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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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9) Sachen an Reichst. verwiesen.
unterschrieben und besiegelt. Was hier der Aus-
fertigung einer so wichtigen Urkunde an Feierlich-
keit abzugehen scheint, ward durch jene persönliche
Feierlichkeit, wenn Mitglieder aller drey Reichs-
collegien das Reichsgutachten selbst überreichten,
hinlänglich ersetzt. Aber wenn nun Churmainz im
Reichsgutachten allein die Feder führt, und also bei-
des die Ausfertigung und feierliche Ueberbringung
desselben jetzt allein in seiner Gewalt hat; sollten sich
da nicht zu Zeiten bedenkliche Umstände ereignen
können? -- Mich dünkt, das könnte wohl pa-
triotische Wünsche veranlaßen, daß die außerordent-
lichen Comitialdeputationen auf einen gewissen Fuß
kommen möchten. Wenn außerhalb des Reichs-
tages außerordentliche Deputationen zu ernennen
sind, wird ein beständiges Deputationsrecht weni-
ger eingeräumt, sondern jede Deputation nach
den Umständen ernannt.

Nebst der Materie von Reichsdeputationen ge-XIII.
dachte endlich der Westphälische Friede auch noch der
Directorien der reichsständischen Versammlun-
gen,
wovon ebenfalls auf dem nächsten Reichs-
tage gehandelt werden sollte. Es hatte nehmlich
in allen reichsständischen Versammlungen von ih-
rem ersten Ursprunge her sich meist von selbsten
ergeben, daß, wenn eine gewisse Ordnung in den
Geschäfften und Berathschlagungen herrschen sollte,
doch einer zuerst das Wort führen, einen Vortrag
thun, andere zu Ablegung ihrer Stimmen darüber
veranlaßen, und die Stimmen nach ihrer Gleich-
förmigkeit oder Mehrheit zu einem gewissen Schlusse
sammlen mußte. Kurz jede collegialische Berath-

schla-
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. J

9) Sachen an Reichst. verwieſen.
unterſchrieben und beſiegelt. Was hier der Aus-
fertigung einer ſo wichtigen Urkunde an Feierlich-
keit abzugehen ſcheint, ward durch jene perſoͤnliche
Feierlichkeit, wenn Mitglieder aller drey Reichs-
collegien das Reichsgutachten ſelbſt uͤberreichten,
hinlaͤnglich erſetzt. Aber wenn nun Churmainz im
Reichsgutachten allein die Feder fuͤhrt, und alſo bei-
des die Ausfertigung und feierliche Ueberbringung
deſſelben jetzt allein in ſeiner Gewalt hat; ſollten ſich
da nicht zu Zeiten bedenkliche Umſtaͤnde ereignen
koͤnnen? — Mich duͤnkt, das koͤnnte wohl pa-
triotiſche Wuͤnſche veranlaßen, daß die außerordent-
lichen Comitialdeputationen auf einen gewiſſen Fuß
kommen moͤchten. Wenn außerhalb des Reichs-
tages außerordentliche Deputationen zu ernennen
ſind, wird ein beſtaͤndiges Deputationsrecht weni-
ger eingeraͤumt, ſondern jede Deputation nach
den Umſtaͤnden ernannt.

Nebſt der Materie von Reichsdeputationen ge-XIII.
dachte endlich der Weſtphaͤliſche Friede auch noch der
Directorien der reichsſtaͤndiſchen Verſammlun-
gen,
wovon ebenfalls auf dem naͤchſten Reichs-
tage gehandelt werden ſollte. Es hatte nehmlich
in allen reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen von ih-
rem erſten Urſprunge her ſich meiſt von ſelbſten
ergeben, daß, wenn eine gewiſſe Ordnung in den
Geſchaͤfften und Berathſchlagungen herrſchen ſollte,
doch einer zuerſt das Wort fuͤhren, einen Vortrag
thun, andere zu Ablegung ihrer Stimmen daruͤber
veranlaßen, und die Stimmen nach ihrer Gleich-
foͤrmigkeit oder Mehrheit zu einem gewiſſen Schluſſe
ſammlen mußte. Kurz jede collegialiſche Berath-

ſchla-
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. J
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[129/0171] 9) Sachen an Reichst. verwieſen. unterſchrieben und beſiegelt. Was hier der Aus- fertigung einer ſo wichtigen Urkunde an Feierlich- keit abzugehen ſcheint, ward durch jene perſoͤnliche Feierlichkeit, wenn Mitglieder aller drey Reichs- collegien das Reichsgutachten ſelbſt uͤberreichten, hinlaͤnglich erſetzt. Aber wenn nun Churmainz im Reichsgutachten allein die Feder fuͤhrt, und alſo bei- des die Ausfertigung und feierliche Ueberbringung deſſelben jetzt allein in ſeiner Gewalt hat; ſollten ſich da nicht zu Zeiten bedenkliche Umſtaͤnde ereignen koͤnnen? — Mich duͤnkt, das koͤnnte wohl pa- triotiſche Wuͤnſche veranlaßen, daß die außerordent- lichen Comitialdeputationen auf einen gewiſſen Fuß kommen moͤchten. Wenn außerhalb des Reichs- tages außerordentliche Deputationen zu ernennen ſind, wird ein beſtaͤndiges Deputationsrecht weni- ger eingeraͤumt, ſondern jede Deputation nach den Umſtaͤnden ernannt. Nebſt der Materie von Reichsdeputationen ge- dachte endlich der Weſtphaͤliſche Friede auch noch der Directorien der reichsſtaͤndiſchen Verſammlun- gen, wovon ebenfalls auf dem naͤchſten Reichs- tage gehandelt werden ſollte. Es hatte nehmlich in allen reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen von ih- rem erſten Urſprunge her ſich meiſt von ſelbſten ergeben, daß, wenn eine gewiſſe Ordnung in den Geſchaͤfften und Berathſchlagungen herrſchen ſollte, doch einer zuerſt das Wort fuͤhren, einen Vortrag thun, andere zu Ablegung ihrer Stimmen daruͤber veranlaßen, und die Stimmen nach ihrer Gleich- foͤrmigkeit oder Mehrheit zu einem gewiſſen Schluſſe ſammlen mußte. Kurz jede collegialiſche Berath- ſchla- XIII. P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. J

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/171>, abgerufen am 22.11.2024.