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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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IX. Leop. u. Joseph I. 1657-1711.
Der ganze Reichstag bekam also unvermerkt die
Gestalt eines Congresses von lauter Gesandten, in
großer Aehnlichkeit mit einem Friedenscongresse,
den mehrere Mächte durch ihre Gesandten be-
schicken. In anderem Betrachte ließ er sich auch
mit einem Congresse vergleichen, der im Namen
mehrerer auf beständig verbündeter Staaten gehal-
ten wird, wie in der Schweiz, und in den verei-
nigten Niederlanden, oder jetzt auch in Nordame-
rica etwas ähnliches ist; nur daß hier die Ver-
sammlung unter dem Ansehen eines gemeinsamen
höchsten Oberhaupts geschieht, daß aber auch nicht
bloß Abgeordnete, als bevollmächtigte von ihren
Principalen abhangende Repräsentanten, hier er-
scheinen, wie allenfalls bey uns nur in Ansehung
der Reichsstädte der Fall ist; sondern so, daß ein
jedes Mitglied der beiden höheren Reichscollegien
selbst ein wahrer Beherrscher des Staates ist, von
dessen wegen er durch seinen Gesandten die Stim-
me nur nach seiner eignen Vorschrift ablegen läßt.


IX.

Die Churfürsten haben nun gar bey der
Reichsversammlung, wie sie es bey Kaiser- und
Römischen Königswahlen gewohnt sind, ihre Co-
mitialgesandten zu förmlichen Botschaftern (Am-
bassadeurs
oder Gesandten vom ersten Range
erkläret, so daß dieselben sich unter einander den
Excellenztitel und alle unter Botschaftern unab-
hängiger Mächte gewöhnliche Ehrenbezeigungen
gegenseitig erwiedern, auch solche von jeden anderen
erwarten, ohne sie doch den fürstlichen Gesandten
zurück zu geben. Diese Vorzüge hatten sie in den
ersten Jahren des gegenwärtigen Reichstages auch
würklich schon in Besitz, so daß alle fürstliche Ge-

sand-

IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711.
Der ganze Reichstag bekam alſo unvermerkt die
Geſtalt eines Congreſſes von lauter Geſandten, in
großer Aehnlichkeit mit einem Friedenscongreſſe,
den mehrere Maͤchte durch ihre Geſandten be-
ſchicken. In anderem Betrachte ließ er ſich auch
mit einem Congreſſe vergleichen, der im Namen
mehrerer auf beſtaͤndig verbuͤndeter Staaten gehal-
ten wird, wie in der Schweiz, und in den verei-
nigten Niederlanden, oder jetzt auch in Nordame-
rica etwas aͤhnliches iſt; nur daß hier die Ver-
ſammlung unter dem Anſehen eines gemeinſamen
hoͤchſten Oberhaupts geſchieht, daß aber auch nicht
bloß Abgeordnete, als bevollmaͤchtigte von ihren
Principalen abhangende Repraͤſentanten, hier er-
ſcheinen, wie allenfalls bey uns nur in Anſehung
der Reichsſtaͤdte der Fall iſt; ſondern ſo, daß ein
jedes Mitglied der beiden hoͤheren Reichscollegien
ſelbſt ein wahrer Beherrſcher des Staates iſt, von
deſſen wegen er durch ſeinen Geſandten die Stim-
me nur nach ſeiner eignen Vorſchrift ablegen laͤßt.


IX.

Die Churfuͤrſten haben nun gar bey der
Reichsverſammlung, wie ſie es bey Kaiſer- und
Roͤmiſchen Koͤnigswahlen gewohnt ſind, ihre Co-
mitialgeſandten zu foͤrmlichen Botſchaftern (Am-
baſſadeurs
oder Geſandten vom erſten Range
erklaͤret, ſo daß dieſelben ſich unter einander den
Excellenztitel und alle unter Botſchaftern unab-
haͤngiger Maͤchte gewoͤhnliche Ehrenbezeigungen
gegenſeitig erwiedern, auch ſolche von jeden anderen
erwarten, ohne ſie doch den fuͤrſtlichen Geſandten
zuruͤck zu geben. Dieſe Vorzuͤge hatten ſie in den
erſten Jahren des gegenwaͤrtigen Reichstages auch
wuͤrklich ſchon in Beſitz, ſo daß alle fuͤrſtliche Ge-

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[262/0304] IX. Leop. u. Joſeph I. 1657-1711. Der ganze Reichstag bekam alſo unvermerkt die Geſtalt eines Congreſſes von lauter Geſandten, in großer Aehnlichkeit mit einem Friedenscongreſſe, den mehrere Maͤchte durch ihre Geſandten be- ſchicken. In anderem Betrachte ließ er ſich auch mit einem Congreſſe vergleichen, der im Namen mehrerer auf beſtaͤndig verbuͤndeter Staaten gehal- ten wird, wie in der Schweiz, und in den verei- nigten Niederlanden, oder jetzt auch in Nordame- rica etwas aͤhnliches iſt; nur daß hier die Ver- ſammlung unter dem Anſehen eines gemeinſamen hoͤchſten Oberhaupts geſchieht, daß aber auch nicht bloß Abgeordnete, als bevollmaͤchtigte von ihren Principalen abhangende Repraͤſentanten, hier er- ſcheinen, wie allenfalls bey uns nur in Anſehung der Reichsſtaͤdte der Fall iſt; ſondern ſo, daß ein jedes Mitglied der beiden hoͤheren Reichscollegien ſelbſt ein wahrer Beherrſcher des Staates iſt, von deſſen wegen er durch ſeinen Geſandten die Stim- me nur nach ſeiner eignen Vorſchrift ablegen laͤßt. Die Churfuͤrſten haben nun gar bey der Reichsverſammlung, wie ſie es bey Kaiſer- und Roͤmiſchen Koͤnigswahlen gewohnt ſind, ihre Co- mitialgeſandten zu foͤrmlichen Botſchaftern (Am- baſſadeurs oder Geſandten vom erſten Range erklaͤret, ſo daß dieſelben ſich unter einander den Excellenztitel und alle unter Botſchaftern unab- haͤngiger Maͤchte gewoͤhnliche Ehrenbezeigungen gegenſeitig erwiedern, auch ſolche von jeden anderen erwarten, ohne ſie doch den fuͤrſtlichen Geſandten zuruͤck zu geben. Dieſe Vorzuͤge hatten ſie in den erſten Jahren des gegenwaͤrtigen Reichstages auch wuͤrklich ſchon in Beſitz, ſo daß alle fuͤrſtliche Ge- ſand-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/304>, abgerufen am 23.11.2024.