Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel ten nichts als Schandpossen trieben/ wieetwa vor diesem die Bacchus-Brüder ge- than/ oder conjurationes wider den Staat vorhätten. Es waren auch viel/ die an allen Neuerungen einen Abscheu hatten/ und meyneten/ hätte das Römische Reich bey der alten Reli- gion so viel hundert Jahr sich so wohl be- funden/ könte man sich noch ferners da- mit behelffen. Sonderlich muste man dem Pöbel nicht weise machen/ daß er einige Veränderungen dürffe beginnen/ und klüger seyn wolle/ als seine Obrigkeit. So kam ihnen auch verdächtig vor/ daß die Christen unter sich einige Verfassung wegen ihrer Religions-Ubung gemacht; welches man aufnahm als eine Faction, und als wolten sie einen neuen Staat in dem alten aufrichten/ und das Reich ver- theilen/ und endlich gar an sich reissen. Endlich weil die Heydnische Tempel je weniger besucht worden/ je mehr sich die Christen mehreten/ und aber das Rö- mische Reich immer schwächer ward/ und gefährliche Anstösse litte; geriethen viele auf die Gedancken/ es käme davon/ weil man die Götter verachtete/ durch dero Gunst das Römische Reich so hoch ge- stiegen wäre. Und fielen demnach auf die Christen als bösse Atheistische Leute/ die al- le
Das XII. Capitel ten nichts als Schandpoſſen trieben/ wieetwa vor dieſem die Bacchus-Bruͤder ge- than/ oder conjurationes wider den Staat vorhaͤtten. Es waren auch viel/ die an allen Neuerungen einen Abſcheu hatten/ und meyneten/ haͤtte das Roͤmiſche Reich bey der alten Reli- gion ſo viel hundert Jahr ſich ſo wohl be- funden/ koͤnte man ſich noch ferners da- mit behelffen. Sondeꝛlich muſte man dem Poͤbel nicht weiſe machen/ daß er einige Veraͤnderungen duͤrffe beginnen/ und kluͤger ſeyn wolle/ als ſeine Obrigkeit. So kam ihnen auch verdaͤchtig vor/ daß die Chriſten unter ſich einige Verfaſſung wegen ihrer Religions-Ubung gemacht; welches man aufnahm als eine Faction, und als wolten ſie einen neuen Staat in dem alten aufrichten/ und das Reich ver- theilen/ und endlich gar an ſich reiſſen. Endlich weil die Heydniſche Tempel je weniger beſucht worden/ je mehr ſich die Chriſten mehreten/ und aber das Roͤ- miſche Reich immer ſchwaͤcher ward/ und gefaͤhrliche Anſtoͤſſe litte; geriethen viele auf die Gedancken/ es kaͤme davon/ weil man die Goͤtter verachtete/ durch dero Gunſt das Roͤmiſche Reich ſo hoch ge- ſtiegen waͤre. Und fielen demnach auf die Chriſtẽ als boͤſſe Atheiſtiſche Leute/ die al- le
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Das XII. Capitel
ten nichts als Schandpoſſen trieben/ wie
etwa vor dieſem die Bacchus-Bruͤder ge-
than/ oder conjurationes wider den
Staat vorhaͤtten. Es waren auch
viel/ die an allen Neuerungen einen
Abſcheu hatten/ und meyneten/ haͤtte
das Roͤmiſche Reich bey der alten Reli-
gion ſo viel hundert Jahr ſich ſo wohl be-
funden/ koͤnte man ſich noch ferners da-
mit behelffen. Sondeꝛlich muſte man dem
Poͤbel nicht weiſe machen/ daß er einige
Veraͤnderungen duͤrffe beginnen/ und
kluͤger ſeyn wolle/ als ſeine Obrigkeit. So
kam ihnen auch verdaͤchtig vor/ daß die
Chriſten unter ſich einige Verfaſſung
wegen ihrer Religions-Ubung gemacht;
welches man aufnahm als eine Faction,
und als wolten ſie einen neuen Staat in
dem alten aufrichten/ und das Reich ver-
theilen/ und endlich gar an ſich reiſſen.
Endlich weil die Heydniſche Tempel je
weniger beſucht worden/ je mehr ſich die
Chriſten mehreten/ und aber das Roͤ-
miſche Reich immer ſchwaͤcher ward/ und
gefaͤhrliche Anſtoͤſſe litte; geriethen viele
auf die Gedancken/ es kaͤme davon/ weil
man die Goͤtter verachtete/ durch dero
Gunſt das Roͤmiſche Reich ſo hoch ge-
ſtiegen waͤre. Und fielen demnach auf die
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