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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
zu Mainz seinen metropolitischen Sitz bestimmte.
Doch zum Glück für Pipin gieng sein älterer Bru-
der Carlmann selbst ins Kloster; und nun fand
Pipin bald Mittel und Wege, das so lange vor
Augen gehabte Ziel zu erreichen.


XIX.

Die größte Schwierigkeit schien nur noch darin
zu bestehen, daß die Nation doch dem Könige gehul-
diget hatte, und daher selbst im Gewissen einen
Anstand finden möchte, ihn zu verlaßen. In
Gewissenssachen war man aber schon gewohnt,
daß Bonifaz sich von Rom aus Raths erholte.
Es wurden deswegen zwey Prälaten, (ein Teut-
scher und ein Französischer, der Bischof Burchard
von Würzburg, und der Abt Fulrad von St. De-
nis,) nach Rom geschickt, um dem Pabste Zacharias
die Frage vorzulegen: ob es nicht recht und billig
sey, daß demjenigen, der die Regierung eines Vol-
kes würklich führe, und dem das Volk seine Er-
haltung und Wohlfahrt zu danken habe, auch der
königliche Titel gegeben werde; oder ob derselbe
demjenigen zu laßen sey, der zwar bisher den
Namen, aber nicht die That gehabt habe?


XX.

Die Anstalt war ohne Zweifel schon zum vor-
aus so getroffen, daß diese Botschaft zurückkam,
752als eben im Jahre 752. eine Reichsversammlung
zu Soissons im Werke war. Hier wurde der
päbstliche Ausspruch, wie er nach Pipins Wunsch
ausfiel, gleich öffentlich bekannt gemacht. Und
so wie David ehedem statt Sauls vom Propheten
Samuel gesalbet war, so salbte und krönte jetzt
Bonifaz in Beyseyn der übrigen Bischöfe Pipin
statt Childerichs, der nebst seinem Sohne in ein
Kloster gesteckt wurde. So kam die große Revo-

lution,

I. Alte Zeiten bis 888.
zu Mainz ſeinen metropolitiſchen Sitz beſtimmte.
Doch zum Gluͤck fuͤr Pipin gieng ſein aͤlterer Bru-
der Carlmann ſelbſt ins Kloſter; und nun fand
Pipin bald Mittel und Wege, das ſo lange vor
Augen gehabte Ziel zu erreichen.


XIX.

Die groͤßte Schwierigkeit ſchien nur noch darin
zu beſtehen, daß die Nation doch dem Koͤnige gehul-
diget hatte, und daher ſelbſt im Gewiſſen einen
Anſtand finden moͤchte, ihn zu verlaßen. In
Gewiſſensſachen war man aber ſchon gewohnt,
daß Bonifaz ſich von Rom aus Raths erholte.
Es wurden deswegen zwey Praͤlaten, (ein Teut-
ſcher und ein Franzoͤſiſcher, der Biſchof Burchard
von Wuͤrzburg, und der Abt Fulrad von St. De-
nis,) nach Rom geſchickt, um dem Pabſte Zacharias
die Frage vorzulegen: ob es nicht recht und billig
ſey, daß demjenigen, der die Regierung eines Vol-
kes wuͤrklich fuͤhre, und dem das Volk ſeine Er-
haltung und Wohlfahrt zu danken habe, auch der
koͤnigliche Titel gegeben werde; oder ob derſelbe
demjenigen zu laßen ſey, der zwar bisher den
Namen, aber nicht die That gehabt habe?


XX.

Die Anſtalt war ohne Zweifel ſchon zum vor-
aus ſo getroffen, daß dieſe Botſchaft zuruͤckkam,
752als eben im Jahre 752. eine Reichsverſammlung
zu Soiſſons im Werke war. Hier wurde der
paͤbſtliche Ausſpruch, wie er nach Pipins Wunſch
ausfiel, gleich oͤffentlich bekannt gemacht. Und
ſo wie David ehedem ſtatt Sauls vom Propheten
Samuel geſalbet war, ſo ſalbte und kroͤnte jetzt
Bonifaz in Beyſeyn der uͤbrigen Biſchoͤfe Pipin
ſtatt Childerichs, der nebſt ſeinem Sohne in ein
Kloſter geſteckt wurde. So kam die große Revo-

lution,
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[50/0084] I. Alte Zeiten bis 888. zu Mainz ſeinen metropolitiſchen Sitz beſtimmte. Doch zum Gluͤck fuͤr Pipin gieng ſein aͤlterer Bru- der Carlmann ſelbſt ins Kloſter; und nun fand Pipin bald Mittel und Wege, das ſo lange vor Augen gehabte Ziel zu erreichen. Die groͤßte Schwierigkeit ſchien nur noch darin zu beſtehen, daß die Nation doch dem Koͤnige gehul- diget hatte, und daher ſelbſt im Gewiſſen einen Anſtand finden moͤchte, ihn zu verlaßen. In Gewiſſensſachen war man aber ſchon gewohnt, daß Bonifaz ſich von Rom aus Raths erholte. Es wurden deswegen zwey Praͤlaten, (ein Teut- ſcher und ein Franzoͤſiſcher, der Biſchof Burchard von Wuͤrzburg, und der Abt Fulrad von St. De- nis,) nach Rom geſchickt, um dem Pabſte Zacharias die Frage vorzulegen: ob es nicht recht und billig ſey, daß demjenigen, der die Regierung eines Vol- kes wuͤrklich fuͤhre, und dem das Volk ſeine Er- haltung und Wohlfahrt zu danken habe, auch der koͤnigliche Titel gegeben werde; oder ob derſelbe demjenigen zu laßen ſey, der zwar bisher den Namen, aber nicht die That gehabt habe? Die Anſtalt war ohne Zweifel ſchon zum vor- aus ſo getroffen, daß dieſe Botſchaft zuruͤckkam, als eben im Jahre 752. eine Reichsverſammlung zu Soiſſons im Werke war. Hier wurde der paͤbſtliche Ausſpruch, wie er nach Pipins Wunſch ausfiel, gleich oͤffentlich bekannt gemacht. Und ſo wie David ehedem ſtatt Sauls vom Propheten Samuel geſalbet war, ſo ſalbte und kroͤnte jetzt Bonifaz in Beyſeyn der uͤbrigen Biſchoͤfe Pipin ſtatt Childerichs, der nebſt ſeinem Sohne in ein Kloſter geſteckt wurde. So kam die große Revo- lution, 752

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/84>, abgerufen am 22.11.2024.