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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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4) Einige Eigenheiten der T. Verf.
churfürstlichen Gesandten gestattet, noch der Vor-
wand, als wären die Republiken für gekrönte
Häupter, und also denselben in Würden gleich zu
halten, geachtet werden sollte. Nur gekrönter
Könige, oder königlicher Wittwen und zur Regie-
rung bestimmter Pupillen Botschafter sollten chur-
fürstlichen Gesandten, diese aber aller auswärtigen
Republiken Gesandten, und auch den Fürsten in
Person ohne Unterschied vorgehen. Die dawider
ehedem ertheilten kaiserlichen Decrete (insonderheit,
wie hernach 1658. namentlich hinzugefügt wurde,
das von 1636.) sollten abgestellt und kraftlos seyn.
In der Folge haben sie über dieses Vorrecht (1671.
Aug. 24.) noch einen besonderen Vertrag unter
sich geschlossen, und in den neueren Wahlcapitu-
lationen (1711. u. f.) noch deutlicher bestimmt,
daß ihren Gesandten vom ersten Range, es mögen
auch deren mehr, als einer, seyn, allen und jeden
gleiche honores, in allem, wie den königlichen
Gesandten gegeben werden sollen. So behaupten
demnach die Churfürsten bis auf den heutigen Tag,
den Königen gleich gehalten zu werden.

Zu Begründung dieses Vorrechts beziehen sieIX.
sich auf eine uralte von etlichen hundert Jahren
her fortgesetzte Observanz, vermöge deren sie weder
am kaiserlichen noch an anderen Höfen niemals
anderen als gekrönten Häuptern oder königlichen
Wittwen und zur Regierung bestimmten Pupillen
gewichen seyen, sondern jederzeit gleich nach den-
selben sowohl in Person als durch ihre Gesandten
ihre Ehrenstelle genommen und hergebracht hätten.
Freylich schien ihnen der Umstand entgegen zu
stehen, daß sie doch nicht so, wie Könige und freye

Re-

4) Einige Eigenheiten der T. Verf.
churfuͤrſtlichen Geſandten geſtattet, noch der Vor-
wand, als waͤren die Republiken fuͤr gekroͤnte
Haͤupter, und alſo denſelben in Wuͤrden gleich zu
halten, geachtet werden ſollte. Nur gekroͤnter
Koͤnige, oder koͤniglicher Wittwen und zur Regie-
rung beſtimmter Pupillen Botſchafter ſollten chur-
fuͤrſtlichen Geſandten, dieſe aber aller auswaͤrtigen
Republiken Geſandten, und auch den Fuͤrſten in
Perſon ohne Unterſchied vorgehen. Die dawider
ehedem ertheilten kaiſerlichen Decrete (inſonderheit,
wie hernach 1658. namentlich hinzugefuͤgt wurde,
das von 1636.) ſollten abgeſtellt und kraftlos ſeyn.
In der Folge haben ſie uͤber dieſes Vorrecht (1671.
Aug. 24.) noch einen beſonderen Vertrag unter
ſich geſchloſſen, und in den neueren Wahlcapitu-
lationen (1711. u. f.) noch deutlicher beſtimmt,
daß ihren Geſandten vom erſten Range, es moͤgen
auch deren mehr, als einer, ſeyn, allen und jeden
gleiche honores, in allem, wie den koͤniglichen
Geſandten gegeben werden ſollen. So behaupten
demnach die Churfuͤrſten bis auf den heutigen Tag,
den Koͤnigen gleich gehalten zu werden.

Zu Begruͤndung dieſes Vorrechts beziehen ſieIX.
ſich auf eine uralte von etlichen hundert Jahren
her fortgeſetzte Obſervanz, vermoͤge deren ſie weder
am kaiſerlichen noch an anderen Hoͤfen niemals
anderen als gekroͤnten Haͤuptern oder koͤniglichen
Wittwen und zur Regierung beſtimmten Pupillen
gewichen ſeyen, ſondern jederzeit gleich nach den-
ſelben ſowohl in Perſon als durch ihre Geſandten
ihre Ehrenſtelle genommen und hergebracht haͤtten.
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ſtehen, daß ſie doch nicht ſo, wie Koͤnige und freye

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[189/0231] 4) Einige Eigenheiten der T. Verf. churfuͤrſtlichen Geſandten geſtattet, noch der Vor- wand, als waͤren die Republiken fuͤr gekroͤnte Haͤupter, und alſo denſelben in Wuͤrden gleich zu halten, geachtet werden ſollte. Nur gekroͤnter Koͤnige, oder koͤniglicher Wittwen und zur Regie- rung beſtimmter Pupillen Botſchafter ſollten chur- fuͤrſtlichen Geſandten, dieſe aber aller auswaͤrtigen Republiken Geſandten, und auch den Fuͤrſten in Perſon ohne Unterſchied vorgehen. Die dawider ehedem ertheilten kaiſerlichen Decrete (inſonderheit, wie hernach 1658. namentlich hinzugefuͤgt wurde, das von 1636.) ſollten abgeſtellt und kraftlos ſeyn. In der Folge haben ſie uͤber dieſes Vorrecht (1671. Aug. 24.) noch einen beſonderen Vertrag unter ſich geſchloſſen, und in den neueren Wahlcapitu- lationen (1711. u. f.) noch deutlicher beſtimmt, daß ihren Geſandten vom erſten Range, es moͤgen auch deren mehr, als einer, ſeyn, allen und jeden gleiche honores, in allem, wie den koͤniglichen Geſandten gegeben werden ſollen. So behaupten demnach die Churfuͤrſten bis auf den heutigen Tag, den Koͤnigen gleich gehalten zu werden. Zu Begruͤndung dieſes Vorrechts beziehen ſie ſich auf eine uralte von etlichen hundert Jahren her fortgeſetzte Obſervanz, vermoͤge deren ſie weder am kaiſerlichen noch an anderen Hoͤfen niemals anderen als gekroͤnten Haͤuptern oder koͤniglichen Wittwen und zur Regierung beſtimmten Pupillen gewichen ſeyen, ſondern jederzeit gleich nach den- ſelben ſowohl in Perſon als durch ihre Geſandten ihre Ehrenſtelle genommen und hergebracht haͤtten. Freylich ſchien ihnen der Umſtand entgegen zu ſtehen, daß ſie doch nicht ſo, wie Koͤnige und freye Re- IX.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/231>, abgerufen am 28.11.2024.