meiniglich erst mehrere Jahre vorher selbst Reichs- hofräthe gewesen, also schon in Relationen und Stimmengeben geübt und geprüfet worden. Und von der Cammergerichtsordnung kann allenfalls beym Reichshofrathe, aber nicht von der Reichs- hofrathsordnung beym Cammergerichte Gebrauch gemacht werden.
VII.
Wenn auch ohne alle Rücksicht auf die Reli- gion z. B. zwey catholische Churfürsten, wie die von Cölln und Pfalz vor einigen Jahren wegen des Licents zu Kaiserswerth beynahe in dem Falle waren, eine am Cammergerichte in gleiche Stim- men verfallene Rechtssache hätten; würde doch wohl sehr zu zweiflen seyn, ob sie es gerathen fin- den möchten, die Entscheidung derselben bloß auf die Person des Cammerrichters ankommen zu laßen. Zwischen verschiedenen Religionsverwandten würde es freylich noch mehr Bedenken haben. Wenn auch ein Cammerrichter einmal die nöthige Ge- lehrsamkeit und andere erforderliche Eigenschaften dazu hat; so würde doch für die Zukunft die Sache nie gesichert seyn, da hier von der Stelle eines Cammerrichters überhaupt die Rede ist, und von den Eigenschaften, die gesetzmäßig damit ver- bunden erwartet werden können.
VIII.
Noch ist in dieser Stelle des Westphälischen Friedens eine Verordnung enthalten, die zu erken- nen gibt, daß auch bey Reichsgerichten, wenn deren Mitglieder nach den beiden Religionen zweyerley Meynungen behaupten, nicht die Mehr- heit der Stimmen entscheiden, sondern die Sache an den Reichstag verwiesen werden soll. Hier
wird
VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
meiniglich erſt mehrere Jahre vorher ſelbſt Reichs- hofraͤthe geweſen, alſo ſchon in Relationen und Stimmengeben geuͤbt und gepruͤfet worden. Und von der Cammergerichtsordnung kann allenfalls beym Reichshofrathe, aber nicht von der Reichs- hofrathsordnung beym Cammergerichte Gebrauch gemacht werden.
VII.
Wenn auch ohne alle Ruͤckſicht auf die Reli- gion z. B. zwey catholiſche Churfuͤrſten, wie die von Coͤlln und Pfalz vor einigen Jahren wegen des Licents zu Kaiſerswerth beynahe in dem Falle waren, eine am Cammergerichte in gleiche Stim- men verfallene Rechtsſache haͤtten; wuͤrde doch wohl ſehr zu zweiflen ſeyn, ob ſie es gerathen fin- den moͤchten, die Entſcheidung derſelben bloß auf die Perſon des Cammerrichters ankommen zu laßen. Zwiſchen verſchiedenen Religionsverwandten wuͤrde es freylich noch mehr Bedenken haben. Wenn auch ein Cammerrichter einmal die noͤthige Ge- lehrſamkeit und andere erforderliche Eigenſchaften dazu hat; ſo wuͤrde doch fuͤr die Zukunft die Sache nie geſichert ſeyn, da hier von der Stelle eines Cammerrichters uͤberhaupt die Rede iſt, und von den Eigenſchaften, die geſetzmaͤßig damit ver- bunden erwartet werden koͤnnen.
VIII.
Noch iſt in dieſer Stelle des Weſtphaͤliſchen Friedens eine Verordnung enthalten, die zu erken- nen gibt, daß auch bey Reichsgerichten, wenn deren Mitglieder nach den beiden Religionen zweyerley Meynungen behaupten, nicht die Mehr- heit der Stimmen entſcheiden, ſondern die Sache an den Reichstag verwieſen werden ſoll. Hier
wird
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VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
meiniglich erſt mehrere Jahre vorher ſelbſt Reichs-
hofraͤthe geweſen, alſo ſchon in Relationen und
Stimmengeben geuͤbt und gepruͤfet worden. Und
von der Cammergerichtsordnung kann allenfalls
beym Reichshofrathe, aber nicht von der Reichs-
hofrathsordnung beym Cammergerichte Gebrauch
gemacht werden.
Wenn auch ohne alle Ruͤckſicht auf die Reli-
gion z. B. zwey catholiſche Churfuͤrſten, wie die
von Coͤlln und Pfalz vor einigen Jahren wegen
des Licents zu Kaiſerswerth beynahe in dem Falle
waren, eine am Cammergerichte in gleiche Stim-
men verfallene Rechtsſache haͤtten; wuͤrde doch
wohl ſehr zu zweiflen ſeyn, ob ſie es gerathen fin-
den moͤchten, die Entſcheidung derſelben bloß auf
die Perſon des Cammerrichters ankommen zu laßen.
Zwiſchen verſchiedenen Religionsverwandten wuͤrde
es freylich noch mehr Bedenken haben. Wenn
auch ein Cammerrichter einmal die noͤthige Ge-
lehrſamkeit und andere erforderliche Eigenſchaften
dazu hat; ſo wuͤrde doch fuͤr die Zukunft die
Sache nie geſichert ſeyn, da hier von der Stelle
eines Cammerrichters uͤberhaupt die Rede iſt, und
von den Eigenſchaften, die geſetzmaͤßig damit ver-
bunden erwartet werden koͤnnen.
Noch iſt in dieſer Stelle des Weſtphaͤliſchen
Friedens eine Verordnung enthalten, die zu erken-
nen gibt, daß auch bey Reichsgerichten, wenn
deren Mitglieder nach den beiden Religionen
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heit der Stimmen entſcheiden, ſondern die Sache
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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