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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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3) Grafensache u. Reichsschluß 1775.
zu Zeiten eines gewissen Ausweges, indem er im
Namen des Kaisers und mit dessen eigner Unter-
schrift Rescripte erlaßen kann, worin oft mit fei-
neren Wendungen und in höflicheren Ausdrücken,
als in den gewöhnlichen Mandatsformularen, ei-
nem belangten Reichsstande zu erkennen gegeben
wird, wie der Kaiser z. B. zu des Beklagten eig-
ner Gerechtigkeitsliebe und Gemüthsbilligkeit das
Vertrauen habe, daß er von selbsten geneigt seyn
werde, die eingeklagte Beschwerde auf diese oder
jene Art abzuthun. Dergleichen Rescripte, wie
sie vielmehr bey Höfen und Staatsministerien, als
bey eigentlichen Gerichten in Uebung sind, hat
das Cammergericht unter seinen Ausfertigungen,
die alle nur nach processualischen Formularen vor-
geschrieben sind, nicht. Es hat aber in neueren
Zeiten angefangen in seinen so genannten Extraju-
dicialdecreten, worin der klagenden Partheyen Ge-
such erkannt oder abgeschlagen oder auch noch auf
gewisse Bedingungen ausgesetzt wird, jene Schreib-
art der kaiserlichen Rescripte nachzuahmen. So
war es z. B. geschehen, daß der Churpfälzische
Hof, als das Cammergericht eine Nichtigkeitskla-
ge von einem gewissen Landschreiber Heiler gegen
den Churfürsten angenommen und die gewöhnli-
che Ladung darauf erkannt hatte, gleich davon den
Recurs an den Reichstag genommen hatte, ohne
daß der Kläger zu seinem Zwecke gelangen konnte.
Als hernach bald darauf von einem gewissen Ulsa-
ner eine ähnliche Nichtigkeitsklage gegen den Chur-
fürsten Clemens August von Cölln einkam; ertheil-
te das Cammergericht darauf ein Decret ungefähr
des Inhalts: Noch zur Zeit abgeschlagen, son-
dern versiehet man sich zu des Herrn Churfürsten

Ge-
L 3

3) Grafenſache u. Reichsſchluß 1775.
zu Zeiten eines gewiſſen Ausweges, indem er im
Namen des Kaiſers und mit deſſen eigner Unter-
ſchrift Reſcripte erlaßen kann, worin oft mit fei-
neren Wendungen und in hoͤflicheren Ausdruͤcken,
als in den gewoͤhnlichen Mandatsformularen, ei-
nem belangten Reichsſtande zu erkennen gegeben
wird, wie der Kaiſer z. B. zu des Beklagten eig-
ner Gerechtigkeitsliebe und Gemuͤthsbilligkeit das
Vertrauen habe, daß er von ſelbſten geneigt ſeyn
werde, die eingeklagte Beſchwerde auf dieſe oder
jene Art abzuthun. Dergleichen Reſcripte, wie
ſie vielmehr bey Hoͤfen und Staatsminiſterien, als
bey eigentlichen Gerichten in Uebung ſind, hat
das Cammergericht unter ſeinen Ausfertigungen,
die alle nur nach proceſſualiſchen Formularen vor-
geſchrieben ſind, nicht. Es hat aber in neueren
Zeiten angefangen in ſeinen ſo genannten Extraju-
dicialdecreten, worin der klagenden Partheyen Ge-
ſuch erkannt oder abgeſchlagen oder auch noch auf
gewiſſe Bedingungen ausgeſetzt wird, jene Schreib-
art der kaiſerlichen Reſcripte nachzuahmen. So
war es z. B. geſchehen, daß der Churpfaͤlziſche
Hof, als das Cammergericht eine Nichtigkeitskla-
ge von einem gewiſſen Landſchreiber Heiler gegen
den Churfuͤrſten angenommen und die gewoͤhnli-
che Ladung darauf erkannt hatte, gleich davon den
Recurs an den Reichstag genommen hatte, ohne
daß der Klaͤger zu ſeinem Zwecke gelangen konnte.
Als hernach bald darauf von einem gewiſſen Ulſa-
ner eine aͤhnliche Nichtigkeitsklage gegen den Chur-
fuͤrſten Clemens Auguſt von Coͤlln einkam; ertheil-
te das Cammergericht darauf ein Decret ungefaͤhr
des Inhalts: Noch zur Zeit abgeſchlagen, ſon-
dern verſiehet man ſich zu des Herrn Churfuͤrſten

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[165/0199] 3) Grafenſache u. Reichsſchluß 1775. zu Zeiten eines gewiſſen Ausweges, indem er im Namen des Kaiſers und mit deſſen eigner Unter- ſchrift Reſcripte erlaßen kann, worin oft mit fei- neren Wendungen und in hoͤflicheren Ausdruͤcken, als in den gewoͤhnlichen Mandatsformularen, ei- nem belangten Reichsſtande zu erkennen gegeben wird, wie der Kaiſer z. B. zu des Beklagten eig- ner Gerechtigkeitsliebe und Gemuͤthsbilligkeit das Vertrauen habe, daß er von ſelbſten geneigt ſeyn werde, die eingeklagte Beſchwerde auf dieſe oder jene Art abzuthun. Dergleichen Reſcripte, wie ſie vielmehr bey Hoͤfen und Staatsminiſterien, als bey eigentlichen Gerichten in Uebung ſind, hat das Cammergericht unter ſeinen Ausfertigungen, die alle nur nach proceſſualiſchen Formularen vor- geſchrieben ſind, nicht. Es hat aber in neueren Zeiten angefangen in ſeinen ſo genannten Extraju- dicialdecreten, worin der klagenden Partheyen Ge- ſuch erkannt oder abgeſchlagen oder auch noch auf gewiſſe Bedingungen ausgeſetzt wird, jene Schreib- art der kaiſerlichen Reſcripte nachzuahmen. So war es z. B. geſchehen, daß der Churpfaͤlziſche Hof, als das Cammergericht eine Nichtigkeitskla- ge von einem gewiſſen Landſchreiber Heiler gegen den Churfuͤrſten angenommen und die gewoͤhnli- che Ladung darauf erkannt hatte, gleich davon den Recurs an den Reichstag genommen hatte, ohne daß der Klaͤger zu ſeinem Zwecke gelangen konnte. Als hernach bald darauf von einem gewiſſen Ulſa- ner eine aͤhnliche Nichtigkeitsklage gegen den Chur- fuͤrſten Clemens Auguſt von Coͤlln einkam; ertheil- te das Cammergericht darauf ein Decret ungefaͤhr des Inhalts: Noch zur Zeit abgeſchlagen, ſon- dern verſiehet man ſich zu des Herrn Churfuͤrſten Ge- L 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/199>, abgerufen am 24.11.2024.