Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.9) Neunte Chur 1692-1708. nach Abgang des Wilhelm-Bairischen Manns-stamms das Haus Pfalz alsdann alleine im Besitz der Chur seyn würde; so würden von acht Chur- fürsten vier catholische, und vier Protestanten seyn. Das wäre nun zwar weiter nichts gewesen, als ein glückliches Gleichgewicht der beiden Religionen, wie es zur Zeit des Religionsfriedens 1555. be- reits würklich gewesen war, und Teutschland sich ruhig und wohl dabey befunden hatte. Allein da- mit solche Umstände nicht wieder eintreten möch- ten, ward bey dieser Gelegenheit zum voraus be- dungen, und im Reichsgutachten vom 30. Jun. 1708. mit eingerückt: daß auf den Fall, wenn aus dem Hause Pfalz kein catholischer Nachfolger an der Pfälzischen Chur mehr übrig, sondern selbige an einen Augsburgischen Confessionsverwandten ge- fallen seyn sollte, und dann die Hannoverische Chur noch stände, alsdann der vorsitzende catholische Churfürst noch eine überzehlige Stimme führen soll- te. (Dieser Fall würde noch immer möglich ge- blieben seyn, wenn nicht in der Folge auch die Her- ren von der Zweybrückischen und Birkenfeldischen Linie, auf welche die Succession in der Chur Pfalz noch fallen könnte, sich von der evangelischen zur catholischen Religion gewandt hätten.) X.
9) Neunte Chur 1692-1708. nach Abgang des Wilhelm-Bairiſchen Manns-ſtamms das Haus Pfalz alsdann alleine im Beſitz der Chur ſeyn wuͤrde; ſo wuͤrden von acht Chur- fuͤrſten vier catholiſche, und vier Proteſtanten ſeyn. Das waͤre nun zwar weiter nichts geweſen, als ein gluͤckliches Gleichgewicht der beiden Religionen, wie es zur Zeit des Religionsfriedens 1555. be- reits wuͤrklich geweſen war, und Teutſchland ſich ruhig und wohl dabey befunden hatte. Allein da- mit ſolche Umſtaͤnde nicht wieder eintreten moͤch- ten, ward bey dieſer Gelegenheit zum voraus be- dungen, und im Reichsgutachten vom 30. Jun. 1708. mit eingeruͤckt: daß auf den Fall, wenn aus dem Hauſe Pfalz kein catholiſcher Nachfolger an der Pfaͤlziſchen Chur mehr uͤbrig, ſondern ſelbige an einen Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten ge- fallen ſeyn ſollte, und dann die Hannoveriſche Chur noch ſtaͤnde, alsdann der vorſitzende catholiſche Churfuͤrſt noch eine uͤberzehlige Stimme fuͤhren ſoll- te. (Dieſer Fall wuͤrde noch immer moͤglich ge- blieben ſeyn, wenn nicht in der Folge auch die Her- ren von der Zweybruͤckiſchen und Birkenfeldiſchen Linie, auf welche die Succeſſion in der Chur Pfalz noch fallen koͤnnte, ſich von der evangeliſchen zur catholiſchen Religion gewandt haͤtten.) X.
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9) Neunte Chur 1692-1708.
nach Abgang des Wilhelm-Bairiſchen Manns-
ſtamms das Haus Pfalz alsdann alleine im Beſitz
der Chur ſeyn wuͤrde; ſo wuͤrden von acht Chur-
fuͤrſten vier catholiſche, und vier Proteſtanten ſeyn.
Das waͤre nun zwar weiter nichts geweſen, als ein
gluͤckliches Gleichgewicht der beiden Religionen,
wie es zur Zeit des Religionsfriedens 1555. be-
reits wuͤrklich geweſen war, und Teutſchland ſich
ruhig und wohl dabey befunden hatte. Allein da-
mit ſolche Umſtaͤnde nicht wieder eintreten moͤch-
ten, ward bey dieſer Gelegenheit zum voraus be-
dungen, und im Reichsgutachten vom 30. Jun.
1708. mit eingeruͤckt: daß auf den Fall, wenn aus
dem Hauſe Pfalz kein catholiſcher Nachfolger an
der Pfaͤlziſchen Chur mehr uͤbrig, ſondern ſelbige
an einen Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten ge-
fallen ſeyn ſollte, und dann die Hannoveriſche Chur
noch ſtaͤnde, alsdann der vorſitzende catholiſche
Churfuͤrſt noch eine uͤberzehlige Stimme fuͤhren ſoll-
te. (Dieſer Fall wuͤrde noch immer moͤglich ge-
blieben ſeyn, wenn nicht in der Folge auch die Her-
ren von der Zweybruͤckiſchen und Birkenfeldiſchen
Linie, auf welche die Succeſſion in der Chur Pfalz
noch fallen koͤnnte, ſich von der evangeliſchen zur
catholiſchen Religion gewandt haͤtten.)
X.
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