Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

2) Religionsbeschwerden 1714-1720.
ben. Fast kein Dorf, kein Flecken, keine Stadt
behielt in der Pfalz den bisherigen Gottesdienst
unverändert; Fast kein Monath vergieng, ohne
daß neue Religionsbeschwerden vorkamen.
Manche Gemeinden waren kaum im Stande ihre
Klagen gehöriger Orten anzubringen.

Zuletzt kam die Reihe gar an die bisherigeIII.
Churpfälzische Residenz und Hauptstadt Herdel-
berg,
wo der Churfürst im Sept. 1719 den Re-
formirten ihre Hauptkirche, worin bisher nur das
Simultaneum eingeführt war, endlich ganz weg-
nehmen ließ, nachdem er vorher schon in eben dem
Jahre (1719. Apr. 24.) den Heidelbergischen re-
formirten Catechismus hatte verbieten laßen. Hier-
über kam es endlich, da der Churfürst keinen güt-
lichen Vorstellungen Gehör gab, von Seiten eini-
ger evangelischen Höfe zu Repressalien, indem Chur-
braunschweig (1719. Nov. 4. die catholische Kir-
che zu Zelle, ingleichen Churbrandenburg (1719.
Nov. 28.) den Dom zu Minden und (Dec. 3.)
das Kloster Hamersleben im Halberstädtischen ver-
schließen ließ.

Das war nun zwar von der Wirkung, daß derIV.
Churfürst von der Pfalz (1720. Apr. 16.) dem
reformirten Kirchenrathe zu Heidelberg die Schlüs-

sel
Batschbuben, Nachrichtermäßige Galgenvögel etc.
Luthern selbst nannte er einen Generalsanhund etc.
Und in der vorgesetzten Erlaubniß der Oberen zum
Druck ward doch bezeuget, daß man nichts den
guten Sitten zuwiderlaufendes darin gefunden
habe.
B b 2

2) Religionsbeſchwerden 1714-1720.
ben. Faſt kein Dorf, kein Flecken, keine Stadt
behielt in der Pfalz den bisherigen Gottesdienſt
unveraͤndert; Faſt kein Monath vergieng, ohne
daß neue Religionsbeſchwerden vorkamen.
Manche Gemeinden waren kaum im Stande ihre
Klagen gehoͤriger Orten anzubringen.

Zuletzt kam die Reihe gar an die bisherigeIII.
Churpfaͤlziſche Reſidenz und Hauptſtadt Herdel-
berg,
wo der Churfuͤrſt im Sept. 1719 den Re-
formirten ihre Hauptkirche, worin bisher nur das
Simultaneum eingefuͤhrt war, endlich ganz weg-
nehmen ließ, nachdem er vorher ſchon in eben dem
Jahre (1719. Apr. 24.) den Heidelbergiſchen re-
formirten Catechismus hatte verbieten laßen. Hier-
uͤber kam es endlich, da der Churfuͤrſt keinen guͤt-
lichen Vorſtellungen Gehoͤr gab, von Seiten eini-
ger evangeliſchen Hoͤfe zu Repreſſalien, indem Chur-
braunſchweig (1719. Nov. 4. die catholiſche Kir-
che zu Zelle, ingleichen Churbrandenburg (1719.
Nov. 28.) den Dom zu Minden und (Dec. 3.)
das Kloſter Hamersleben im Halberſtaͤdtiſchen ver-
ſchließen ließ.

Das war nun zwar von der Wirkung, daß derIV.
Churfuͤrſt von der Pfalz (1720. Apr. 16.) dem
reformirten Kirchenrathe zu Heidelberg die Schluͤſ-

ſel
Batſchbuben, Nachrichtermaͤßige Galgenvoͤgel ꝛc.
Luthern ſelbſt nannte er einen Generalſanhund ꝛc.
Und in der vorgeſetzten Erlaubniß der Oberen zum
Druck ward doch bezeuget, daß man nichts den
guten Sitten zuwiderlaufendes darin gefunden
habe.
B b 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0429" n="387"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">2) Religionsbe&#x017F;chwerden 1714-1720.</hi></fw><lb/>
ben. Fa&#x017F;t kein Dorf, kein Flecken, keine Stadt<lb/>
behielt in der Pfalz den bisherigen Gottesdien&#x017F;t<lb/>
unvera&#x0364;ndert; Fa&#x017F;t kein Monath vergieng, ohne<lb/>
daß <hi rendition="#fr">neue Religionsbe&#x017F;chwerden</hi> vorkamen.<lb/>
Manche Gemeinden waren kaum im Stande ihre<lb/>
Klagen geho&#x0364;riger Orten anzubringen.</p><lb/>
          <p>Zuletzt kam die Reihe gar an die bisherige<note place="right"><hi rendition="#aq">III.</hi></note><lb/>
Churpfa&#x0364;lzi&#x017F;che Re&#x017F;idenz und Haupt&#x017F;tadt <hi rendition="#fr">Herdel-<lb/>
berg,</hi> wo der Churfu&#x0364;r&#x017F;t im Sept. 1719 den Re-<lb/>
formirten ihre Hauptkirche, worin bisher nur das<lb/>
Simultaneum eingefu&#x0364;hrt war, endlich ganz weg-<lb/>
nehmen ließ, nachdem er vorher &#x017F;chon in eben dem<lb/>
Jahre (1719. Apr. 24.) den Heidelbergi&#x017F;chen re-<lb/>
formirten Catechismus hatte verbieten laßen. Hier-<lb/>
u&#x0364;ber kam es endlich, da der Churfu&#x0364;r&#x017F;t keinen gu&#x0364;t-<lb/>
lichen Vor&#x017F;tellungen Geho&#x0364;r gab, von Seiten eini-<lb/>
ger evangeli&#x017F;chen Ho&#x0364;fe zu Repre&#x017F;&#x017F;alien, indem Chur-<lb/>
braun&#x017F;chweig (1719. Nov. 4. die catholi&#x017F;che Kir-<lb/>
che zu Zelle, ingleichen Churbrandenburg (1719.<lb/>
Nov. 28.) den Dom zu Minden und (Dec. 3.)<lb/>
das Klo&#x017F;ter Hamersleben im Halber&#x017F;ta&#x0364;dti&#x017F;chen ver-<lb/>
&#x017F;chließen ließ.</p><lb/>
          <p>Das war nun zwar von der Wirkung, daß der<note place="right"><hi rendition="#aq">IV.</hi></note><lb/>
Churfu&#x0364;r&#x017F;t von der Pfalz (1720. Apr. 16.) dem<lb/>
reformirten Kirchenrathe zu Heidelberg die Schlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;el</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_15_2" prev="#seg2pn_15_1" place="foot" n="(a)">Bat&#x017F;chbuben, Nachrichterma&#x0364;ßige Galgenvo&#x0364;gel &#xA75B;c.<lb/>
Luthern &#x017F;elb&#x017F;t nannte er einen General&#x017F;anhund &#xA75B;c.<lb/>
Und in der vorge&#x017F;etzten Erlaubniß der Oberen zum<lb/>
Druck ward doch bezeuget, daß man nichts den<lb/>
guten Sitten zuwiderlaufendes darin gefunden<lb/>
habe.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0429] 2) Religionsbeſchwerden 1714-1720. ben. Faſt kein Dorf, kein Flecken, keine Stadt behielt in der Pfalz den bisherigen Gottesdienſt unveraͤndert; Faſt kein Monath vergieng, ohne daß neue Religionsbeſchwerden vorkamen. Manche Gemeinden waren kaum im Stande ihre Klagen gehoͤriger Orten anzubringen. Zuletzt kam die Reihe gar an die bisherige Churpfaͤlziſche Reſidenz und Hauptſtadt Herdel- berg, wo der Churfuͤrſt im Sept. 1719 den Re- formirten ihre Hauptkirche, worin bisher nur das Simultaneum eingefuͤhrt war, endlich ganz weg- nehmen ließ, nachdem er vorher ſchon in eben dem Jahre (1719. Apr. 24.) den Heidelbergiſchen re- formirten Catechismus hatte verbieten laßen. Hier- uͤber kam es endlich, da der Churfuͤrſt keinen guͤt- lichen Vorſtellungen Gehoͤr gab, von Seiten eini- ger evangeliſchen Hoͤfe zu Repreſſalien, indem Chur- braunſchweig (1719. Nov. 4. die catholiſche Kir- che zu Zelle, ingleichen Churbrandenburg (1719. Nov. 28.) den Dom zu Minden und (Dec. 3.) das Kloſter Hamersleben im Halberſtaͤdtiſchen ver- ſchließen ließ. III. Das war nun zwar von der Wirkung, daß der Churfuͤrſt von der Pfalz (1720. Apr. 16.) dem reformirten Kirchenrathe zu Heidelberg die Schluͤſ- ſel (a) IV. (a) Batſchbuben, Nachrichtermaͤßige Galgenvoͤgel ꝛc. Luthern ſelbſt nannte er einen Generalſanhund ꝛc. Und in der vorgeſetzten Erlaubniß der Oberen zum Druck ward doch bezeuget, daß man nichts den guten Sitten zuwiderlaufendes darin gefunden habe. B b 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/429
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/429>, abgerufen am 22.11.2024.