Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.5) Merovinger b) Verfall 561-752. nen. Darüber konnte schon um diese Zeit eine ge-wisse Eifersucht von Seiten der höchsten Gewalt im Staate über ein zu besorgendes Uebergewicht des geistlichen Standes erwachen; zumal da schon von Constantins Zeiten her auch dazu ein guter Grund gelegt war, daß geistliche Personen und Güter nicht nur manche Befreyung von gemeinsamen Lasten, die jeder bürgerlichen Gesellschaft eigen zu seyn pflegen, zu genießen hatten, sondern auch Bischöfe erst als Schiedsrichter, und in der Folge bald als ordentliche Richter in Streitigkeiten, die ihnen zu schlichten vorgelegt wurden, eine Art von geistlicher Gerichtbarkeit auszuüben bekamen. Nichts desto weniger blieben zwar noch Bi-XV. wur-
5) Merovinger b) Verfall 561-752. nen. Daruͤber konnte ſchon um dieſe Zeit eine ge-wiſſe Eiferſucht von Seiten der hoͤchſten Gewalt im Staate uͤber ein zu beſorgendes Uebergewicht des geiſtlichen Standes erwachen; zumal da ſchon von Conſtantins Zeiten her auch dazu ein guter Grund gelegt war, daß geiſtliche Perſonen und Guͤter nicht nur manche Befreyung von gemeinſamen Laſten, die jeder buͤrgerlichen Geſellſchaft eigen zu ſeyn pflegen, zu genießen hatten, ſondern auch Biſchoͤfe erſt als Schiedsrichter, und in der Folge bald als ordentliche Richter in Streitigkeiten, die ihnen zu ſchlichten vorgelegt wurden, eine Art von geiſtlicher Gerichtbarkeit auszuuͤben bekamen. Nichts deſto weniger blieben zwar noch Bi-XV. wur-
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5) Merovinger b) Verfall 561-752.
nen. Daruͤber konnte ſchon um dieſe Zeit eine ge-
wiſſe Eiferſucht von Seiten der hoͤchſten Gewalt
im Staate uͤber ein zu beſorgendes Uebergewicht des
geiſtlichen Standes erwachen; zumal da ſchon von
Conſtantins Zeiten her auch dazu ein guter Grund
gelegt war, daß geiſtliche Perſonen und Guͤter nicht
nur manche Befreyung von gemeinſamen Laſten,
die jeder buͤrgerlichen Geſellſchaft eigen zu ſeyn
pflegen, zu genießen hatten, ſondern auch Biſchoͤfe
erſt als Schiedsrichter, und in der Folge bald als
ordentliche Richter in Streitigkeiten, die ihnen zu
ſchlichten vorgelegt wurden, eine Art von geiſtlicher
Gerichtbarkeit auszuuͤben bekamen.
Nichts deſto weniger blieben zwar noch Bi-
ſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe wahre Unterthanen der Re-
genten ihrer Voͤlker. Selbſt der Roͤmiſche Biſchof
war eben der hoͤchſten Gewalt, die in Rom ſelbſt
die Herrſchaft fuͤhrte, unterworfen. Er lief ſo gar
Gefahr vom Biſchofe zu Conſtantinopel in ſeinen
bisherigen Vorzuͤgen zuruͤckgeſetzt zu werden. Doch
auch hierin hatte wieder der ſchon oft erwehnte
Biſchof Gregor der I. das Verdienſt, daß er durch
einen Widerſpruch, den er gegen den vom Biſchofe
zu Conſtantinopel angenommenen Titel eines allge-
meinen Biſchofs erhub, den erſten Anlaß dazu gab,
daß Rom als der urſpruͤngliche Sitz des Kaiſer-
thums auch fuͤr ſeinen Biſchof den Vorzug vor
dem in der neuen Reſidenz behielt. Von der Zeit
an neigte ſich zwar alles zu einer Trennung der
Griechiſchen und Lateiniſchen Kirche, die in der
Folge je laͤnger je mehrere Nahrung bekam, und
bis auf den heutigen Tag nicht hat gehoben wer-
den koͤnnen. Allein eben in der Lateiniſchen Kirche
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