Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

XIV. Heutige Verfassung
einzige, der die Stelle eines eigentlichen Staats-
ministers in Reichssachen beym Kaiser bekleidet

(oben
hen, also ausser dem Präsidenten und Vicepräsi-
denten aus 16. Reichshofräthen. Wenn der letz-
teren auch mehrere sind, so haben doch die über-
zehligen keinen Antheil an Sporteln, die immer
nur in 19. Theile vertheilet werden, wovon der
Präsident 2. Theile bekömmt. Die Reichshofrä-
the werden nach zwey Bänken vertheilt; Die von
altem Adel oder gräflicher Herkunft sitzen auf der
Herren- und Ritterbank dem Präsidenten zur Rech-
ten; die übrigen machen die Gelehrtenbank aus, und
sitzen zur linken Seite. Das Collegium versammlet
sich vier Tage in der Woche, und sitzt immer unge-
theilt beysammen. Von Seiten der Partheyen
muß alles schriftlich vorgetragen werden. Die
Referenten thun ihre Vorträge mündlich; nur als-
dann wenn ein Entachten an den Kaiser ergeht,
kann dieses die Stelle einer schriftlichen Relation
vertreten. In jeder Session referirt einer von der
Herrenbank, und einer von der Gelehrtenbank,
worin auf jeder Bank die Reihe gehalten wird,
oder der so genannte Turnus, worin ein jeder eine
Woche hindurch zu referiren fortfährt. In den
meisten Sachen wird ein Correferent bestellt, der
auch die Acten zu lesen bekömmt. Die übrigen
Stimmen werden erst auf der Gelehrtenbank, her-
nach auf der Herrenbank abgelegt. Der Präsi-
dent hat das Recht in Gleichheit der Stimmen
durch die seinige den Ausschlag zu geben. Alle
Mitglieder des Reichshofraths werden nur vom
Kaiser ernannt, auch von ihm alleine besoldet.
Sie sollen aber nicht bloß aus den kaiserlichen Erb-
landen, sondern mehrerentheils aus dem Reiche
genommen werden. Der evangelischen Reichshof-
räthe sind nie mehr als sechs. Gegen deren ver-
einigte Meynung gilt die Mehrheit der Stimmen
nicht; aber wenn nur ein evangelischer Reichshof-
rath anderer Meynung ist, gilt die Mehrheit der
Stimmen. Daß Sachen vom Reichshofrathe an
den

XIV. Heutige Verfaſſung
einzige, der die Stelle eines eigentlichen Staats-
miniſters in Reichsſachen beym Kaiſer bekleidet

(oben
hen, alſo auſſer dem Praͤſidenten und Vicepraͤſi-
denten aus 16. Reichshofraͤthen. Wenn der letz-
teren auch mehrere ſind, ſo haben doch die uͤber-
zehligen keinen Antheil an Sporteln, die immer
nur in 19. Theile vertheilet werden, wovon der
Praͤſident 2. Theile bekoͤmmt. Die Reichshofraͤ-
the werden nach zwey Baͤnken vertheilt; Die von
altem Adel oder graͤflicher Herkunft ſitzen auf der
Herren- und Ritterbank dem Praͤſidenten zur Rech-
ten; die uͤbrigen machen die Gelehrtenbank aus, und
ſitzen zur linken Seite. Das Collegium verſammlet
ſich vier Tage in der Woche, und ſitzt immer unge-
theilt beyſammen. Von Seiten der Partheyen
muß alles ſchriftlich vorgetragen werden. Die
Referenten thun ihre Vortraͤge muͤndlich; nur als-
dann wenn ein Entachten an den Kaiſer ergeht,
kann dieſes die Stelle einer ſchriftlichen Relation
vertreten. In jeder Seſſion referirt einer von der
Herrenbank, und einer von der Gelehrtenbank,
worin auf jeder Bank die Reihe gehalten wird,
oder der ſo genannte Turnus, worin ein jeder eine
Woche hindurch zu referiren fortfaͤhrt. In den
meiſten Sachen wird ein Correferent beſtellt, der
auch die Acten zu leſen bekoͤmmt. Die uͤbrigen
Stimmen werden erſt auf der Gelehrtenbank, her-
nach auf der Herrenbank abgelegt. Der Praͤſi-
dent hat das Recht in Gleichheit der Stimmen
durch die ſeinige den Ausſchlag zu geben. Alle
Mitglieder des Reichshofraths werden nur vom
Kaiſer ernannt, auch von ihm alleine beſoldet.
Sie ſollen aber nicht bloß aus den kaiſerlichen Erb-
landen, ſondern mehrerentheils aus dem Reiche
genommen werden. Der evangeliſchen Reichshof-
raͤthe ſind nie mehr als ſechs. Gegen deren ver-
einigte Meynung gilt die Mehrheit der Stimmen
nicht; aber wenn nur ein evangeliſcher Reichshof-
rath anderer Meynung iſt, gilt die Mehrheit der
Stimmen. Daß Sachen vom Reichshofrathe an
den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIV.</hi> Heutige Verfa&#x017F;&#x017F;ung</fw><lb/>
einzige, der die Stelle eines eigentlichen Staats-<lb/>
mini&#x017F;ters in Reichs&#x017F;achen beym Kai&#x017F;er bekleidet<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(oben</fw><lb/><note next="#seg2pn_15_3" xml:id="seg2pn_15_2" prev="#seg2pn_15_1" place="foot" n="(u)">hen, al&#x017F;o au&#x017F;&#x017F;er dem Pra&#x0364;&#x017F;identen und Vicepra&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
denten aus 16. Reichshofra&#x0364;then. Wenn der letz-<lb/>
teren auch mehrere &#x017F;ind, &#x017F;o haben doch die u&#x0364;ber-<lb/>
zehligen keinen Antheil an Sporteln, die immer<lb/>
nur in 19. Theile vertheilet werden, wovon der<lb/>
Pra&#x0364;&#x017F;ident 2. Theile beko&#x0364;mmt. Die Reichshofra&#x0364;-<lb/>
the werden nach zwey Ba&#x0364;nken vertheilt; Die von<lb/>
altem Adel oder gra&#x0364;flicher Herkunft &#x017F;itzen auf der<lb/>
Herren- und Ritterbank dem Pra&#x0364;&#x017F;identen zur Rech-<lb/>
ten; die u&#x0364;brigen machen die Gelehrtenbank aus, und<lb/>
&#x017F;itzen zur linken Seite. Das Collegium ver&#x017F;ammlet<lb/>
&#x017F;ich vier Tage in der Woche, und &#x017F;itzt immer unge-<lb/>
theilt bey&#x017F;ammen. Von Seiten der Partheyen<lb/>
muß alles &#x017F;chriftlich vorgetragen werden. Die<lb/>
Referenten thun ihre Vortra&#x0364;ge mu&#x0364;ndlich; nur als-<lb/>
dann wenn ein Entachten an den Kai&#x017F;er ergeht,<lb/>
kann die&#x017F;es die Stelle einer &#x017F;chriftlichen Relation<lb/>
vertreten. In jeder Se&#x017F;&#x017F;ion referirt einer von der<lb/>
Herrenbank, und einer von der Gelehrtenbank,<lb/>
worin auf jeder Bank die Reihe gehalten wird,<lb/>
oder der &#x017F;o genannte Turnus, worin ein jeder eine<lb/>
Woche hindurch zu referiren fortfa&#x0364;hrt. In den<lb/>
mei&#x017F;ten Sachen wird ein Correferent be&#x017F;tellt, der<lb/>
auch die Acten zu le&#x017F;en beko&#x0364;mmt. Die u&#x0364;brigen<lb/>
Stimmen werden er&#x017F;t auf der Gelehrtenbank, her-<lb/>
nach auf der Herrenbank abgelegt. Der Pra&#x0364;&#x017F;i-<lb/>
dent hat das Recht in Gleichheit der Stimmen<lb/>
durch die &#x017F;einige den Aus&#x017F;chlag zu geben. Alle<lb/>
Mitglieder des Reichshofraths werden nur vom<lb/>
Kai&#x017F;er ernannt, auch von ihm alleine be&#x017F;oldet.<lb/>
Sie &#x017F;ollen aber nicht bloß aus den kai&#x017F;erlichen Erb-<lb/>
landen, &#x017F;ondern mehrerentheils aus dem Reiche<lb/>
genommen werden. Der evangeli&#x017F;chen Reichshof-<lb/>
ra&#x0364;the &#x017F;ind nie mehr als &#x017F;echs. Gegen deren ver-<lb/>
einigte Meynung gilt die Mehrheit der Stimmen<lb/>
nicht; aber wenn nur ein evangeli&#x017F;cher Reichshof-<lb/>
rath anderer Meynung i&#x017F;t, gilt die Mehrheit der<lb/>
Stimmen. Daß Sachen vom Reichshofrathe an<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0250] XIV. Heutige Verfaſſung einzige, der die Stelle eines eigentlichen Staats- miniſters in Reichsſachen beym Kaiſer bekleidet (oben (u) (u) hen, alſo auſſer dem Praͤſidenten und Vicepraͤſi- denten aus 16. Reichshofraͤthen. Wenn der letz- teren auch mehrere ſind, ſo haben doch die uͤber- zehligen keinen Antheil an Sporteln, die immer nur in 19. Theile vertheilet werden, wovon der Praͤſident 2. Theile bekoͤmmt. Die Reichshofraͤ- the werden nach zwey Baͤnken vertheilt; Die von altem Adel oder graͤflicher Herkunft ſitzen auf der Herren- und Ritterbank dem Praͤſidenten zur Rech- ten; die uͤbrigen machen die Gelehrtenbank aus, und ſitzen zur linken Seite. Das Collegium verſammlet ſich vier Tage in der Woche, und ſitzt immer unge- theilt beyſammen. Von Seiten der Partheyen muß alles ſchriftlich vorgetragen werden. Die Referenten thun ihre Vortraͤge muͤndlich; nur als- dann wenn ein Entachten an den Kaiſer ergeht, kann dieſes die Stelle einer ſchriftlichen Relation vertreten. In jeder Seſſion referirt einer von der Herrenbank, und einer von der Gelehrtenbank, worin auf jeder Bank die Reihe gehalten wird, oder der ſo genannte Turnus, worin ein jeder eine Woche hindurch zu referiren fortfaͤhrt. In den meiſten Sachen wird ein Correferent beſtellt, der auch die Acten zu leſen bekoͤmmt. Die uͤbrigen Stimmen werden erſt auf der Gelehrtenbank, her- nach auf der Herrenbank abgelegt. Der Praͤſi- dent hat das Recht in Gleichheit der Stimmen durch die ſeinige den Ausſchlag zu geben. Alle Mitglieder des Reichshofraths werden nur vom Kaiſer ernannt, auch von ihm alleine beſoldet. Sie ſollen aber nicht bloß aus den kaiſerlichen Erb- landen, ſondern mehrerentheils aus dem Reiche genommen werden. Der evangeliſchen Reichshof- raͤthe ſind nie mehr als ſechs. Gegen deren ver- einigte Meynung gilt die Mehrheit der Stimmen nicht; aber wenn nur ein evangeliſcher Reichshof- rath anderer Meynung iſt, gilt die Mehrheit der Stimmen. Daß Sachen vom Reichshofrathe an den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/250
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/250>, abgerufen am 25.11.2024.