F;ehr lo&#x0364;blich und<lb/>
nu&#x0364;tzlich war; al&#x017F;o weil es nicht abge&#x017F;chaf-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b b</fw><fw place="bottom" type="catch">fet/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[753/0783] vom Pabſt. und den Conciliis ſelbſt zum Haupten ge- wachſen/ ſich die Autoritaͤt genommen in Glaubens-Sachen zu definiren, Cano- nes oder geiſtliche Geſetze der Kirchen auf- zudringen/ die er ſeinem Staat und Nu- tzen gemaͤß befand/ die hoͤchſte Jurisdicti- on an ſich zu ziehen/ und ſie hierdurch von der hohen Obrigkeit Gewalt zu eximiren. Denn da man erſt in die Meinung ge- rieth/ daß dieſes alles der Cleriſey mit Ausſchlieſſung der hohen Obrigkeit zu- kaͤhme/ folgete nachmahls/ daß der Pabſt ſich deſſen anmaſſete/ als er ſich uͤ- ber die Cleriſey und gantze Kirche er- hub. §. 13. Nebenſt dem war auch in der alten Kirchen der Gebrauch/ daß die Chriſten nach Erinnerung des Apoſtels Pauli nicht gerne fuͤr Heidniſchen Rich- terſtuͤhlen zanckten/ ſondern wenn eine Streitigkeit unter ihnen entſtund/ ſtelle- ten ſie ſelbige zur Entſcheidung des Bi- ſchoffes/ damit ſie nicht den Heyden Aer- gernuͤß oder Anlaß ſie zu laͤſtern geben; auch ihnen nicht wohl anſtund umb zeit- liche Dinge ſich ſo herumb zu zancken/ da ſie doch von Verachtung derſelben ſolten Profeſſion machen. Dieſes Werck nun wie es zu ſelbigen Zeiten ſehr loͤblich und nuͤtzlich war; alſo weil es nicht abgeſchaf- fet/ Bey Epi- ſcopali Audien- tia. B b b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/783
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/783>, abgerufen am 20.11.2024.