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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
schah zugleich mit solcher Bescheidenheit und über-
all mit solcher Beziehung nur auf den Inhalt der
Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan-
gelischer Christ eben dazu sich gern mit Herz und
Mund bekennen wird.

Insonderheit verdient hier noch bemerkt zuXII.
werden, wie nach dem Geiste, der in dieser gan-
zen Confession herrscht, auch darin keine Spuhren
anzutreffen sind, als ob die evangelischen Fürsten
und Reichsstände Urheber dieser Lehre und der
damit verbundenen Veränderung in der Kirche ge-
wesen wären. Die Stände, die hier redend ein-
geführt werden, sagen nicht, daß sie etwa aus
landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche
bemerkten Mißbräuche abgeändert hätten, oder
daß sie diese Aenderung veranstaltet und befoh-
len
hätten; sondern sie sprechen nur von solchen
Mißbräuchen, wie sie in ihren Kirchen geändert
seyen, und wie sie als Landesherren und Obrig-
keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß solche Aen-
derung dem Worte Gottes gemäß sey, sich gedrun-
gen gefunden, solche Aenderung zu dulden und zu
gestatten. So sehr bestärkt auch dieses Denk-
maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge-
schichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht
von oben herunter, sondern von unten hinauf in
Gang gebracht worden. Nur das war ganz natür-
lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangelischen
Reichsstände für sich und im Namen ihrer gleich
gesinnten Unterthanen das Wort führten.

Bey Abfassung dieses GlaubensbekenntnissesXIII.
war nur ein einiger Anstand über die Verschieden-

heit
B b 5

4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
ſchah zugleich mit ſolcher Beſcheidenheit und uͤber-
all mit ſolcher Beziehung nur auf den Inhalt der
Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan-
geliſcher Chriſt eben dazu ſich gern mit Herz und
Mund bekennen wird.

Inſonderheit verdient hier noch bemerkt zuXII.
werden, wie nach dem Geiſte, der in dieſer gan-
zen Confeſſion herrſcht, auch darin keine Spuhren
anzutreffen ſind, als ob die evangeliſchen Fuͤrſten
und Reichsſtaͤnde Urheber dieſer Lehre und der
damit verbundenen Veraͤnderung in der Kirche ge-
weſen waͤren. Die Staͤnde, die hier redend ein-
gefuͤhrt werden, ſagen nicht, daß ſie etwa aus
landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche
bemerkten Mißbraͤuche abgeaͤndert haͤtten, oder
daß ſie dieſe Aenderung veranſtaltet und befoh-
len
haͤtten; ſondern ſie ſprechen nur von ſolchen
Mißbraͤuchen, wie ſie in ihren Kirchen geaͤndert
ſeyen, und wie ſie als Landesherren und Obrig-
keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß ſolche Aen-
derung dem Worte Gottes gemaͤß ſey, ſich gedrun-
gen gefunden, ſolche Aenderung zu dulden und zu
geſtatten. So ſehr beſtaͤrkt auch dieſes Denk-
maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge-
ſchichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht
von oben herunter, ſondern von unten hinauf in
Gang gebracht worden. Nur das war ganz natuͤr-
lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangeliſchen
Reichsſtaͤnde fuͤr ſich und im Namen ihrer gleich
geſinnten Unterthanen das Wort fuͤhrten.

Bey Abfaſſung dieſes GlaubensbekenntniſſesXIII.
war nur ein einiger Anſtand uͤber die Verſchieden-

heit
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[393/0427] 4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530. ſchah zugleich mit ſolcher Beſcheidenheit und uͤber- all mit ſolcher Beziehung nur auf den Inhalt der Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan- geliſcher Chriſt eben dazu ſich gern mit Herz und Mund bekennen wird. Inſonderheit verdient hier noch bemerkt zu werden, wie nach dem Geiſte, der in dieſer gan- zen Confeſſion herrſcht, auch darin keine Spuhren anzutreffen ſind, als ob die evangeliſchen Fuͤrſten und Reichsſtaͤnde Urheber dieſer Lehre und der damit verbundenen Veraͤnderung in der Kirche ge- weſen waͤren. Die Staͤnde, die hier redend ein- gefuͤhrt werden, ſagen nicht, daß ſie etwa aus landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche bemerkten Mißbraͤuche abgeaͤndert haͤtten, oder daß ſie dieſe Aenderung veranſtaltet und befoh- len haͤtten; ſondern ſie ſprechen nur von ſolchen Mißbraͤuchen, wie ſie in ihren Kirchen geaͤndert ſeyen, und wie ſie als Landesherren und Obrig- keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß ſolche Aen- derung dem Worte Gottes gemaͤß ſey, ſich gedrun- gen gefunden, ſolche Aenderung zu dulden und zu geſtatten. So ſehr beſtaͤrkt auch dieſes Denk- maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge- ſchichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht von oben herunter, ſondern von unten hinauf in Gang gebracht worden. Nur das war ganz natuͤr- lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangeliſchen Reichsſtaͤnde fuͤr ſich und im Namen ihrer gleich geſinnten Unterthanen das Wort fuͤhrten. XII. Bey Abfaſſung dieſes Glaubensbekenntniſſes war nur ein einiger Anſtand uͤber die Verſchieden- heit XIII. B b 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/427>, abgerufen am 22.11.2024.