Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das XII. Capitel halten solten/ der aus einer verhassetenNation entsprossen/ sein Leben hier auf Er- den nicht in grossem Ansehen und Heroi- schen Thaten zugebracht/ auch nicht durch vieler Jahre Lehren und Predigen sich einen grossen weltkündigen Nahmen gemacht/ sondern durch einen so schmäh- lichen Todt in seinen fast jungen Jahren hingerichtet worden. Weswegen auch die Jesuiten bey den klugen Chinesern die Ankündigung des Evangelii nicht von Christi Leyden anfangen; sondern raiso- niren erst eine Weile mit ihnen aus der natürlichen Religion/ und kommen erst nach langem Umbschweiff auf die Arti- ckel des Christlichen Glaubens. Welche aber ob sie mit dieser Methode weiter kommen werden/ als die Apostel mit der ihrigen/ laß ich an seinem Ort gestellet seyn. Man könte auch sagen/ daß Gott gefallen den gemeinen Mann ehe als die Vornehmen aus der Heydnischen Fin- sternüß zu erlösen/ weil jene durch diese verführet/ und im Aberglauben unter- halten worden: Diese aber den Betrug und Nichtigkeit des Heydenthumbs wol sahen/ und sich doch nicht bemüheten eine bessere Religion aufzusuchen. Jndem nun Gott den Pöbel zu erst von dem Hey- denthum abzog/ untergrub er gleichsam den
Das XII. Capitel halten ſolten/ der aus einer verhaſſetenNation entſproſſen/ ſein Lebẽ hier auf Er- den nicht in groſſem Anſehen und Heroi- ſchen Thaten zugebracht/ auch nicht durch vieler Jahre Lehren und Predigen ſich einen groſſen weltkuͤndigen Nahmen gemacht/ ſondern durch einen ſo ſchmaͤh- lichen Todt in ſeinen faſt jungen Jahren hingerichtet worden. Weswegen auch die Jeſuiten bey den klugen Chineſern die Ankuͤndigung des Evangelii nicht von Chriſti Leyden anfangen; ſondern raiſo- niren erſt eine Weile mit ihnen aus der natuͤrlichen Religion/ und kommen erſt nach langem Umbſchweiff auf die Arti- ckel des Chriſtlichen Glaubens. Welche aber ob ſie mit dieſer Methode weiter kommen werden/ als die Apoſtel mit der ihrigen/ laß ich an ſeinem Ort geſtellet ſeyn. Man koͤnte auch ſagen/ daß Gott gefallen den gemeinen Mann ehe als die Vornehmen aus der Heydniſchen Fin- ſternuͤß zu erloͤſen/ weil jene durch dieſe verfuͤhret/ und im Aberglauben unter- halten worden: Dieſe aber den Betrug und Nichtigkeit des Heydenthumbs wol ſahen/ und ſich doch nicht bemuͤheten eine beſſere Religion aufzuſuchen. Jndem nun Gott den Poͤbel zu erſt von dem Hey- denthum abzog/ untergrub er gleichſam den
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Das XII. Capitel
halten ſolten/ der aus einer verhaſſeten
Nation entſproſſen/ ſein Lebẽ hier auf Er-
den nicht in groſſem Anſehen und Heroi-
ſchen Thaten zugebracht/ auch nicht
durch vieler Jahre Lehren und Predigen
ſich einen groſſen weltkuͤndigen Nahmen
gemacht/ ſondern durch einen ſo ſchmaͤh-
lichen Todt in ſeinen faſt jungen Jahren
hingerichtet worden. Weswegen auch
die Jeſuiten bey den klugen Chineſern die
Ankuͤndigung des Evangelii nicht von
Chriſti Leyden anfangen; ſondern raiſo-
niren erſt eine Weile mit ihnen aus der
natuͤrlichen Religion/ und kommen erſt
nach langem Umbſchweiff auf die Arti-
ckel des Chriſtlichen Glaubens. Welche
aber ob ſie mit dieſer Methode weiter
kommen werden/ als die Apoſtel mit der
ihrigen/ laß ich an ſeinem Ort geſtellet
ſeyn. Man koͤnte auch ſagen/ daß Gott
gefallen den gemeinen Mann ehe als die
Vornehmen aus der Heydniſchen Fin-
ſternuͤß zu erloͤſen/ weil jene durch dieſe
verfuͤhret/ und im Aberglauben unter-
halten worden: Dieſe aber den Betrug
und Nichtigkeit des Heydenthumbs wol
ſahen/ und ſich doch nicht bemuͤheten eine
beſſere Religion aufzuſuchen. Jndem
nun Gott den Poͤbel zu erſt von dem Hey-
denthum abzog/ untergrub er gleichſam
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