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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIII. Joseph II. 1764-1786.

VIII.

Hierzu kam nun übrigens noch, daß die Art,
wie man bey verschiedenen Gelegenheiten zum Theil
schon unter der vorigen Regierung mit schwäche-
ren Nachbaren
zu Werke gegangen war, hin
und wieder großen Eindruck machte. Eine Fa-
milie von Zedtwitz z. B., welche die Herrschaft
Asch zwar von der Krone Böhmen zu Lehn trug,
und einige bestimmte Rechte derselben anerkannte,
übrigens aber offenbar im Besitz der Reichsunmit-
telbarkeit gewesen war, wurde nach einer über 8.
Jahre ausgehaltenen militarischen Execution von
30. Mann endlich genöthiget, sich der völligen
Böhmischen Landeshoheit zu unterwerfen. Viele
Reichsstände und unmittelbare Mitglieder des
Reichs wurden in dem Umfange der Vorderoesterrei-
chischen Länder gleich Oesterreichischen Landsassen ge-
nöthiget, eine so genannte Dominicalsteuer zu ent-
richten. Insonderheit haben verschiedene Mit-
glieder des Schwäbischen Kreises und der Reichs-
ritterschaft wegen ihrer in der Gegend der Marg-
grafschaft Burgau gelegenen Güter sich der von
den Burgauischen Beamten und der Oesterreichi-
schen Regierung zu Innspruck über sie behaupte-
ten Hoheitsrechte nicht erwehren können, obgleich
der Reichshofrath schon im Jahre 1740. sich ihrer
angenommen hatte. Ueber alle diese Vorfälle sind
zwar sowohl von Seiten des Wiener Hofes als
von dessen Gegenpartheyen ausführliche Schriften
bekannt gemacht worden. Es hat aber doch kein
dritter unpartheyischer Richter darüber zu urthei-
len gehabt.


IX.

Hauptsächlich aber erregte über alles das eine
beynahe allgemeine Aufmerksamkeit, als es be-

kannt
XIII. Joſeph II. 1764-1786.

VIII.

Hierzu kam nun uͤbrigens noch, daß die Art,
wie man bey verſchiedenen Gelegenheiten zum Theil
ſchon unter der vorigen Regierung mit ſchwaͤche-
ren Nachbaren
zu Werke gegangen war, hin
und wieder großen Eindruck machte. Eine Fa-
milie von Zedtwitz z. B., welche die Herrſchaft
Aſch zwar von der Krone Boͤhmen zu Lehn trug,
und einige beſtimmte Rechte derſelben anerkannte,
uͤbrigens aber offenbar im Beſitz der Reichsunmit-
telbarkeit geweſen war, wurde nach einer uͤber 8.
Jahre ausgehaltenen militariſchen Execution von
30. Mann endlich genoͤthiget, ſich der voͤlligen
Boͤhmiſchen Landeshoheit zu unterwerfen. Viele
Reichsſtaͤnde und unmittelbare Mitglieder des
Reichs wurden in dem Umfange der Vorderoeſterrei-
chiſchen Laͤnder gleich Oeſterreichiſchen Landſaſſen ge-
noͤthiget, eine ſo genannte Dominicalſteuer zu ent-
richten. Inſonderheit haben verſchiedene Mit-
glieder des Schwaͤbiſchen Kreiſes und der Reichs-
ritterſchaft wegen ihrer in der Gegend der Marg-
grafſchaft Burgau gelegenen Guͤter ſich der von
den Burgauiſchen Beamten und der Oeſterreichi-
ſchen Regierung zu Innſpruck uͤber ſie behaupte-
ten Hoheitsrechte nicht erwehren koͤnnen, obgleich
der Reichshofrath ſchon im Jahre 1740. ſich ihrer
angenommen hatte. Ueber alle dieſe Vorfaͤlle ſind
zwar ſowohl von Seiten des Wiener Hofes als
von deſſen Gegenpartheyen ausfuͤhrliche Schriften
bekannt gemacht worden. Es hat aber doch kein
dritter unpartheyiſcher Richter daruͤber zu urthei-
len gehabt.


IX.

Hauptſaͤchlich aber erregte uͤber alles das eine
beynahe allgemeine Aufmerkſamkeit, als es be-

kannt
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[210/0244] XIII. Joſeph II. 1764-1786. Hierzu kam nun uͤbrigens noch, daß die Art, wie man bey verſchiedenen Gelegenheiten zum Theil ſchon unter der vorigen Regierung mit ſchwaͤche- ren Nachbaren zu Werke gegangen war, hin und wieder großen Eindruck machte. Eine Fa- milie von Zedtwitz z. B., welche die Herrſchaft Aſch zwar von der Krone Boͤhmen zu Lehn trug, und einige beſtimmte Rechte derſelben anerkannte, uͤbrigens aber offenbar im Beſitz der Reichsunmit- telbarkeit geweſen war, wurde nach einer uͤber 8. Jahre ausgehaltenen militariſchen Execution von 30. Mann endlich genoͤthiget, ſich der voͤlligen Boͤhmiſchen Landeshoheit zu unterwerfen. Viele Reichsſtaͤnde und unmittelbare Mitglieder des Reichs wurden in dem Umfange der Vorderoeſterrei- chiſchen Laͤnder gleich Oeſterreichiſchen Landſaſſen ge- noͤthiget, eine ſo genannte Dominicalſteuer zu ent- richten. Inſonderheit haben verſchiedene Mit- glieder des Schwaͤbiſchen Kreiſes und der Reichs- ritterſchaft wegen ihrer in der Gegend der Marg- grafſchaft Burgau gelegenen Guͤter ſich der von den Burgauiſchen Beamten und der Oeſterreichi- ſchen Regierung zu Innſpruck uͤber ſie behaupte- ten Hoheitsrechte nicht erwehren koͤnnen, obgleich der Reichshofrath ſchon im Jahre 1740. ſich ihrer angenommen hatte. Ueber alle dieſe Vorfaͤlle ſind zwar ſowohl von Seiten des Wiener Hofes als von deſſen Gegenpartheyen ausfuͤhrliche Schriften bekannt gemacht worden. Es hat aber doch kein dritter unpartheyiſcher Richter daruͤber zu urthei- len gehabt. Hauptſaͤchlich aber erregte uͤber alles das eine beynahe allgemeine Aufmerkſamkeit, als es be- kannt

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/244>, abgerufen am 23.11.2024.