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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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5) Manchfaltigk. d. bes. T. Staaten.

Desto trauriger ist es aber, wenn es nur anXV.
der Gesinnung der Regenten liegt, wenn sie glau-
ben, daß das Land nur ihrentwegen da sey, daß
sie als Landesherren mit ihren Ländern und Un-
terthanen eben so, wie ein Gutsherr mit seinem
Gute und dazu gehörigen Leibeignen schalten und
walten könnten; -- wenn sie nur ihre persönliche
Neigungen und Leidenschaften zu befriedigen suchen,
ohne darnach zu fragen, ob Land und Unterthanen
darunter leiden oder nicht; -- wenn sie gerne
Leute um sich haben, die ihnen darin behülflich sind,
und also nur darnach die Wahl ihrer Räthe und
Lieblinge einrichten; -- wenn sie von Pflichten,
die Regierung zur Landeswohlfahrt zu führen,
nichts wissen wollen, oder höchstens nur den Schein
davon annehmen; -- wenn sie statt dessen viel-
mehr Jagd, Soldaten, oder irgend eine andere
Lieblingsneigung zu ihrem Hauptgeschäffte ma-
chen; -- wenn sie dann in ihren Ausgaben sich
nie nach ihren Einnahmen zu richten wissen, und
in dem Verhältnisse, worin sie gegen ihre Länder
und Unterthanen stehen, nur darauf ihr ganzes
Augenmerk richten, wie sie nur mehr Geld vom
Lande bekommen möchten. Dann ist es freylich
nicht zu bewundern, wenn es Länder gibt, wo der
Unterthan mit Abgaben und Diensten bis zum Un-
erträglichen beschwert ist; -- wo von Herrn und
Dienern fast alles für Geld, ohne Geld nichts zu
haben ist; -- wo selbst Dienste und Gnadenbrie-
fe verkauft werden, und jene deswegen selten gut
besetzt sind; -- wo an Kirchen- und Schulwesen,
an Anlegung und Erhaltung guter Wege, an Be-
förderung des Nahrungsstandes der Unterthanen

kaum
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5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.

Deſto trauriger iſt es aber, wenn es nur anXV.
der Geſinnung der Regenten liegt, wenn ſie glau-
ben, daß das Land nur ihrentwegen da ſey, daß
ſie als Landesherren mit ihren Laͤndern und Un-
terthanen eben ſo, wie ein Gutsherr mit ſeinem
Gute und dazu gehoͤrigen Leibeignen ſchalten und
walten koͤnnten; — wenn ſie nur ihre perſoͤnliche
Neigungen und Leidenſchaften zu befriedigen ſuchen,
ohne darnach zu fragen, ob Land und Unterthanen
darunter leiden oder nicht; — wenn ſie gerne
Leute um ſich haben, die ihnen darin behuͤlflich ſind,
und alſo nur darnach die Wahl ihrer Raͤthe und
Lieblinge einrichten; — wenn ſie von Pflichten,
die Regierung zur Landeswohlfahrt zu fuͤhren,
nichts wiſſen wollen, oder hoͤchſtens nur den Schein
davon annehmen; — wenn ſie ſtatt deſſen viel-
mehr Jagd, Soldaten, oder irgend eine andere
Lieblingsneigung zu ihrem Hauptgeſchaͤffte ma-
chen; — wenn ſie dann in ihren Ausgaben ſich
nie nach ihren Einnahmen zu richten wiſſen, und
in dem Verhaͤltniſſe, worin ſie gegen ihre Laͤnder
und Unterthanen ſtehen, nur darauf ihr ganzes
Augenmerk richten, wie ſie nur mehr Geld vom
Lande bekommen moͤchten. Dann iſt es freylich
nicht zu bewundern, wenn es Laͤnder gibt, wo der
Unterthan mit Abgaben und Dienſten bis zum Un-
ertraͤglichen beſchwert iſt; — wo von Herrn und
Dienern faſt alles fuͤr Geld, ohne Geld nichts zu
haben iſt; — wo ſelbſt Dienſte und Gnadenbrie-
fe verkauft werden, und jene deswegen ſelten gut
beſetzt ſind; — wo an Kirchen- und Schulweſen,
an Anlegung und Erhaltung guter Wege, an Be-
foͤrderung des Nahrungsſtandes der Unterthanen

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[297/0331] 5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten. Deſto trauriger iſt es aber, wenn es nur an der Geſinnung der Regenten liegt, wenn ſie glau- ben, daß das Land nur ihrentwegen da ſey, daß ſie als Landesherren mit ihren Laͤndern und Un- terthanen eben ſo, wie ein Gutsherr mit ſeinem Gute und dazu gehoͤrigen Leibeignen ſchalten und walten koͤnnten; — wenn ſie nur ihre perſoͤnliche Neigungen und Leidenſchaften zu befriedigen ſuchen, ohne darnach zu fragen, ob Land und Unterthanen darunter leiden oder nicht; — wenn ſie gerne Leute um ſich haben, die ihnen darin behuͤlflich ſind, und alſo nur darnach die Wahl ihrer Raͤthe und Lieblinge einrichten; — wenn ſie von Pflichten, die Regierung zur Landeswohlfahrt zu fuͤhren, nichts wiſſen wollen, oder hoͤchſtens nur den Schein davon annehmen; — wenn ſie ſtatt deſſen viel- mehr Jagd, Soldaten, oder irgend eine andere Lieblingsneigung zu ihrem Hauptgeſchaͤffte ma- chen; — wenn ſie dann in ihren Ausgaben ſich nie nach ihren Einnahmen zu richten wiſſen, und in dem Verhaͤltniſſe, worin ſie gegen ihre Laͤnder und Unterthanen ſtehen, nur darauf ihr ganzes Augenmerk richten, wie ſie nur mehr Geld vom Lande bekommen moͤchten. Dann iſt es freylich nicht zu bewundern, wenn es Laͤnder gibt, wo der Unterthan mit Abgaben und Dienſten bis zum Un- ertraͤglichen beſchwert iſt; — wo von Herrn und Dienern faſt alles fuͤr Geld, ohne Geld nichts zu haben iſt; — wo ſelbſt Dienſte und Gnadenbrie- fe verkauft werden, und jene deswegen ſelten gut beſetzt ſind; — wo an Kirchen- und Schulweſen, an Anlegung und Erhaltung guter Wege, an Be- foͤrderung des Nahrungsſtandes der Unterthanen kaum XV. T 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/331>, abgerufen am 22.11.2024.