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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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9) Aussicht wegen d. Churf. u. Jesuit.

Nur Ein Hinderniß, das dem Orden in Aus-XIV.
übung einer allgemeinen Herrschaft über die Welt,
oder auch nur über ganz Europa, im Wege stand,
fand sich in den Ländern und Staaten, die seit
Luthers Zeiten dem Römischen Stuhle und allen
damit in Verbindung stehenden Ordensgesellschaf-
ten den Gehorsam aufgekündiget hatten. Zwar
hielt sich der Orden auch das zu gute, an Orte,
wo seine Mitglieder in ihrer gewöhnlichen Gestalt
keinen Zutritt hatten, entweder Leute ihres Mittels
unter anderen Namen, in anderen Charactern und
Kleidungen zu schicken, oder mit Geld oder ande-
ren Vortheilen sich Freunde, von welcher Religion
und Gattung sie auch seyn mochten, zu verschaffen
und zu ihrem Vortheile in Bewegung zu setzen.
Inzwischen war doch allemal den meisten protestan-
tischen Reichen und Ländern mit unmittelbaren Ein-
wirkungen zu schwer beyzukommen. Auch war
überhaupt dem ganzen Ordenssysteme nichts so sehr
entgegen, als das evangelische Religionswesen,
nicht nur wegen dessen gänzlicher Abweichung von
der päbstlichen Hierarchie, sondern auch wegen der
Freyheit und Aufklärung, die in protestantischen
Schriften und hohen und niederen Schulen herrschte.

Eben deswegen war auch von allen Bemü-XV.
hungen der ganzen Gesellschaft und eines jeden
einzelnen Jesuiten keine allgemeiner und eifriger,
als die dahin abzielte, dieses Hinderniß aus dem
Wege zu räumen, oder doch soviel nur möglich
zu vermindern, und eben dadurch das, was an
ihrem allgemeinen Wirkungskreise abzugehen schien,
noch zu ersetzen und wo möglich völlig zu ergän-
zen. In dieser Absicht war keine Lehre, die in

jesui-
9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit.

Nur Ein Hinderniß, das dem Orden in Aus-XIV.
uͤbung einer allgemeinen Herrſchaft uͤber die Welt,
oder auch nur uͤber ganz Europa, im Wege ſtand,
fand ſich in den Laͤndern und Staaten, die ſeit
Luthers Zeiten dem Roͤmiſchen Stuhle und allen
damit in Verbindung ſtehenden Ordensgeſellſchaf-
ten den Gehorſam aufgekuͤndiget hatten. Zwar
hielt ſich der Orden auch das zu gute, an Orte,
wo ſeine Mitglieder in ihrer gewoͤhnlichen Geſtalt
keinen Zutritt hatten, entweder Leute ihres Mittels
unter anderen Namen, in anderen Charactern und
Kleidungen zu ſchicken, oder mit Geld oder ande-
ren Vortheilen ſich Freunde, von welcher Religion
und Gattung ſie auch ſeyn mochten, zu verſchaffen
und zu ihrem Vortheile in Bewegung zu ſetzen.
Inzwiſchen war doch allemal den meiſten proteſtan-
tiſchen Reichen und Laͤndern mit unmittelbaren Ein-
wirkungen zu ſchwer beyzukommen. Auch war
uͤberhaupt dem ganzen Ordensſyſteme nichts ſo ſehr
entgegen, als das evangeliſche Religionsweſen,
nicht nur wegen deſſen gaͤnzlicher Abweichung von
der paͤbſtlichen Hierarchie, ſondern auch wegen der
Freyheit und Aufklaͤrung, die in proteſtantiſchen
Schriften und hohen und niederen Schulen herrſchte.

Eben deswegen war auch von allen Bemuͤ-XV.
hungen der ganzen Geſellſchaft und eines jeden
einzelnen Jeſuiten keine allgemeiner und eifriger,
als die dahin abzielte, dieſes Hinderniß aus dem
Wege zu raͤumen, oder doch ſoviel nur moͤglich
zu vermindern, und eben dadurch das, was an
ihrem allgemeinen Wirkungskreiſe abzugehen ſchien,
noch zu erſetzen und wo moͤglich voͤllig zu ergaͤn-
zen. In dieſer Abſicht war keine Lehre, die in

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[445/0479] 9) Ausſicht wegen d. Churf. u. Jeſuit. Nur Ein Hinderniß, das dem Orden in Aus- uͤbung einer allgemeinen Herrſchaft uͤber die Welt, oder auch nur uͤber ganz Europa, im Wege ſtand, fand ſich in den Laͤndern und Staaten, die ſeit Luthers Zeiten dem Roͤmiſchen Stuhle und allen damit in Verbindung ſtehenden Ordensgeſellſchaf- ten den Gehorſam aufgekuͤndiget hatten. Zwar hielt ſich der Orden auch das zu gute, an Orte, wo ſeine Mitglieder in ihrer gewoͤhnlichen Geſtalt keinen Zutritt hatten, entweder Leute ihres Mittels unter anderen Namen, in anderen Charactern und Kleidungen zu ſchicken, oder mit Geld oder ande- ren Vortheilen ſich Freunde, von welcher Religion und Gattung ſie auch ſeyn mochten, zu verſchaffen und zu ihrem Vortheile in Bewegung zu ſetzen. Inzwiſchen war doch allemal den meiſten proteſtan- tiſchen Reichen und Laͤndern mit unmittelbaren Ein- wirkungen zu ſchwer beyzukommen. Auch war uͤberhaupt dem ganzen Ordensſyſteme nichts ſo ſehr entgegen, als das evangeliſche Religionsweſen, nicht nur wegen deſſen gaͤnzlicher Abweichung von der paͤbſtlichen Hierarchie, ſondern auch wegen der Freyheit und Aufklaͤrung, die in proteſtantiſchen Schriften und hohen und niederen Schulen herrſchte. XIV. Eben deswegen war auch von allen Bemuͤ- hungen der ganzen Geſellſchaft und eines jeden einzelnen Jeſuiten keine allgemeiner und eifriger, als die dahin abzielte, dieſes Hinderniß aus dem Wege zu raͤumen, oder doch ſoviel nur moͤglich zu vermindern, und eben dadurch das, was an ihrem allgemeinen Wirkungskreiſe abzugehen ſchien, noch zu erſetzen und wo moͤglich voͤllig zu ergaͤn- zen. In dieſer Abſicht war keine Lehre, die in jeſui- XV.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/479>, abgerufen am 24.11.2024.