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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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2) Religionsbeschwerden 1714-1720.
daß die Abstellung der seit dem Badischen Frieden
vorgefallenen Beschwerden unmittelbar nach dieser
Abrede in vier Monathen vollzogen werden, sonst
aber diese ganze nur provisorisch geschlossene Con-
vention ihre Kraft verliehren sollte.

Nun ergieng zwar unterm 1. Febr. 1721. vomVI.
Churfürsten von der Pfalz ein Befehl an alle Ober-
ämter im Lande, obiger kaiserlicher Verordnung
Folge zu leisten. Auch wurden verschiedene Pari-
tionsanzeigen von Seiten des Churfürsten nach
Wien erlaßen. Allein selbst zu Wien erkannte
man sie (1722. Aug. 22.) für unzulänglich. Und
ein Churbraunschweigischer Rath von Reck, den
das evangelische Corpus an den Churpfälzischen Hof
abgeschickt hatte, war vielmehr ein Augenzeuge des
Gegentheils; ohne daß alles das die Sachen an-
ders zu lenken vermochte.

Jene wohlgemeint vermittelte provisorische Ab-VII.
rede hat inzwischen nachher die ganz widrige Miß-
deutung erleiden müßen, als ob das evangelische
Corpus sich nunmehr begnügen müßte, wenn die
Religionsbeschwerden in der Pfalz und anderen
dortigen Gegenden überall nur auf den Zustand des
Badischen Friedens vom Jahre 1714. zurückge-
stellt würden; gleich als hätte man damit die im
Westphälischen Frieden festgesetzte Entscheidungs-
jahre 1618. und 1624. verlaßen, und statt deren
ein ganz neues Entscheidungsziel vom Jahre 1714.
annehmen wollen. Eine solche Abweichung von
den einmal so theuer erfochtenen Entscheidungszie-
len des Westphälischen Friedens war gewiß weder
dem evangelischen Religionstheile, noch der vermit-

teln-
B b 3

2) Religionsbeſchwerden 1714-1720.
daß die Abſtellung der ſeit dem Badiſchen Frieden
vorgefallenen Beſchwerden unmittelbar nach dieſer
Abrede in vier Monathen vollzogen werden, ſonſt
aber dieſe ganze nur proviſoriſch geſchloſſene Con-
vention ihre Kraft verliehren ſollte.

Nun ergieng zwar unterm 1. Febr. 1721. vomVI.
Churfuͤrſten von der Pfalz ein Befehl an alle Ober-
aͤmter im Lande, obiger kaiſerlicher Verordnung
Folge zu leiſten. Auch wurden verſchiedene Pari-
tionsanzeigen von Seiten des Churfuͤrſten nach
Wien erlaßen. Allein ſelbſt zu Wien erkannte
man ſie (1722. Aug. 22.) fuͤr unzulaͤnglich. Und
ein Churbraunſchweigiſcher Rath von Reck, den
das evangeliſche Corpus an den Churpfaͤlziſchen Hof
abgeſchickt hatte, war vielmehr ein Augenzeuge des
Gegentheils; ohne daß alles das die Sachen an-
ders zu lenken vermochte.

Jene wohlgemeint vermittelte proviſoriſche Ab-VII.
rede hat inzwiſchen nachher die ganz widrige Miß-
deutung erleiden muͤßen, als ob das evangeliſche
Corpus ſich nunmehr begnuͤgen muͤßte, wenn die
Religionsbeſchwerden in der Pfalz und anderen
dortigen Gegenden uͤberall nur auf den Zuſtand des
Badiſchen Friedens vom Jahre 1714. zuruͤckge-
ſtellt wuͤrden; gleich als haͤtte man damit die im
Weſtphaͤliſchen Frieden feſtgeſetzte Entſcheidungs-
jahre 1618. und 1624. verlaßen, und ſtatt deren
ein ganz neues Entſcheidungsziel vom Jahre 1714.
annehmen wollen. Eine ſolche Abweichung von
den einmal ſo theuer erfochtenen Entſcheidungszie-
len des Weſtphaͤliſchen Friedens war gewiß weder
dem evangeliſchen Religionstheile, noch der vermit-

teln-
B b 3
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[389/0431] 2) Religionsbeſchwerden 1714-1720. daß die Abſtellung der ſeit dem Badiſchen Frieden vorgefallenen Beſchwerden unmittelbar nach dieſer Abrede in vier Monathen vollzogen werden, ſonſt aber dieſe ganze nur proviſoriſch geſchloſſene Con- vention ihre Kraft verliehren ſollte. Nun ergieng zwar unterm 1. Febr. 1721. vom Churfuͤrſten von der Pfalz ein Befehl an alle Ober- aͤmter im Lande, obiger kaiſerlicher Verordnung Folge zu leiſten. Auch wurden verſchiedene Pari- tionsanzeigen von Seiten des Churfuͤrſten nach Wien erlaßen. Allein ſelbſt zu Wien erkannte man ſie (1722. Aug. 22.) fuͤr unzulaͤnglich. Und ein Churbraunſchweigiſcher Rath von Reck, den das evangeliſche Corpus an den Churpfaͤlziſchen Hof abgeſchickt hatte, war vielmehr ein Augenzeuge des Gegentheils; ohne daß alles das die Sachen an- ders zu lenken vermochte. VI. Jene wohlgemeint vermittelte proviſoriſche Ab- rede hat inzwiſchen nachher die ganz widrige Miß- deutung erleiden muͤßen, als ob das evangeliſche Corpus ſich nunmehr begnuͤgen muͤßte, wenn die Religionsbeſchwerden in der Pfalz und anderen dortigen Gegenden uͤberall nur auf den Zuſtand des Badiſchen Friedens vom Jahre 1714. zuruͤckge- ſtellt wuͤrden; gleich als haͤtte man damit die im Weſtphaͤliſchen Frieden feſtgeſetzte Entſcheidungs- jahre 1618. und 1624. verlaßen, und ſtatt deren ein ganz neues Entſcheidungsziel vom Jahre 1714. annehmen wollen. Eine ſolche Abweichung von den einmal ſo theuer erfochtenen Entſcheidungszie- len des Weſtphaͤliſchen Friedens war gewiß weder dem evangeliſchen Religionstheile, noch der vermit- teln- VII. B b 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/431>, abgerufen am 22.11.2024.