bar ungleich stärker auf der evangelischen als catho- lischen Seite.
II.
Wenn nun gleich im Reichsfürstenrathe der größere Theil der Stände catholisch blieb, und diese Mehrheit der Stimmen zum Nachtheil der Pro- testanten geltend zu machen suchen wollte; so hielt das churfürstliche Collegium, ohne dessen Beytritt kein Reichsschluß gemacht werden konnte, doch im- mer noch dagegen ein glückliches Gleichgewicht. So lange dieses statt fand, bestand darin noch die größte Schutzwehr für die Protestanten, und die Grundfeste der innerlichen Ruhe des Teutschen Reichs. Sonst würde des Friedens ungeachtet wenig Ruhe zu erwarten gewesen seyn. Denn die meisten Catholischen konnten sich der Gedanken nicht entschlagen, daß ihre Religion die herrschende, die protestantische nur neu aufgenommen, und nach den Grundsätzen einer ungleichen Duldung zu be- handeln sey. Vielen, und natürlicher Weise haupt- sächlich dem päbstlichen Stuhle war der ganze Re- ligionsfriede etwas äußerst verhaßtes und unleid- liches. Mit den bisherigen hierarchischen Grund- sätzen ließ sichs kaum vereinigen, daß ohne Zu- thun des Pabstes und der Kirche ein solcher Ver- trag für rechtsbeständig gehalten werden sollte. Doch das alles würde weniger zu bedeuten gehabt haben, wenn um eben die Zeit, da die päbstliche Hierarchie einen so großen Stoß bekam, dieselbe auf der andern Seite nicht auch wieder eine mäch- tige neue Stütze bekommen hätte.
III.
Die Stützen, welche der päbstliche Stuhl am Mönchswesen und insonderheit an den Bettelorden
bis-
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
bar ungleich ſtaͤrker auf der evangeliſchen als catho- liſchen Seite.
II.
Wenn nun gleich im Reichsfuͤrſtenrathe der groͤßere Theil der Staͤnde catholiſch blieb, und dieſe Mehrheit der Stimmen zum Nachtheil der Pro- teſtanten geltend zu machen ſuchen wollte; ſo hielt das churfuͤrſtliche Collegium, ohne deſſen Beytritt kein Reichsſchluß gemacht werden konnte, doch im- mer noch dagegen ein gluͤckliches Gleichgewicht. So lange dieſes ſtatt fand, beſtand darin noch die groͤßte Schutzwehr fuͤr die Proteſtanten, und die Grundfeſte der innerlichen Ruhe des Teutſchen Reichs. Sonſt wuͤrde des Friedens ungeachtet wenig Ruhe zu erwarten geweſen ſeyn. Denn die meiſten Catholiſchen konnten ſich der Gedanken nicht entſchlagen, daß ihre Religion die herrſchende, die proteſtantiſche nur neu aufgenommen, und nach den Grundſaͤtzen einer ungleichen Duldung zu be- handeln ſey. Vielen, und natuͤrlicher Weiſe haupt- ſaͤchlich dem paͤbſtlichen Stuhle war der ganze Re- ligionsfriede etwas aͤußerſt verhaßtes und unleid- liches. Mit den bisherigen hierarchiſchen Grund- ſaͤtzen ließ ſichs kaum vereinigen, daß ohne Zu- thun des Pabſtes und der Kirche ein ſolcher Ver- trag fuͤr rechtsbeſtaͤndig gehalten werden ſollte. Doch das alles wuͤrde weniger zu bedeuten gehabt haben, wenn um eben die Zeit, da die paͤbſtliche Hierarchie einen ſo großen Stoß bekam, dieſelbe auf der andern Seite nicht auch wieder eine maͤch- tige neue Stuͤtze bekommen haͤtte.
III.
Die Stuͤtzen, welche der paͤbſtliche Stuhl am Moͤnchsweſen und inſonderheit an den Bettelorden
bis-
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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.
bar ungleich ſtaͤrker auf der evangeliſchen als catho-
liſchen Seite.
Wenn nun gleich im Reichsfuͤrſtenrathe der
groͤßere Theil der Staͤnde catholiſch blieb, und dieſe
Mehrheit der Stimmen zum Nachtheil der Pro-
teſtanten geltend zu machen ſuchen wollte; ſo hielt
das churfuͤrſtliche Collegium, ohne deſſen Beytritt
kein Reichsſchluß gemacht werden konnte, doch im-
mer noch dagegen ein gluͤckliches Gleichgewicht.
So lange dieſes ſtatt fand, beſtand darin noch die
groͤßte Schutzwehr fuͤr die Proteſtanten, und die
Grundfeſte der innerlichen Ruhe des Teutſchen
Reichs. Sonſt wuͤrde des Friedens ungeachtet
wenig Ruhe zu erwarten geweſen ſeyn. Denn die
meiſten Catholiſchen konnten ſich der Gedanken nicht
entſchlagen, daß ihre Religion die herrſchende,
die proteſtantiſche nur neu aufgenommen, und nach
den Grundſaͤtzen einer ungleichen Duldung zu be-
handeln ſey. Vielen, und natuͤrlicher Weiſe haupt-
ſaͤchlich dem paͤbſtlichen Stuhle war der ganze Re-
ligionsfriede etwas aͤußerſt verhaßtes und unleid-
liches. Mit den bisherigen hierarchiſchen Grund-
ſaͤtzen ließ ſichs kaum vereinigen, daß ohne Zu-
thun des Pabſtes und der Kirche ein ſolcher Ver-
trag fuͤr rechtsbeſtaͤndig gehalten werden ſollte.
Doch das alles wuͤrde weniger zu bedeuten gehabt
haben, wenn um eben die Zeit, da die paͤbſtliche
Hierarchie einen ſo großen Stoß bekam, dieſelbe
auf der andern Seite nicht auch wieder eine maͤch-
tige neue Stuͤtze bekommen haͤtte.
Die Stuͤtzen, welche der paͤbſtliche Stuhl am
Moͤnchsweſen und inſonderheit an den Bettelorden
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/466>, abgerufen am 24.11.2024.
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