Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das VIII. Capitel einen considerablen erblichen Staat hat/an dem ihm mehr gelegen/ als an dem Wahlreich. Denn er wird sich entweder des Wahlreichs gar schläfferig anneh- men/ oder wird des Wahlreichs interesse drehen nach dem interesse seines erbli- chen Staats/ und jenes Kräfste zu dessen Verstärckung anwenden; oder er wird suchen das Wahlreich unter das Joch zu bringen/ und es zum Anhang von dem erblichen zu machen. Alle diese drey Din- ge hat Teutschland unter dieses Keysers Regierung empfunden. Denn in Teutsch- land war er die wenigste Zeit/ und nur im durchziehen. Das wahre interesse von Teutschland ließ er sich niemahls eine Re- gel seines Vorhabens seyn/ sondern alles gieng auf die besondere Hoheit und Macht seines Hauses hinaus. Er versuchte auch endlich unterm Vorwand der Religion die Freyheit der Stände gantz übern Hauffen zu werffen. Hingegen hätte da- mahls Teutschland einen Keyser gehabt/ der ausserhalb nichts oder wenig besessen/ so hätte das wahre interesse des Reichs ihn angewiesen/ dz er sich an keine von den beyden mächtigen und muthigen Natio- nen der Frantzosen und Spanier ge- henckt/ sondern zwischen beyden als ein arbiter gesessen/ und sie sich nur tapfer lassen
Das VIII. Capitel einen conſiderablen erblichen Staat hat/an dem ihm mehr gelegen/ als an dem Wahlreich. Denn er wird ſich entweder des Wahlreichs gar ſchlaͤfferig anneh- men/ oder wird des Wahlreichs intereſſe drehen nach dem intereſſe ſeines erbli- chen Staats/ und jenes Kraͤfſte zu deſſen Verſtaͤrckung anwenden; oder er wird ſuchen das Wahlreich unter das Joch zu bringen/ und es zum Anhang von dem erblichen zu machen. Alle dieſe drey Din- ge hat Teutſchland unter dieſes Keyſers Regierung empfunden. Deñ in Teutſch- land war er die wenigſte Zeit/ und nur im durchziehen. Das wahre intereſſe von Teutſchland ließ er ſich niemahls eine Re- gel ſeines Vorhabens ſeyn/ ſondern alles gieng auf die beſondere Hoheit uñ Macht ſeines Hauſes hinaus. Er verſuchte auch endlich unterm Vorwand der Religion die Freyheit der Staͤnde gantz uͤbern Hauffen zu werffen. Hingegen haͤtte da- mahls Teutſchland einen Keyſer gehabt/ der auſſerhalb nichts oder wenig beſeſſen/ ſo haͤtte das wahre intereſſe des Reichs ihn angewieſen/ dz er ſich an keine von den beyden maͤchtigen und muthigen Natio- nen der Frantzoſen und Spanier ge- henckt/ ſondern zwiſchen beyden als ein arbiter geſeſſen/ und ſie ſich nur tapfer laſſen
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Das VIII. Capitel
einen conſiderablen erblichen Staat hat/
an dem ihm mehr gelegen/ als an dem
Wahlreich. Denn er wird ſich entweder
des Wahlreichs gar ſchlaͤfferig anneh-
men/ oder wird des Wahlreichs intereſſe
drehen nach dem intereſſe ſeines erbli-
chen Staats/ und jenes Kraͤfſte zu deſſen
Verſtaͤrckung anwenden; oder er wird
ſuchen das Wahlreich unter das Joch
zu bringen/ und es zum Anhang von dem
erblichen zu machen. Alle dieſe drey Din-
ge hat Teutſchland unter dieſes Keyſers
Regierung empfunden. Deñ in Teutſch-
land war er die wenigſte Zeit/ und nur im
durchziehen. Das wahre intereſſe von
Teutſchland ließ er ſich niemahls eine Re-
gel ſeines Vorhabens ſeyn/ ſondern alles
gieng auf die beſondere Hoheit uñ Macht
ſeines Hauſes hinaus. Er verſuchte auch
endlich unterm Vorwand der Religion
die Freyheit der Staͤnde gantz uͤbern
Hauffen zu werffen. Hingegen haͤtte da-
mahls Teutſchland einen Keyſer gehabt/
der auſſerhalb nichts oder wenig beſeſſen/
ſo haͤtte das wahre intereſſe des Reichs
ihn angewieſen/ dz er ſich an keine von den
beyden maͤchtigen und muthigen Natio-
nen der Frantzoſen und Spanier ge-
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