Von politischen Begebenheiten, die unter Jo- seph dem II. vorfielen, war für das Teut- sche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes- fall des Churfürsten Max Josephs von Baiern (+ 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsstamm seines Hauses völlig ausgieng. Auf diesen Fall hatte von jeher das Haus Pfalz ein stammsvetter- liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog Ludewig dem Strengen (+ 1294.) mit dem Hause Baiern einen gemeinsamen Stammvater hatte. Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von Pavia vom Jahre 1329. gegründet, sondern noch durch ganz neue gegenseitige Verträge in den Jah- ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekräftiget worden. Selbst dazu, daß unmittelbar nach dem Tode des Churfürsten von Baiern im Namen des Churfürsten von der Pfalz Besitz ergriffen werden könnte, war schon die nöthige Ausfertigung zum voraus besorgt, die auch gleich nach dem Todes- fall am 30. December 1777. zu München voll- zogen wurde.
II.
Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern im Jahre 1329. mit seines Bruders Söhnen, den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa- via geschlossen hatte, war Ludewig nur noch im Besitz von Oberbaiern gewesen. Eine Seitenli- nie, die von seines Vaters, Ludewigs des Stren- gen, Bruder abstammte, besaß damals noch Nie- derbaiern, das erst 1340. nach Abgang dieser Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und also freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs von Baiern Söhnen im Jahre 1353. eine neue
Thei-
XIII. Joſeph II. 1764-1786.
I.
Von politiſchen Begebenheiten, die unter Jo- ſeph dem II. vorfielen, war fuͤr das Teut- ſche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes- fall des Churfuͤrſten Max Joſephs von Baiern († 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsſtamm ſeines Hauſes voͤllig ausgieng. Auf dieſen Fall hatte von jeher das Haus Pfalz ein ſtammsvetter- liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog Ludewig dem Strengen († 1294.) mit dem Hauſe Baiern einen gemeinſamen Stammvater hatte. Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von Pavia vom Jahre 1329. gegruͤndet, ſondern noch durch ganz neue gegenſeitige Vertraͤge in den Jah- ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekraͤftiget worden. Selbſt dazu, daß unmittelbar nach dem Tode des Churfuͤrſten von Baiern im Namen des Churfuͤrſten von der Pfalz Beſitz ergriffen werden koͤnnte, war ſchon die noͤthige Ausfertigung zum voraus beſorgt, die auch gleich nach dem Todes- fall am 30. December 1777. zu Muͤnchen voll- zogen wurde.
II.
Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern im Jahre 1329. mit ſeines Bruders Soͤhnen, den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa- via geſchloſſen hatte, war Ludewig nur noch im Beſitz von Oberbaiern geweſen. Eine Seitenli- nie, die von ſeines Vaters, Ludewigs des Stren- gen, Bruder abſtammte, beſaß damals noch Nie- derbaiern, das erſt 1340. nach Abgang dieſer Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und alſo freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs von Baiern Soͤhnen im Jahre 1353. eine neue
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XIII. Joſeph II. 1764-1786.
Von politiſchen Begebenheiten, die unter Jo-
ſeph dem II. vorfielen, war fuͤr das Teut-
ſche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes-
fall des Churfuͤrſten Max Joſephs von Baiern
(† 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsſtamm
ſeines Hauſes voͤllig ausgieng. Auf dieſen Fall
hatte von jeher das Haus Pfalz ein ſtammsvetter-
liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog
Ludewig dem Strengen († 1294.) mit dem Hauſe
Baiern einen gemeinſamen Stammvater hatte.
Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von
Pavia vom Jahre 1329. gegruͤndet, ſondern noch
durch ganz neue gegenſeitige Vertraͤge in den Jah-
ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekraͤftiget
worden. Selbſt dazu, daß unmittelbar nach dem
Tode des Churfuͤrſten von Baiern im Namen des
Churfuͤrſten von der Pfalz Beſitz ergriffen werden
koͤnnte, war ſchon die noͤthige Ausfertigung zum
voraus beſorgt, die auch gleich nach dem Todes-
fall am 30. December 1777. zu Muͤnchen voll-
zogen wurde.
Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern
im Jahre 1329. mit ſeines Bruders Soͤhnen,
den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa-
via geſchloſſen hatte, war Ludewig nur noch im
Beſitz von Oberbaiern geweſen. Eine Seitenli-
nie, die von ſeines Vaters, Ludewigs des Stren-
gen, Bruder abſtammte, beſaß damals noch Nie-
derbaiern, das erſt 1340. nach Abgang dieſer
Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und alſo
freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit
begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs
von Baiern Soͤhnen im Jahre 1353. eine neue
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/220>, abgerufen am 22.07.2024.
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