heit das heutige Frankreich und Teutschland mehr- malen unter den Namen Neustrien und Austrasien von einander unterschieden wurden.
XIII.
Nur über einen beträchtlichen Theil von Teutsch- land, das heutige Baiern, und über dessen Ver- hältniß zum Fränkischen Reiche herrscht von diesen Zeiten her noch eine große Dunkelheit. Unstreitig begriff das ehemalige Römische Noricum das heu- tige Baiern mit in sich, und kam mit der Revolu- tion, da die Ostgothen Meister von Italien wur- den, mit unter die Herrschaft der Ostgothischen Kö- nige. Aber um welche Zeit zuerst die Baiern in diese Gegend gekommen? von welcher Herkunft dieses Volk eigentlich gewesen? von welcher Zeit her sie ihre eigne Herzoge gehabt? in welchem Verhältnisse diese gegen die Ostgothischen Könige gestanden? wann und wie sie endlich unter Frän- kische Herrschaft gekommen? -- das alles sind Fragen, die noch von den neuesten Schriftstellern sehr verschieden, und großentheils nur nach Muth- maßungen beantwortet werden. Doch sind sie we- gen einiger Schlüsse, die für die folgende Geschichte und zum Theil noch bis auf den heutigen Tag daraus gezogen werden, nicht ganz unerheblich.
XIV.
Nach der bisherigen gemeinen Meynung müßte Baiern schon vor 534. unter Fränkische Herrschaft gekommen seyn, weil besage einer Vorrede der Fränkischen, Allemannischen und Bairischen Gesetz- bücher des VI. Jahrhunderts der Fränkische König Theodorich, der im Jahre 536. verstorben, diese Gesetzbücher soll haben verfertigen laßen. Einige neuere Schriftsteller behaupten aber, diese Vorrede
sey
I. Alte Zeiten bis 888.
heit das heutige Frankreich und Teutſchland mehr- malen unter den Namen Neuſtrien und Auſtraſien von einander unterſchieden wurden.
XIII.
Nur uͤber einen betraͤchtlichen Theil von Teutſch- land, das heutige Baiern, und uͤber deſſen Ver- haͤltniß zum Fraͤnkiſchen Reiche herrſcht von dieſen Zeiten her noch eine große Dunkelheit. Unſtreitig begriff das ehemalige Roͤmiſche Noricum das heu- tige Baiern mit in ſich, und kam mit der Revolu- tion, da die Oſtgothen Meiſter von Italien wur- den, mit unter die Herrſchaft der Oſtgothiſchen Koͤ- nige. Aber um welche Zeit zuerſt die Baiern in dieſe Gegend gekommen? von welcher Herkunft dieſes Volk eigentlich geweſen? von welcher Zeit her ſie ihre eigne Herzoge gehabt? in welchem Verhaͤltniſſe dieſe gegen die Oſtgothiſchen Koͤnige geſtanden? wann und wie ſie endlich unter Fraͤn- kiſche Herrſchaft gekommen? — das alles ſind Fragen, die noch von den neueſten Schriftſtellern ſehr verſchieden, und großentheils nur nach Muth- maßungen beantwortet werden. Doch ſind ſie we- gen einiger Schluͤſſe, die fuͤr die folgende Geſchichte und zum Theil noch bis auf den heutigen Tag daraus gezogen werden, nicht ganz unerheblich.
XIV.
Nach der bisherigen gemeinen Meynung muͤßte Baiern ſchon vor 534. unter Fraͤnkiſche Herrſchaft gekommen ſeyn, weil beſage einer Vorrede der Fraͤnkiſchen, Allemanniſchen und Bairiſchen Geſetz- buͤcher des VI. Jahrhunderts der Fraͤnkiſche Koͤnig Theodorich, der im Jahre 536. verſtorben, dieſe Geſetzbuͤcher ſoll haben verfertigen laßen. Einige neuere Schriftſteller behaupten aber, dieſe Vorrede
ſey
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0066"n="32"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Alte Zeiten bis 888.</hi></fw><lb/>
heit das heutige Frankreich und Teutſchland mehr-<lb/>
malen unter den Namen Neuſtrien und Auſtraſien<lb/>
von einander unterſchieden wurden.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">XIII.</hi></note><p>Nur uͤber einen betraͤchtlichen Theil von Teutſch-<lb/>
land, das heutige <hirendition="#fr">Baiern,</hi> und uͤber deſſen Ver-<lb/>
haͤltniß zum Fraͤnkiſchen Reiche herrſcht von dieſen<lb/>
Zeiten her noch eine große Dunkelheit. Unſtreitig<lb/>
begriff das ehemalige Roͤmiſche Noricum das heu-<lb/>
tige Baiern mit in ſich, und kam mit der Revolu-<lb/>
tion, da die Oſtgothen Meiſter von Italien wur-<lb/>
den, mit unter die Herrſchaft der Oſtgothiſchen Koͤ-<lb/>
nige. Aber um welche Zeit zuerſt die Baiern in<lb/>
dieſe Gegend gekommen? von welcher Herkunft<lb/>
dieſes Volk eigentlich geweſen? von welcher Zeit<lb/>
her ſie ihre eigne Herzoge gehabt? in welchem<lb/>
Verhaͤltniſſe dieſe gegen die Oſtgothiſchen Koͤnige<lb/>
geſtanden? wann und wie ſie endlich unter Fraͤn-<lb/>
kiſche Herrſchaft gekommen? — das alles ſind<lb/>
Fragen, die noch von den neueſten Schriftſtellern<lb/>ſehr verſchieden, und großentheils nur nach Muth-<lb/>
maßungen beantwortet werden. Doch ſind ſie we-<lb/>
gen einiger Schluͤſſe, die fuͤr die folgende Geſchichte<lb/>
und zum Theil noch bis auf den heutigen Tag<lb/>
daraus gezogen werden, nicht ganz unerheblich.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">XIV.</hi></note><p>Nach der bisherigen gemeinen Meynung muͤßte<lb/>
Baiern ſchon vor 534. unter Fraͤnkiſche Herrſchaft<lb/>
gekommen ſeyn, weil beſage einer Vorrede der<lb/>
Fraͤnkiſchen, Allemanniſchen und Bairiſchen Geſetz-<lb/>
buͤcher des <hirendition="#aq">VI.</hi> Jahrhunderts der Fraͤnkiſche Koͤnig<lb/>
Theodorich, der im Jahre 536. verſtorben, dieſe<lb/>
Geſetzbuͤcher ſoll haben verfertigen laßen. Einige<lb/>
neuere Schriftſteller behaupten aber, dieſe Vorrede<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſey</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[32/0066]
I. Alte Zeiten bis 888.
heit das heutige Frankreich und Teutſchland mehr-
malen unter den Namen Neuſtrien und Auſtraſien
von einander unterſchieden wurden.
Nur uͤber einen betraͤchtlichen Theil von Teutſch-
land, das heutige Baiern, und uͤber deſſen Ver-
haͤltniß zum Fraͤnkiſchen Reiche herrſcht von dieſen
Zeiten her noch eine große Dunkelheit. Unſtreitig
begriff das ehemalige Roͤmiſche Noricum das heu-
tige Baiern mit in ſich, und kam mit der Revolu-
tion, da die Oſtgothen Meiſter von Italien wur-
den, mit unter die Herrſchaft der Oſtgothiſchen Koͤ-
nige. Aber um welche Zeit zuerſt die Baiern in
dieſe Gegend gekommen? von welcher Herkunft
dieſes Volk eigentlich geweſen? von welcher Zeit
her ſie ihre eigne Herzoge gehabt? in welchem
Verhaͤltniſſe dieſe gegen die Oſtgothiſchen Koͤnige
geſtanden? wann und wie ſie endlich unter Fraͤn-
kiſche Herrſchaft gekommen? — das alles ſind
Fragen, die noch von den neueſten Schriftſtellern
ſehr verſchieden, und großentheils nur nach Muth-
maßungen beantwortet werden. Doch ſind ſie we-
gen einiger Schluͤſſe, die fuͤr die folgende Geſchichte
und zum Theil noch bis auf den heutigen Tag
daraus gezogen werden, nicht ganz unerheblich.
Nach der bisherigen gemeinen Meynung muͤßte
Baiern ſchon vor 534. unter Fraͤnkiſche Herrſchaft
gekommen ſeyn, weil beſage einer Vorrede der
Fraͤnkiſchen, Allemanniſchen und Bairiſchen Geſetz-
buͤcher des VI. Jahrhunderts der Fraͤnkiſche Koͤnig
Theodorich, der im Jahre 536. verſtorben, dieſe
Geſetzbuͤcher ſoll haben verfertigen laßen. Einige
neuere Schriftſteller behaupten aber, dieſe Vorrede
ſey
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/66>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.