Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.5) Manchfaltigk. d. bes. T. Staaten. ren sich mehrere derselben jetzt zu erfreuen haben,und derjenigen, deren sich ehedem einzelne Reichs- stände rühmen konnten, wenigstens seit Henrichs des Löwen Zeiten (p), kein Vergleich mehr ist. Es hat aber auch auf die Verfassung der Länder selbst meist nicht geringen Einfluß gehabt. Man- che Grafschaften oder ehemalige unmittelbare Reichsherrschaften sind jetzt größeren Ländern als Aemter einverleibt, von welchen oft kaum noch das Andenken übrig ist, daß sie ehedem besondere Staaten unter eignen Landesherren gewesen sind. Hin und wieder sind auch wohl zwey oder mehrere ursprünglich verschieden gewesene Länder nach Art einer gleichen Realunion (wie England und Schottland im nunmehrigen Großbritannien,) in Eines gezogen worden, wie z. B. mit Jülich und Berg, mit den verschiedenen Ländern des Chur- hauses Sachsen und mehr anderen der Fall gewe- sen. Einige Länder haben endlich, wenn sie gleich anderen Reichsständen zu Theil geworden sind, doch ihre eigne Regierungs- und Justitz-Collegien, eigne Landschafts- und Steuerverfassung, eigne Gesetze u. s. w. behalten; nur daß sie dann doch ihre eigne Landesherrschaft nicht mehr bey sich ha- ben, sondern einem Landesherrn, der sich ander- wärts aufhält, unterworfen sind, wie davon die vielen erst in neuesten Zeiten ausgestorbenen Häu- ser, als Sachsen-Eisenach, Ostfriesland, Bran- denburg-Baireuth, Baden-Baden und andere zu Beyspielen dienen können. Oder es hat sich auch nicht selten so gefügt, daß ein Reichsstand, dem ein größeres Land zugefallen, seine bisherige Resi- denz verlaßen und mit der im größern Lande ver- wech- (p) Oben Th. 1. S. 185. u. f.
5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten. ren ſich mehrere derſelben jetzt zu erfreuen haben,und derjenigen, deren ſich ehedem einzelne Reichs- ſtaͤnde ruͤhmen konnten, wenigſtens ſeit Henrichs des Loͤwen Zeiten (p), kein Vergleich mehr iſt. Es hat aber auch auf die Verfaſſung der Laͤnder ſelbſt meiſt nicht geringen Einfluß gehabt. Man- che Grafſchaften oder ehemalige unmittelbare Reichsherrſchaften ſind jetzt groͤßeren Laͤndern als Aemter einverleibt, von welchen oft kaum noch das Andenken uͤbrig iſt, daß ſie ehedem beſondere Staaten unter eignen Landesherren geweſen ſind. Hin und wieder ſind auch wohl zwey oder mehrere urſpruͤnglich verſchieden geweſene Laͤnder nach Art einer gleichen Realunion (wie England und Schottland im nunmehrigen Großbritannien,) in Eines gezogen worden, wie z. B. mit Juͤlich und Berg, mit den verſchiedenen Laͤndern des Chur- hauſes Sachſen und mehr anderen der Fall gewe- ſen. Einige Laͤnder haben endlich, wenn ſie gleich anderen Reichsſtaͤnden zu Theil geworden ſind, doch ihre eigne Regierungs- und Juſtitz-Collegien, eigne Landſchafts- und Steuerverfaſſung, eigne Geſetze u. ſ. w. behalten; nur daß ſie dann doch ihre eigne Landesherrſchaft nicht mehr bey ſich ha- ben, ſondern einem Landesherrn, der ſich ander- waͤrts aufhaͤlt, unterworfen ſind, wie davon die vielen erſt in neueſten Zeiten ausgeſtorbenen Haͤu- ſer, als Sachſen-Eiſenach, Oſtfriesland, Bran- denburg-Baireuth, Baden-Baden und andere zu Beyſpielen dienen koͤnnen. Oder es hat ſich auch nicht ſelten ſo gefuͤgt, daß ein Reichsſtand, dem ein groͤßeres Land zugefallen, ſeine bisherige Reſi- denz verlaßen und mit der im groͤßern Lande ver- wech- (p) Oben Th. 1. S. 185. u. f.
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5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.
ren ſich mehrere derſelben jetzt zu erfreuen haben,
und derjenigen, deren ſich ehedem einzelne Reichs-
ſtaͤnde ruͤhmen konnten, wenigſtens ſeit Henrichs
des Loͤwen Zeiten (p), kein Vergleich mehr iſt.
Es hat aber auch auf die Verfaſſung der Laͤnder
ſelbſt meiſt nicht geringen Einfluß gehabt. Man-
che Grafſchaften oder ehemalige unmittelbare
Reichsherrſchaften ſind jetzt groͤßeren Laͤndern als
Aemter einverleibt, von welchen oft kaum noch
das Andenken uͤbrig iſt, daß ſie ehedem beſondere
Staaten unter eignen Landesherren geweſen ſind.
Hin und wieder ſind auch wohl zwey oder mehrere
urſpruͤnglich verſchieden geweſene Laͤnder nach Art
einer gleichen Realunion (wie England und
Schottland im nunmehrigen Großbritannien,) in
Eines gezogen worden, wie z. B. mit Juͤlich und
Berg, mit den verſchiedenen Laͤndern des Chur-
hauſes Sachſen und mehr anderen der Fall gewe-
ſen. Einige Laͤnder haben endlich, wenn ſie gleich
anderen Reichsſtaͤnden zu Theil geworden ſind,
doch ihre eigne Regierungs- und Juſtitz-Collegien,
eigne Landſchafts- und Steuerverfaſſung, eigne
Geſetze u. ſ. w. behalten; nur daß ſie dann doch
ihre eigne Landesherrſchaft nicht mehr bey ſich ha-
ben, ſondern einem Landesherrn, der ſich ander-
waͤrts aufhaͤlt, unterworfen ſind, wie davon die
vielen erſt in neueſten Zeiten ausgeſtorbenen Haͤu-
ſer, als Sachſen-Eiſenach, Oſtfriesland, Bran-
denburg-Baireuth, Baden-Baden und andere zu
Beyſpielen dienen koͤnnen. Oder es hat ſich auch
nicht ſelten ſo gefuͤgt, daß ein Reichsſtand, dem
ein groͤßeres Land zugefallen, ſeine bisherige Reſi-
denz verlaßen und mit der im groͤßern Lande ver-
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(p) Oben Th. 1. S. 185. u. f.
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Zitationshilfe: | Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/317>, abgerufen am 15.08.2024. |