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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIV. Heutige Verfassung.
sung gemäße Gränzlinie zu ziehen. Man sieht
nehmlich, daß allerdings noch immer gewisse für
ganz Teutschland dem Kaiser vorbehaltene oder so
genannte Reservatrechte statt finden. Aber sie
beruhen allemal auf besonderen Gründen, die ge-
meiniglich darin bestehen, daß es Gegenstände be-
trifft, die sich nicht auf eines Reichsstandes Land
oder Gebiet einschränken, und doch schon von äl-
teren Zeiten her, ehe noch die Landeshoheit ihre
Vollkommenheit erreicht hatte, im Gange gewe-
sen waren. Alles dasjenige, dessen rechtliche
Wirkung sich nur innerhalb der Gränzen eines
Landes äußert, ist in eines jeden Reichsstandes
Landeshoheit begriffen. Alles, was seit der Zeit,
als die Landeshoheit zu ihrer Vollkommenheit ge-
diehen ist, erst neu in Gang gekommen ist, oder
künftig noch erdacht werden mag, gehört ohnedem
für die Landeshoheit. Und alle Rechte der Lan-
deshoheit sind ausschließlich zu verstehen, daß sie
nur ein jeder Reichsstand in seinem Lande auszu-
üben hat, ohne daß der Kaiser darin vorgreifen
darf (h).


XVII.

Ein jeder Teutscher Reichsstand hat demnach
eben so, wie eine jede unabhängige Macht, zu
besorgen, zu bestimmen, und zu verfügen, was
die Wohlfahrt eines jeden gemeinen Wesens er-
fordert. Ja in eben dem Verhältnisse, wie die

ver-
(h) In der Wahlcap. Art. 1. §. 8. verspricht
der Kaiser "nicht zu gestatten, daß den Ständen
in ihren Territorien in Religions-, politischen,
Justitz- Cameral- und Criminal-Sachen unter
irgend einem Prätexte -- vor- oder eingegriffen
werde."

XIV. Heutige Verfaſſung.
ſung gemaͤße Graͤnzlinie zu ziehen. Man ſieht
nehmlich, daß allerdings noch immer gewiſſe fuͤr
ganz Teutſchland dem Kaiſer vorbehaltene oder ſo
genannte Reſervatrechte ſtatt finden. Aber ſie
beruhen allemal auf beſonderen Gruͤnden, die ge-
meiniglich darin beſtehen, daß es Gegenſtaͤnde be-
trifft, die ſich nicht auf eines Reichsſtandes Land
oder Gebiet einſchraͤnken, und doch ſchon von aͤl-
teren Zeiten her, ehe noch die Landeshoheit ihre
Vollkommenheit erreicht hatte, im Gange gewe-
ſen waren. Alles dasjenige, deſſen rechtliche
Wirkung ſich nur innerhalb der Graͤnzen eines
Landes aͤußert, iſt in eines jeden Reichsſtandes
Landeshoheit begriffen. Alles, was ſeit der Zeit,
als die Landeshoheit zu ihrer Vollkommenheit ge-
diehen iſt, erſt neu in Gang gekommen iſt, oder
kuͤnftig noch erdacht werden mag, gehoͤrt ohnedem
fuͤr die Landeshoheit. Und alle Rechte der Lan-
deshoheit ſind ausſchließlich zu verſtehen, daß ſie
nur ein jeder Reichsſtand in ſeinem Lande auszu-
uͤben hat, ohne daß der Kaiſer darin vorgreifen
darf (h).


XVII.

Ein jeder Teutſcher Reichsſtand hat demnach
eben ſo, wie eine jede unabhaͤngige Macht, zu
beſorgen, zu beſtimmen, und zu verfuͤgen, was
die Wohlfahrt eines jeden gemeinen Weſens er-
fordert. Ja in eben dem Verhaͤltniſſe, wie die

ver-
(h) In der Wahlcap. Art. 1. §. 8. verſpricht
der Kaiſer ”nicht zu geſtatten, daß den Staͤnden
in ihren Territorien in Religions-, politiſchen,
Juſtitz- Cameral- und Criminal-Sachen unter
irgend einem Praͤtexte — vor- oder eingegriffen
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[274/0308] XIV. Heutige Verfaſſung. ſung gemaͤße Graͤnzlinie zu ziehen. Man ſieht nehmlich, daß allerdings noch immer gewiſſe fuͤr ganz Teutſchland dem Kaiſer vorbehaltene oder ſo genannte Reſervatrechte ſtatt finden. Aber ſie beruhen allemal auf beſonderen Gruͤnden, die ge- meiniglich darin beſtehen, daß es Gegenſtaͤnde be- trifft, die ſich nicht auf eines Reichsſtandes Land oder Gebiet einſchraͤnken, und doch ſchon von aͤl- teren Zeiten her, ehe noch die Landeshoheit ihre Vollkommenheit erreicht hatte, im Gange gewe- ſen waren. Alles dasjenige, deſſen rechtliche Wirkung ſich nur innerhalb der Graͤnzen eines Landes aͤußert, iſt in eines jeden Reichsſtandes Landeshoheit begriffen. Alles, was ſeit der Zeit, als die Landeshoheit zu ihrer Vollkommenheit ge- diehen iſt, erſt neu in Gang gekommen iſt, oder kuͤnftig noch erdacht werden mag, gehoͤrt ohnedem fuͤr die Landeshoheit. Und alle Rechte der Lan- deshoheit ſind ausſchließlich zu verſtehen, daß ſie nur ein jeder Reichsſtand in ſeinem Lande auszu- uͤben hat, ohne daß der Kaiſer darin vorgreifen darf (h). Ein jeder Teutſcher Reichsſtand hat demnach eben ſo, wie eine jede unabhaͤngige Macht, zu beſorgen, zu beſtimmen, und zu verfuͤgen, was die Wohlfahrt eines jeden gemeinen Weſens er- fordert. Ja in eben dem Verhaͤltniſſe, wie die ver- (h) In der Wahlcap. Art. 1. §. 8. verſpricht der Kaiſer ”nicht zu geſtatten, daß den Staͤnden in ihren Territorien in Religions-, politiſchen, Juſtitz- Cameral- und Criminal-Sachen unter irgend einem Praͤtexte — vor- oder eingegriffen werde.”

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/308>, abgerufen am 22.11.2024.