Bey allem dem hielt sich der Orden immer an den päbstlichen Stuhl angelehnt, dessen Hoheit deswegen von seinen Mitgliedern aufs äußerste getrieben und vertheidiget wurde. Im Grunde geschah das aber nur, um unter dem Schutze der päbstlichen Hierarchie selbst alle Gewalt ausüben zu können, und in der Zuversicht, daß der Pabst selbst den Orden nicht entbehren, und selten anders, als nach der Absicht und Einleitung des Ordens zu Werke gehen konnte.
XIII.
So nahm der Orden überall dem Namen nach das Heil der Kirche und den Willen des sichtbaren Oberhaupts derselben zum Schilde seiner Unter- nehmungen. Aber die wahre Triebfeder, und der letzte Zweck, worauf alles abzielte, bestand in der Wohlfahrt und immer größeren Aufnahme der Gesellschaft. Das gab aber auch derselben im Ganzen und in allen ihren Gliedern eine solche Festigkeit, einen solchen Zusammenhang, einen sol- chen immer aufs Ganze gerichteten Geist (Esprit de Corps), daß schwerlich jemals ein ähnliches Beyspiel zu finden seyn wird. Ein Geist, eine Seele schien die ganze Gesellschaft zu beleben. Ein Mitglied derselben sprach, wie das andere. Ihre Gesinnungen, ihre Gedanken, schienen, wie nach einer Form, gemodelt zu seyn. Wie hätte aber auch nicht jedes einzelne Mitglied einer sol- chen Gesellschaft an der Wohlfahrt des Ganzen Theil nehmen sollen, da ein jeder in seiner Stelle auch den Vortheil des allgemeinen Uebergewichts des Ordens mit zu genießen hatte, und selbst im Orden von einer Stuffe zur andern immer weiter zu kommen sich schmeichlen durfte?
Nur
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
XII.
Bey allem dem hielt ſich der Orden immer an den paͤbſtlichen Stuhl angelehnt, deſſen Hoheit deswegen von ſeinen Mitgliedern aufs aͤußerſte getrieben und vertheidiget wurde. Im Grunde geſchah das aber nur, um unter dem Schutze der paͤbſtlichen Hierarchie ſelbſt alle Gewalt ausuͤben zu koͤnnen, und in der Zuverſicht, daß der Pabſt ſelbſt den Orden nicht entbehren, und ſelten anders, als nach der Abſicht und Einleitung des Ordens zu Werke gehen konnte.
XIII.
So nahm der Orden uͤberall dem Namen nach das Heil der Kirche und den Willen des ſichtbaren Oberhaupts derſelben zum Schilde ſeiner Unter- nehmungen. Aber die wahre Triebfeder, und der letzte Zweck, worauf alles abzielte, beſtand in der Wohlfahrt und immer groͤßeren Aufnahme der Geſellſchaft. Das gab aber auch derſelben im Ganzen und in allen ihren Gliedern eine ſolche Feſtigkeit, einen ſolchen Zuſammenhang, einen ſol- chen immer aufs Ganze gerichteten Geiſt (Eſprit de Corps), daß ſchwerlich jemals ein aͤhnliches Beyſpiel zu finden ſeyn wird. Ein Geiſt, eine Seele ſchien die ganze Geſellſchaft zu beleben. Ein Mitglied derſelben ſprach, wie das andere. Ihre Geſinnungen, ihre Gedanken, ſchienen, wie nach einer Form, gemodelt zu ſeyn. Wie haͤtte aber auch nicht jedes einzelne Mitglied einer ſol- chen Geſellſchaft an der Wohlfahrt des Ganzen Theil nehmen ſollen, da ein jeder in ſeiner Stelle auch den Vortheil des allgemeinen Uebergewichts des Ordens mit zu genießen hatte, und ſelbſt im Orden von einer Stuffe zur andern immer weiter zu kommen ſich ſchmeichlen durfte?
Nur
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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
Bey allem dem hielt ſich der Orden immer an
den paͤbſtlichen Stuhl angelehnt, deſſen Hoheit
deswegen von ſeinen Mitgliedern aufs aͤußerſte
getrieben und vertheidiget wurde. Im Grunde
geſchah das aber nur, um unter dem Schutze der
paͤbſtlichen Hierarchie ſelbſt alle Gewalt ausuͤben
zu koͤnnen, und in der Zuverſicht, daß der Pabſt
ſelbſt den Orden nicht entbehren, und ſelten anders,
als nach der Abſicht und Einleitung des Ordens
zu Werke gehen konnte.
So nahm der Orden uͤberall dem Namen nach
das Heil der Kirche und den Willen des ſichtbaren
Oberhaupts derſelben zum Schilde ſeiner Unter-
nehmungen. Aber die wahre Triebfeder, und
der letzte Zweck, worauf alles abzielte, beſtand in
der Wohlfahrt und immer groͤßeren Aufnahme
der Geſellſchaft. Das gab aber auch derſelben
im Ganzen und in allen ihren Gliedern eine ſolche
Feſtigkeit, einen ſolchen Zuſammenhang, einen ſol-
chen immer aufs Ganze gerichteten Geiſt (Eſprit
de Corps), daß ſchwerlich jemals ein aͤhnliches
Beyſpiel zu finden ſeyn wird. Ein Geiſt, eine
Seele ſchien die ganze Geſellſchaft zu beleben.
Ein Mitglied derſelben ſprach, wie das andere.
Ihre Geſinnungen, ihre Gedanken, ſchienen, wie
nach einer Form, gemodelt zu ſeyn. Wie haͤtte
aber auch nicht jedes einzelne Mitglied einer ſol-
chen Geſellſchaft an der Wohlfahrt des Ganzen
Theil nehmen ſollen, da ein jeder in ſeiner Stelle
auch den Vortheil des allgemeinen Uebergewichts
des Ordens mit zu genießen hatte, und ſelbſt im
Orden von einer Stuffe zur andern immer weiter
zu kommen ſich ſchmeichlen durfte?
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/478>, abgerufen am 27.11.2024.
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