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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.

VI.

Manche neue Stellen dieser Wahlcapitulation
hatten aber auch den völligen Beyfall der Für-
sten, und waren zum Theil selbst mit auf ihre
Veranlaßung darein gekommen. Von dieser Art
war insonderheit eine Stelle von Mißheirathen,
die noch vorzüglich verdient hier etwas näher ins
Licht gesetzt zu werden.


VII.

Es war nehmlich schon vom mittlern Zeitalter
her ein unwidersprechliches Herkommen, daß, wenn
ein Fürst eine Person von geringerem Stande, d. i.
die nicht vom Herrenstande war, zur Ehe nahm,
weder diese Person für eine Fürstinn geachtet, noch
den in einer solchen Ehe erzeugten Kindern die
fürstliche Würde und Successionsfähigkeit in den
väterlichen Landen zugestanden wurde. Wenn ein
Fürst aus einer standesmäßigen Ehe bereits Söh-
ne hatte, und dann Wittwer wurde, oder auch
aus anderen Gründen sich bewogen fand, sich
nicht standesmäßig zu vermählen; so geschah es
oft absichtlich, daß unter solchen Umständen ein
Fürst sich eine Person geringern Standes zur lin-
ken Hand antrauen ließ, um der Familie mit
Witthum und Versorgung mehrerer nachgebohr-
nen Kinder nicht übermäßige Last zuzuziehen.
Dann wurde gemeiniglich gleich beym Anfange der
Ehe vertragsmäßig festgesetzt, wie eine solche
Ehegattinn (etwa nach dem Vornamen des Für-
sten z. B. Madame Rudolphine, Madame Erne-
stine, oder auch nach einem für sie gekauften Gute
Frau von N. N. etc.) genannt, und was sowohl
ihr, als ihren Kindern zur Versorgung angewie-
sen, wie auch was den Kindern für ein Name
beygelegt werden sollte.


So
XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.

VI.

Manche neue Stellen dieſer Wahlcapitulation
hatten aber auch den voͤlligen Beyfall der Fuͤr-
ſten, und waren zum Theil ſelbſt mit auf ihre
Veranlaßung darein gekommen. Von dieſer Art
war inſonderheit eine Stelle von Mißheirathen,
die noch vorzuͤglich verdient hier etwas naͤher ins
Licht geſetzt zu werden.


VII.

Es war nehmlich ſchon vom mittlern Zeitalter
her ein unwiderſprechliches Herkommen, daß, wenn
ein Fuͤrſt eine Perſon von geringerem Stande, d. i.
die nicht vom Herrenſtande war, zur Ehe nahm,
weder dieſe Perſon fuͤr eine Fuͤrſtinn geachtet, noch
den in einer ſolchen Ehe erzeugten Kindern die
fuͤrſtliche Wuͤrde und Succeſſionsfaͤhigkeit in den
vaͤterlichen Landen zugeſtanden wurde. Wenn ein
Fuͤrſt aus einer ſtandesmaͤßigen Ehe bereits Soͤh-
ne hatte, und dann Wittwer wurde, oder auch
aus anderen Gruͤnden ſich bewogen fand, ſich
nicht ſtandesmaͤßig zu vermaͤhlen; ſo geſchah es
oft abſichtlich, daß unter ſolchen Umſtaͤnden ein
Fuͤrſt ſich eine Perſon geringern Standes zur lin-
ken Hand antrauen ließ, um der Familie mit
Witthum und Verſorgung mehrerer nachgebohr-
nen Kinder nicht uͤbermaͤßige Laſt zuzuziehen.
Dann wurde gemeiniglich gleich beym Anfange der
Ehe vertragsmaͤßig feſtgeſetzt, wie eine ſolche
Ehegattinn (etwa nach dem Vornamen des Fuͤr-
ſten z. B. Madame Rudolphine, Madame Erne-
ſtine, oder auch nach einem fuͤr ſie gekauften Gute
Frau von N. N. ꝛc.) genannt, und was ſowohl
ihr, als ihren Kindern zur Verſorgung angewie-
ſen, wie auch was den Kindern fuͤr ein Name
beygelegt werden ſollte.


So
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[22/0056] XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748. Manche neue Stellen dieſer Wahlcapitulation hatten aber auch den voͤlligen Beyfall der Fuͤr- ſten, und waren zum Theil ſelbſt mit auf ihre Veranlaßung darein gekommen. Von dieſer Art war inſonderheit eine Stelle von Mißheirathen, die noch vorzuͤglich verdient hier etwas naͤher ins Licht geſetzt zu werden. Es war nehmlich ſchon vom mittlern Zeitalter her ein unwiderſprechliches Herkommen, daß, wenn ein Fuͤrſt eine Perſon von geringerem Stande, d. i. die nicht vom Herrenſtande war, zur Ehe nahm, weder dieſe Perſon fuͤr eine Fuͤrſtinn geachtet, noch den in einer ſolchen Ehe erzeugten Kindern die fuͤrſtliche Wuͤrde und Succeſſionsfaͤhigkeit in den vaͤterlichen Landen zugeſtanden wurde. Wenn ein Fuͤrſt aus einer ſtandesmaͤßigen Ehe bereits Soͤh- ne hatte, und dann Wittwer wurde, oder auch aus anderen Gruͤnden ſich bewogen fand, ſich nicht ſtandesmaͤßig zu vermaͤhlen; ſo geſchah es oft abſichtlich, daß unter ſolchen Umſtaͤnden ein Fuͤrſt ſich eine Perſon geringern Standes zur lin- ken Hand antrauen ließ, um der Familie mit Witthum und Verſorgung mehrerer nachgebohr- nen Kinder nicht uͤbermaͤßige Laſt zuzuziehen. Dann wurde gemeiniglich gleich beym Anfange der Ehe vertragsmaͤßig feſtgeſetzt, wie eine ſolche Ehegattinn (etwa nach dem Vornamen des Fuͤr- ſten z. B. Madame Rudolphine, Madame Erne- ſtine, oder auch nach einem fuͤr ſie gekauften Gute Frau von N. N. ꝛc.) genannt, und was ſowohl ihr, als ihren Kindern zur Verſorgung angewie- ſen, wie auch was den Kindern fuͤr ein Name beygelegt werden ſollte. So

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/56>, abgerufen am 22.11.2024.