Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel war er ihnen/ ehe sie sichs recht versahen/zum Haupten gewachsen. Es hatte auch Philippus große Geschickligkeit ein solch Werck auszuführen. Seinen leb- haften Geist trieb eine unersättliche Be- gierde durch große Thaten sich berühmt zu machen. Was ihme an fester Tu- gend fehlete/ kunte er mit angenomme- nen Schein auffüllen. Er sahe gerne/ wenn er sein Vorhaben mit einem schein- baren Vorwand beschönen kunte; wol- te es nicht seyn/ so war es ihm gnug seinen Zweck zuerlangen/ und machte sich eben nicht ein so groß Gewißen/ seine Verheis- sungen und Flüche als ein Werckzeug an- dere zubetriegen/ zugebrauchen. Wu- ste darneben seine Gemüthsneigungen und Anschläge meisterlich zu bergen/ an- dere zusammen zu hetzen/ gegen beyde Parteyen sich Freund stellen/ und ihnen mit vergeblicher Hofnung das Maul aufzusperren. Konte sich bey männiglich wohl einstellen/ hatte gut Leder zum Maule. Das Geld brauchte er zu nichts anders/ als sein Vorhaben weiter fort- zusetzen. Verstund auch den Krieg sehr wohl/ und hatte auß seinen Macedoniern ein außer lesen Heer auffgerichtet/ und ward die von ihm erfundene phalanx auch von den Römern für ein erschreck- lich
Das I. Capitel war er ihnen/ ehe ſie ſichs recht verſahen/zum Haupten gewachſen. Es hatte auch Philippus große Geſchickligkeit ein ſolch Werck auszufuͤhren. Seinen leb- haften Geiſt trieb eine unerſaͤttliche Be- gierde durch große Thaten ſich beruͤhmt zu machen. Was ihme an feſter Tu- gend fehlete/ kunte er mit angenomme- nen Schein auffuͤllen. Er ſahe gerne/ wenn er ſein Vorhaben mit einem ſchein- baren Vorwand beſchoͤnen kunte; wol- te es nicht ſeyn/ ſo war es ihm gnug ſeinen Zweck zuerlangen/ und machte ſich eben nicht ein ſo groß Gewißen/ ſeine Verheiſ- ſungen und Fluͤche als ein Werckzeug an- dere zubetriegen/ zugebrauchen. Wu- ſte darneben ſeine Gemuͤthsneigungen und Anſchlaͤge meiſterlich zu bergen/ an- dere zuſammen zu hetzen/ gegen beyde Parteyen ſich Freund ſtellen/ und ihnen mit vergeblicher Hofnung das Maul aufzuſperren. Konte ſich bey maͤnniglich wohl einſtellen/ hatte gut Leder zum Maule. Das Geld brauchte er zu nichts anders/ als ſein Vorhaben weiter fort- zuſetzen. Verſtund auch den Krieg ſehr wohl/ und hatte auß ſeinen Macedoniern ein außer leſen Heer auffgerichtet/ und ward die von ihm erfundene phalanx auch von den Roͤmern fuͤr ein erſchreck- lich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0046" n="16"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Capitel</hi></fw><lb/> war er ihnen/ ehe ſie ſichs recht verſahen/<lb/> zum Haupten gewachſen. Es hatte<lb/> auch Philippus große Geſchickligkeit ein<lb/> ſolch Werck auszufuͤhren. Seinen leb-<lb/> haften Geiſt trieb eine unerſaͤttliche Be-<lb/> gierde durch große Thaten ſich beruͤhmt<lb/> zu machen. Was ihme an feſter Tu-<lb/> gend fehlete/ kunte er mit angenomme-<lb/> nen Schein auffuͤllen. Er ſahe gerne/<lb/> wenn er ſein Vorhaben mit einem ſchein-<lb/> baren Vorwand beſchoͤnen kunte; wol-<lb/> te es nicht ſeyn/ ſo war es ihm gnug ſeinen<lb/> Zweck zuerlangen/ und machte ſich eben<lb/> nicht ein ſo groß Gewißen/ ſeine Verheiſ-<lb/> ſungen und Fluͤche als ein Werckzeug an-<lb/> dere zubetriegen/ zugebrauchen. Wu-<lb/> ſte darneben ſeine Gemuͤthsneigungen<lb/> und Anſchlaͤge meiſterlich zu bergen/ an-<lb/> dere zuſammen zu hetzen/ gegen beyde<lb/> Parteyen ſich Freund ſtellen/ und ihnen<lb/> mit vergeblicher Hofnung das Maul<lb/> aufzuſperren. Konte ſich bey maͤnniglich<lb/> wohl einſtellen/ hatte gut Leder zum<lb/> Maule. Das Geld brauchte er zu nichts<lb/> anders/ als ſein Vorhaben weiter fort-<lb/> zuſetzen. Verſtund auch den Krieg ſehr<lb/> wohl/ und hatte auß ſeinen Macedoniern<lb/> ein außer leſen Heer auffgerichtet/ und<lb/> ward die von ihm erfundene <hi rendition="#aq">phalanx</hi><lb/> auch von den Roͤmern fuͤr ein erſchreck-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lich</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0046]
Das I. Capitel
war er ihnen/ ehe ſie ſichs recht verſahen/
zum Haupten gewachſen. Es hatte
auch Philippus große Geſchickligkeit ein
ſolch Werck auszufuͤhren. Seinen leb-
haften Geiſt trieb eine unerſaͤttliche Be-
gierde durch große Thaten ſich beruͤhmt
zu machen. Was ihme an feſter Tu-
gend fehlete/ kunte er mit angenomme-
nen Schein auffuͤllen. Er ſahe gerne/
wenn er ſein Vorhaben mit einem ſchein-
baren Vorwand beſchoͤnen kunte; wol-
te es nicht ſeyn/ ſo war es ihm gnug ſeinen
Zweck zuerlangen/ und machte ſich eben
nicht ein ſo groß Gewißen/ ſeine Verheiſ-
ſungen und Fluͤche als ein Werckzeug an-
dere zubetriegen/ zugebrauchen. Wu-
ſte darneben ſeine Gemuͤthsneigungen
und Anſchlaͤge meiſterlich zu bergen/ an-
dere zuſammen zu hetzen/ gegen beyde
Parteyen ſich Freund ſtellen/ und ihnen
mit vergeblicher Hofnung das Maul
aufzuſperren. Konte ſich bey maͤnniglich
wohl einſtellen/ hatte gut Leder zum
Maule. Das Geld brauchte er zu nichts
anders/ als ſein Vorhaben weiter fort-
zuſetzen. Verſtund auch den Krieg ſehr
wohl/ und hatte auß ſeinen Macedoniern
ein außer leſen Heer auffgerichtet/ und
ward die von ihm erfundene phalanx
auch von den Roͤmern fuͤr ein erſchreck-
lich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |