pitel und dem Hause Braunschweig errichtet wer- den sollte; wie auch geschehen ist. So wenig läßt sich überhaupt bezweiflen, daß nicht alle bi- schöfliche Wahlcapitulationen verworfen werden können.
III.
Auch diese besondere Aehnlichkeit zeigt sich hier noch mit der Reichsverfassung, daß, wenn nicht zum voraus ein Nachfolger, wie für das Teutsche Reich ein Römischer König, so hier ein Coadjutor gewehlt ist, ein Interregnum, oder, wie es hier heißt, eine Sedisvacanz entsteht, und alsdann eine Interimsregierung, wie dort von Reichsvicarien, so hier vom Domcapitel eintritt. Ein solch regierendes Domcapitel, wie es als- dann genannt wird, hat aber, so lange die Se- disvacanz währet, die ganze Regierung zu führen und alle Hoheitsrechte, selbst mit Inbegriff des Stimmrechts auf reichsständischen Versammlungen auszuüben; außer daß den Domcapiteln der geist- lichen Churfürsten die Theilnehmung an Kaiser- und Römischen Königswahlen, und dem Chur- mainzischen insonderheit das Directorium auf dem Reichstage und unter den Churfürsten bestritten wird.
IV.
Solche Domcapitelische Regierungen geben als- dann (damit es der Teutschen Verfassung an kei- ner Gattung fast nur erdenklicher Mannigfaltig- keiten von Regierungsformen fehle,) ein völliges Beyspiel wahrer aristocratischer Regierungen ganzer Länder ab. Natürlicher weise hat es auch nicht an Veranlaßungen gefehlt, dafür zu sorgen, daß nicht Mängel und Versuchungen, worin Ari-
stocra-
VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
pitel und dem Hauſe Braunſchweig errichtet wer- den ſollte; wie auch geſchehen iſt. So wenig laͤßt ſich uͤberhaupt bezweiflen, daß nicht alle bi- ſchoͤfliche Wahlcapitulationen verworfen werden koͤnnen.
III.
Auch dieſe beſondere Aehnlichkeit zeigt ſich hier noch mit der Reichsverfaſſung, daß, wenn nicht zum voraus ein Nachfolger, wie fuͤr das Teutſche Reich ein Roͤmiſcher Koͤnig, ſo hier ein Coadjutor gewehlt iſt, ein Interregnum, oder, wie es hier heißt, eine Sedisvacanz entſteht, und alsdann eine Interimsregierung, wie dort von Reichsvicarien, ſo hier vom Domcapitel eintritt. Ein ſolch regierendes Domcapitel, wie es als- dann genannt wird, hat aber, ſo lange die Se- disvacanz waͤhret, die ganze Regierung zu fuͤhren und alle Hoheitsrechte, ſelbſt mit Inbegriff des Stimmrechts auf reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen auszuuͤben; außer daß den Domcapiteln der geiſt- lichen Churfuͤrſten die Theilnehmung an Kaiſer- und Roͤmiſchen Koͤnigswahlen, und dem Chur- mainziſchen inſonderheit das Directorium auf dem Reichstage und unter den Churfuͤrſten beſtritten wird.
IV.
Solche Domcapiteliſche Regierungen geben als- dann (damit es der Teutſchen Verfaſſung an kei- ner Gattung faſt nur erdenklicher Mannigfaltig- keiten von Regierungsformen fehle,) ein voͤlliges Beyſpiel wahrer ariſtocratiſcher Regierungen ganzer Laͤnder ab. Natuͤrlicher weiſe hat es auch nicht an Veranlaßungen gefehlt, dafuͤr zu ſorgen, daß nicht Maͤngel und Verſuchungen, worin Ari-
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VIII. Folgen d. Weſtph. Fr. 1648-1657.
pitel und dem Hauſe Braunſchweig errichtet wer-
den ſollte; wie auch geſchehen iſt. So wenig
laͤßt ſich uͤberhaupt bezweiflen, daß nicht alle bi-
ſchoͤfliche Wahlcapitulationen verworfen werden
koͤnnen.
Auch dieſe beſondere Aehnlichkeit zeigt ſich
hier noch mit der Reichsverfaſſung, daß, wenn
nicht zum voraus ein Nachfolger, wie fuͤr das
Teutſche Reich ein Roͤmiſcher Koͤnig, ſo hier ein
Coadjutor gewehlt iſt, ein Interregnum, oder,
wie es hier heißt, eine Sedisvacanz entſteht,
und alsdann eine Interimsregierung, wie dort von
Reichsvicarien, ſo hier vom Domcapitel eintritt.
Ein ſolch regierendes Domcapitel, wie es als-
dann genannt wird, hat aber, ſo lange die Se-
disvacanz waͤhret, die ganze Regierung zu fuͤhren
und alle Hoheitsrechte, ſelbſt mit Inbegriff des
Stimmrechts auf reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen
auszuuͤben; außer daß den Domcapiteln der geiſt-
lichen Churfuͤrſten die Theilnehmung an Kaiſer-
und Roͤmiſchen Koͤnigswahlen, und dem Chur-
mainziſchen inſonderheit das Directorium auf dem
Reichstage und unter den Churfuͤrſten beſtritten
wird.
Solche Domcapiteliſche Regierungen geben als-
dann (damit es der Teutſchen Verfaſſung an kei-
ner Gattung faſt nur erdenklicher Mannigfaltig-
keiten von Regierungsformen fehle,) ein voͤlliges
Beyſpiel wahrer ariſtocratiſcher Regierungen
ganzer Laͤnder ab. Natuͤrlicher weiſe hat es auch
nicht an Veranlaßungen gefehlt, dafuͤr zu ſorgen,
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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