Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das IV. Capitel jedes Geschlecht einen aus ihnen zumHaupt aufzuwerffen/ den sie fast mehr Ehre als dem Könige selbst anthaten/ und wenn einem etwas Leydes wieder- fahren war/ so klagte er solches bey dem Haupt seines Geschlechts. Welcher wenn er es zu rächen beschloß/ so griff un- ter dessen Anführen die gantze Familie des Beleidigten des Beleidigers Geschlecht mit Mord und Brand an. Welchen schlimmen Gebrauch König Jacobus VI. abzuschaffen sich sehr bemühete. Uber diß sind sie zu Aufruhr sehr geneiget/ auch sehr eigensinnig/ und in dem was sie ein- mahl gefasset/ zubehaupten halsstarrig/ weil sie auch sehr fruchtbar/ und ihr Land sie nicht alle bequem ernehren kan/ lauffen sie ihr Brod zugewinnen weit und breit herumb/ und suchen überall sich einzunisteln. Worzu auch nicht wenig hilfft das unter dem Adel gebräuchliche Recht der ersten Geburt/ dardurch der erstgeborne Bruder alle Väterliche un- bewegliche Güter hinweg nimmt/ und den übrigen Brüdern nur ihren Part an beweglichen Mitteln lässet. Dahero diese genöthiget sind auf allerley Manier sich fortzubringen/ und sonderlich durch den Krieg und das Studiren. Wie denn die meisten Priester in Schottland solche Ca- dette
Das IV. Capitel jedes Geſchlecht einen aus ihnen zumHaupt aufzuwerffen/ den ſie faſt mehr Ehre als dem Koͤnige ſelbſt anthaten/ und wenn einem etwas Leydes wieder- fahren war/ ſo klagte er ſolches bey dem Haupt ſeines Geſchlechts. Welcher wenn er es zu raͤchen beſchloß/ ſo griff un- ter deſſen Anfuͤhren die gantze Familie des Beleidigten des Beleidigers Geſchlecht mit Mord und Brand an. Welchen ſchlimmen Gebrauch Koͤnig Jacobus VI. abzuſchaffen ſich ſehr bemuͤhete. Uber diß ſind ſie zu Aufruhr ſehr geneiget/ auch ſehr eigenſinnig/ und in dem was ſie ein- mahl gefaſſet/ zubehaupten halsſtarrig/ weil ſie auch ſehr fruchtbar/ und ihr Land ſie nicht alle bequem ernehren kan/ lauffen ſie ihr Brod zugewinnen weit und breit herumb/ und ſuchen uͤberall ſich einzuniſteln. Worzu auch nicht wenig hilfft das unter dem Adel gebraͤuchliche Recht der erſten Geburt/ dardurch der erſtgeborne Bruder alle Vaͤterliche un- bewegliche Guͤter hinweg nimmt/ und den uͤbrigen Bruͤdern nur ihren Part an beweglichen Mitteln laͤſſet. Dahero dieſe genoͤthiget ſind auf allerley Manier ſich fortzubringen/ und ſonderlich durch den Krieg und das Studiren. Wie denn die meiſten Prieſter in Schottland ſolche Ca- dette
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0338" n="308"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">IV.</hi> Capitel</hi></fw><lb/> jedes Geſchlecht einen aus ihnen zum<lb/> Haupt aufzuwerffen/ den ſie faſt mehr<lb/> Ehre als dem Koͤnige ſelbſt anthaten/<lb/> und wenn einem etwas Leydes wieder-<lb/> fahren war/ ſo klagte er ſolches bey dem<lb/> Haupt ſeines Geſchlechts. Welcher<lb/> wenn er es zu raͤchen beſchloß/ ſo griff un-<lb/> ter deſſen Anfuͤhren die gantze <hi rendition="#aq">Familie</hi> des<lb/> Beleidigten des Beleidigers Geſchlecht<lb/> mit Mord und Brand an. Welchen<lb/> ſchlimmen Gebrauch Koͤnig <hi rendition="#aq">Jacobus VI.</hi><lb/> abzuſchaffen ſich ſehr bemuͤhete. Uber<lb/> diß ſind ſie zu Aufruhr ſehr geneiget/ auch<lb/> ſehr eigenſinnig/ und in dem was ſie ein-<lb/> mahl gefaſſet/ zubehaupten halsſtarrig/<lb/> weil ſie auch ſehr fruchtbar/ und ihr<lb/> Land ſie nicht alle bequem ernehren kan/<lb/> lauffen ſie ihr Brod zugewinnen weit<lb/> und breit herumb/ und ſuchen uͤberall ſich<lb/> einzuniſteln. Worzu auch nicht wenig<lb/> hilfft das unter dem Adel gebraͤuchliche<lb/> Recht der erſten Geburt/ dardurch der<lb/> erſtgeborne Bruder alle Vaͤterliche un-<lb/> bewegliche Guͤter hinweg nimmt/ und<lb/> den uͤbrigen Bruͤdern nur ihren <hi rendition="#aq">Part</hi> an<lb/> beweglichen Mitteln laͤſſet. Dahero dieſe<lb/> genoͤthiget ſind auf allerley Manier ſich<lb/> fortzubringen/ und ſonderlich durch den<lb/> Krieg und das Studiren. Wie denn die<lb/> meiſten Prieſter in Schottland ſolche <hi rendition="#aq">Ca-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">dette</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308/0338]
Das IV. Capitel
jedes Geſchlecht einen aus ihnen zum
Haupt aufzuwerffen/ den ſie faſt mehr
Ehre als dem Koͤnige ſelbſt anthaten/
und wenn einem etwas Leydes wieder-
fahren war/ ſo klagte er ſolches bey dem
Haupt ſeines Geſchlechts. Welcher
wenn er es zu raͤchen beſchloß/ ſo griff un-
ter deſſen Anfuͤhren die gantze Familie des
Beleidigten des Beleidigers Geſchlecht
mit Mord und Brand an. Welchen
ſchlimmen Gebrauch Koͤnig Jacobus VI.
abzuſchaffen ſich ſehr bemuͤhete. Uber
diß ſind ſie zu Aufruhr ſehr geneiget/ auch
ſehr eigenſinnig/ und in dem was ſie ein-
mahl gefaſſet/ zubehaupten halsſtarrig/
weil ſie auch ſehr fruchtbar/ und ihr
Land ſie nicht alle bequem ernehren kan/
lauffen ſie ihr Brod zugewinnen weit
und breit herumb/ und ſuchen uͤberall ſich
einzuniſteln. Worzu auch nicht wenig
hilfft das unter dem Adel gebraͤuchliche
Recht der erſten Geburt/ dardurch der
erſtgeborne Bruder alle Vaͤterliche un-
bewegliche Guͤter hinweg nimmt/ und
den uͤbrigen Bruͤdern nur ihren Part an
beweglichen Mitteln laͤſſet. Dahero dieſe
genoͤthiget ſind auf allerley Manier ſich
fortzubringen/ und ſonderlich durch den
Krieg und das Studiren. Wie denn die
meiſten Prieſter in Schottland ſolche Ca-
dette
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |