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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VIII. Folgen d. Westph. Fr. 1648-1657.

XII.

Ahmten aber so die größeren altfürstlichen
Häuser den churfürstlichen nach, so merkte man
bald, daß auch die geistlichen Fürsten nicht zurück-
bleiben wollten. Auch mindermächtige altfürstliche
Häuser thaten ein Gleiches. Denen folgten wie-
der neufürstliche Häuser, diesen die Reichsgrafen;
endlich fehlte nicht viel, daß nicht auch Reichs-
prälaten und Reichsritter an diesem Geiste der
Nacheiferungssucht Theil nahmen. So kam es
beynahe dahin, wie der erhabene Verfasser des An-
timachiavells die Beschreibung davon macht, daß
kaum ein Ländchen in Teutschland übrig blieb, dessen
regierender Herr sich nicht dünkte, etwas ähnliches
von Ludewig dem XIV. zu seyn, sein Versailles
zu bauen, Mätressen und Soldaten zu halten (x).



Noch
in Chargen und Titeln den churfürstlichen sich gleich
zu halten. Zu dem Ende sey den Premiermini-
stern und würklichen geheimen Räthen der Titel
Excellenz, wie bey den churfürstlichen Höfen, zu
geben. Und weil die Churfürsten auch eine beson-
dere Prärogativ durch die Cammerherren suchten,
da doch erst vor 30. Jahren diese Chargen bey den
Churfürsten angefangen, nachdem sie vorher nur
an kaiser- und königlichen Höfen gewesen; so hät-
ten die Reichsfürsten auch dergleichen Chargen an
ihren Höfen einzuführen, "zumal da es keine wei-
"tere Spesen oder Unkosten verursache, sondern
"an statt des Cammerjunkers der Titel Cammer-
"herr gegeben werden könne." Doch sey darauf
zu sehen, daß er nur solchen Personen gegeben
werde, die nicht geringer, als Räthe, General-
wachtmeister oder Obersten, im Range ständen,
damit sie an churfürstlichen Höfen oder an dritten
Orten keine Schwierigkeit finden möchten. Mosers
Staatsrecht Th. 35. S. 484.
(x) Antimachiavel chap. 10.
VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.

XII.

Ahmten aber ſo die groͤßeren altfuͤrſtlichen
Haͤuſer den churfuͤrſtlichen nach, ſo merkte man
bald, daß auch die geiſtlichen Fuͤrſten nicht zuruͤck-
bleiben wollten. Auch mindermaͤchtige altfuͤrſtliche
Haͤuſer thaten ein Gleiches. Denen folgten wie-
der neufuͤrſtliche Haͤuſer, dieſen die Reichsgrafen;
endlich fehlte nicht viel, daß nicht auch Reichs-
praͤlaten und Reichsritter an dieſem Geiſte der
Nacheiferungsſucht Theil nahmen. So kam es
beynahe dahin, wie der erhabene Verfaſſer des An-
timachiavells die Beſchreibung davon macht, daß
kaum ein Laͤndchen in Teutſchland uͤbrig blieb, deſſen
regierender Herr ſich nicht duͤnkte, etwas aͤhnliches
von Ludewig dem XIV. zu ſeyn, ſein Verſailles
zu bauen, Maͤtreſſen und Soldaten zu halten (x).



Noch
in Chargen und Titeln den churfuͤrſtlichen ſich gleich
zu halten. Zu dem Ende ſey den Premiermini-
ſtern und wuͤrklichen geheimen Raͤthen der Titel
Excellenz, wie bey den churfuͤrſtlichen Hoͤfen, zu
geben. Und weil die Churfuͤrſten auch eine beſon-
dere Praͤrogativ durch die Cammerherren ſuchten,
da doch erſt vor 30. Jahren dieſe Chargen bey den
Churfuͤrſten angefangen, nachdem ſie vorher nur
an kaiſer- und koͤniglichen Hoͤfen geweſen; ſo haͤt-
ten die Reichsfuͤrſten auch dergleichen Chargen an
ihren Hoͤfen einzufuͤhren, ”zumal da es keine wei-
„tere Speſen oder Unkoſten verurſache, ſondern
„an ſtatt des Cammerjunkers der Titel Cammer-
„herr gegeben werden koͤnne.” Doch ſey darauf
zu ſehen, daß er nur ſolchen Perſonen gegeben
werde, die nicht geringer, als Raͤthe, General-
wachtmeiſter oder Oberſten, im Range ſtaͤnden,
damit ſie an churfuͤrſtlichen Hoͤfen oder an dritten
Orten keine Schwierigkeit finden moͤchten. Moſers
Staatsrecht Th. 35. S. 484.
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[192/0234] VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657. Ahmten aber ſo die groͤßeren altfuͤrſtlichen Haͤuſer den churfuͤrſtlichen nach, ſo merkte man bald, daß auch die geiſtlichen Fuͤrſten nicht zuruͤck- bleiben wollten. Auch mindermaͤchtige altfuͤrſtliche Haͤuſer thaten ein Gleiches. Denen folgten wie- der neufuͤrſtliche Haͤuſer, dieſen die Reichsgrafen; endlich fehlte nicht viel, daß nicht auch Reichs- praͤlaten und Reichsritter an dieſem Geiſte der Nacheiferungsſucht Theil nahmen. So kam es beynahe dahin, wie der erhabene Verfaſſer des An- timachiavells die Beſchreibung davon macht, daß kaum ein Laͤndchen in Teutſchland uͤbrig blieb, deſſen regierender Herr ſich nicht duͤnkte, etwas aͤhnliches von Ludewig dem XIV. zu ſeyn, ſein Verſailles zu bauen, Maͤtreſſen und Soldaten zu halten (x). Noch (w) (x) Antimachiavel chap. 10. (w) in Chargen und Titeln den churfuͤrſtlichen ſich gleich zu halten. Zu dem Ende ſey den Premiermini- ſtern und wuͤrklichen geheimen Raͤthen der Titel Excellenz, wie bey den churfuͤrſtlichen Hoͤfen, zu geben. Und weil die Churfuͤrſten auch eine beſon- dere Praͤrogativ durch die Cammerherren ſuchten, da doch erſt vor 30. Jahren dieſe Chargen bey den Churfuͤrſten angefangen, nachdem ſie vorher nur an kaiſer- und koͤniglichen Hoͤfen geweſen; ſo haͤt- ten die Reichsfuͤrſten auch dergleichen Chargen an ihren Hoͤfen einzufuͤhren, ”zumal da es keine wei- „tere Speſen oder Unkoſten verurſache, ſondern „an ſtatt des Cammerjunkers der Titel Cammer- „herr gegeben werden koͤnne.” Doch ſey darauf zu ſehen, daß er nur ſolchen Perſonen gegeben werde, die nicht geringer, als Raͤthe, General- wachtmeiſter oder Oberſten, im Range ſtaͤnden, damit ſie an churfuͤrſtlichen Hoͤfen oder an dritten Orten keine Schwierigkeit finden moͤchten. Moſers Staatsrecht Th. 35. S. 484.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/234>, abgerufen am 28.11.2024.