Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

10) Religionsveränderungen.
Visitation des Cammergerichts ein Schema von
fünf Classen jeder von 12. catholischen und 12.
evangelischen Reichsständen, die sich nach einander
ablösen sollten, verfertiget wurde; trug man kein
Bedenken in der zweyten Classe Pfalzneuburg auf
der catholischen Seite mit anzusetzen. Und als
eben das Schema im Jahre 1666. nochmals
in Berathschlagung kam, zu einer Zeit, da der
Herzog Christian Ludewig von Mecklenburg catho-
lisch war, wies man auch diesem seinen Platz nicht
mehr auf der evangelischen, sondern auf der ca-
tholischen Seite an (n). Ja als endlich 1685.
das Haus Pfalzneuburg auch in Besitz des Chur-
fürstenthums kam, und zugleich die von der bishe-
rigen reformirten Linie im Reichsfürstenrath beses-
senen Stimmen Pfalzlautern und Pfalzsimmern zu
führen bekam; hielt sich das neue Churhaus mit
allen diesen Stimmen nicht mehr zum evangelischen,
sondern zum catholischen Religionstheile.

Wenn man aber in allem dem der Sache etwasIX.
tiefer auf den Grund gehet; so zeigt sich bald zwi-
schen jenen Religionsveränderungen, wie sie in den
ersten Zeiten der Reformation geschahen, und den
neueren Rücktritten zur catholischen Religion ein
sehr wesentlicher Unterschied. In jenen Fällen
war es nicht bloß die Person des Landesherrn, die
ihre Religion verändert hatte, sondern gemeinig-
lich hatten sich schon im ganzen Lande veränderte
Gesinnungen in der Religion hervorgethan, die
nur dadurch, daß der Landesherr denselben seinen
Beyfall gab, zum völligen Ausbruche kamen. Also

waren
(n) Pachner von Eggenstorf Reichsschlüsse
Th. 1. S. 182.

10) Religionsveraͤnderungen.
Viſitation des Cammergerichts ein Schema von
fuͤnf Claſſen jeder von 12. catholiſchen und 12.
evangeliſchen Reichsſtaͤnden, die ſich nach einander
abloͤſen ſollten, verfertiget wurde; trug man kein
Bedenken in der zweyten Claſſe Pfalzneuburg auf
der catholiſchen Seite mit anzuſetzen. Und als
eben das Schema im Jahre 1666. nochmals
in Berathſchlagung kam, zu einer Zeit, da der
Herzog Chriſtian Ludewig von Mecklenburg catho-
liſch war, wies man auch dieſem ſeinen Platz nicht
mehr auf der evangeliſchen, ſondern auf der ca-
tholiſchen Seite an (n). Ja als endlich 1685.
das Haus Pfalzneuburg auch in Beſitz des Chur-
fuͤrſtenthums kam, und zugleich die von der bishe-
rigen reformirten Linie im Reichsfuͤrſtenrath beſeſ-
ſenen Stimmen Pfalzlautern und Pfalzſimmern zu
fuͤhren bekam; hielt ſich das neue Churhaus mit
allen dieſen Stimmen nicht mehr zum evangeliſchen,
ſondern zum catholiſchen Religionstheile.

Wenn man aber in allem dem der Sache etwasIX.
tiefer auf den Grund gehet; ſo zeigt ſich bald zwi-
ſchen jenen Religionsveraͤnderungen, wie ſie in den
erſten Zeiten der Reformation geſchahen, und den
neueren Ruͤcktritten zur catholiſchen Religion ein
ſehr weſentlicher Unterſchied. In jenen Faͤllen
war es nicht bloß die Perſon des Landesherrn, die
ihre Religion veraͤndert hatte, ſondern gemeinig-
lich hatten ſich ſchon im ganzen Lande veraͤnderte
Geſinnungen in der Religion hervorgethan, die
nur dadurch, daß der Landesherr denſelben ſeinen
Beyfall gab, zum voͤlligen Ausbruche kamen. Alſo

waren
(n) Pachner von Eggenſtorf Reichsſchluͤſſe
Th. 1. S. 182.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0389" n="347"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">10) Religionsvera&#x0364;nderungen.</hi></fw><lb/>
Vi&#x017F;itation des Cammergerichts ein Schema von<lb/>
fu&#x0364;nf Cla&#x017F;&#x017F;en jeder von 12. catholi&#x017F;chen und 12.<lb/>
evangeli&#x017F;chen Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden, die &#x017F;ich nach einander<lb/>
ablo&#x0364;&#x017F;en &#x017F;ollten, verfertiget wurde; trug man kein<lb/>
Bedenken in der zweyten Cla&#x017F;&#x017F;e Pfalzneuburg auf<lb/>
der catholi&#x017F;chen Seite mit anzu&#x017F;etzen. Und als<lb/>
eben das Schema im Jahre 1666. nochmals<lb/>
in Berath&#x017F;chlagung kam, zu einer Zeit, da der<lb/>
Herzog Chri&#x017F;tian Ludewig von Mecklenburg catho-<lb/>
li&#x017F;ch war, wies man auch die&#x017F;em &#x017F;einen Platz nicht<lb/>
mehr auf der evangeli&#x017F;chen, &#x017F;ondern auf der ca-<lb/>
tholi&#x017F;chen Seite an <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#fr">Pachner</hi> von Eggen&#x017F;torf Reichs&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Th. 1. S. 182.</note>. Ja als endlich 1685.<lb/>
das Haus Pfalzneuburg auch in Be&#x017F;itz des Chur-<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;tenthums kam, und zugleich die von der bishe-<lb/>
rigen reformirten Linie im Reichsfu&#x0364;r&#x017F;tenrath be&#x017F;e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Stimmen Pfalzlautern und Pfalz&#x017F;immern zu<lb/>
fu&#x0364;hren bekam; hielt &#x017F;ich das neue Churhaus mit<lb/>
allen die&#x017F;en Stimmen nicht mehr zum evangeli&#x017F;chen,<lb/>
&#x017F;ondern zum catholi&#x017F;chen Religionstheile.</p><lb/>
          <p>Wenn man aber in allem dem der Sache etwas<note place="right"><hi rendition="#aq">IX.</hi></note><lb/>
tiefer auf den Grund gehet; &#x017F;o zeigt &#x017F;ich bald zwi-<lb/>
&#x017F;chen jenen Religionsvera&#x0364;nderungen, wie &#x017F;ie in den<lb/>
er&#x017F;ten Zeiten der Reformation ge&#x017F;chahen, und den<lb/>
neueren Ru&#x0364;cktritten zur catholi&#x017F;chen Religion ein<lb/>
&#x017F;ehr we&#x017F;entlicher Unter&#x017F;chied. In jenen Fa&#x0364;llen<lb/>
war es nicht bloß die Per&#x017F;on des Landesherrn, die<lb/>
ihre Religion vera&#x0364;ndert hatte, &#x017F;ondern gemeinig-<lb/>
lich hatten &#x017F;ich &#x017F;chon im ganzen Lande vera&#x0364;nderte<lb/>
Ge&#x017F;innungen in der Religion hervorgethan, die<lb/>
nur dadurch, daß der Landesherr den&#x017F;elben &#x017F;einen<lb/>
Beyfall gab, zum vo&#x0364;lligen Ausbruche kamen. Al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">waren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0389] 10) Religionsveraͤnderungen. Viſitation des Cammergerichts ein Schema von fuͤnf Claſſen jeder von 12. catholiſchen und 12. evangeliſchen Reichsſtaͤnden, die ſich nach einander abloͤſen ſollten, verfertiget wurde; trug man kein Bedenken in der zweyten Claſſe Pfalzneuburg auf der catholiſchen Seite mit anzuſetzen. Und als eben das Schema im Jahre 1666. nochmals in Berathſchlagung kam, zu einer Zeit, da der Herzog Chriſtian Ludewig von Mecklenburg catho- liſch war, wies man auch dieſem ſeinen Platz nicht mehr auf der evangeliſchen, ſondern auf der ca- tholiſchen Seite an (n). Ja als endlich 1685. das Haus Pfalzneuburg auch in Beſitz des Chur- fuͤrſtenthums kam, und zugleich die von der bishe- rigen reformirten Linie im Reichsfuͤrſtenrath beſeſ- ſenen Stimmen Pfalzlautern und Pfalzſimmern zu fuͤhren bekam; hielt ſich das neue Churhaus mit allen dieſen Stimmen nicht mehr zum evangeliſchen, ſondern zum catholiſchen Religionstheile. Wenn man aber in allem dem der Sache etwas tiefer auf den Grund gehet; ſo zeigt ſich bald zwi- ſchen jenen Religionsveraͤnderungen, wie ſie in den erſten Zeiten der Reformation geſchahen, und den neueren Ruͤcktritten zur catholiſchen Religion ein ſehr weſentlicher Unterſchied. In jenen Faͤllen war es nicht bloß die Perſon des Landesherrn, die ihre Religion veraͤndert hatte, ſondern gemeinig- lich hatten ſich ſchon im ganzen Lande veraͤnderte Geſinnungen in der Religion hervorgethan, die nur dadurch, daß der Landesherr denſelben ſeinen Beyfall gab, zum voͤlligen Ausbruche kamen. Alſo waren IX. (n) Pachner von Eggenſtorf Reichsſchluͤſſe Th. 1. S. 182.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/389
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/389>, abgerufen am 25.11.2024.