schah zugleich mit solcher Bescheidenheit und über- all mit solcher Beziehung nur auf den Inhalt der Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan- gelischer Christ eben dazu sich gern mit Herz und Mund bekennen wird.
Insonderheit verdient hier noch bemerkt zuXII. werden, wie nach dem Geiste, der in dieser gan- zen Confession herrscht, auch darin keine Spuhren anzutreffen sind, als ob die evangelischen Fürsten und Reichsstände Urheber dieser Lehre und der damit verbundenen Veränderung in der Kirche ge- wesen wären. Die Stände, die hier redend ein- geführt werden, sagen nicht, daß sie etwa aus landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche bemerkten Mißbräuche abgeändert hätten, oder daß sie diese Aenderung veranstaltet und befoh- len hätten; sondern sie sprechen nur von solchen Mißbräuchen, wie sie in ihren Kirchen geändert seyen, und wie sie als Landesherren und Obrig- keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß solche Aen- derung dem Worte Gottes gemäß sey, sich gedrun- gen gefunden, solche Aenderung zu dulden und zu gestatten. So sehr bestärkt auch dieses Denk- maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge- schichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht von oben herunter, sondern von unten hinauf in Gang gebracht worden. Nur das war ganz natür- lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangelischen Reichsstände für sich und im Namen ihrer gleich gesinnten Unterthanen das Wort führten.
Bey Abfassung dieses GlaubensbekenntnissesXIII. war nur ein einiger Anstand über die Verschieden-
heit
B b 5
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
ſchah zugleich mit ſolcher Beſcheidenheit und uͤber- all mit ſolcher Beziehung nur auf den Inhalt der Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan- geliſcher Chriſt eben dazu ſich gern mit Herz und Mund bekennen wird.
Inſonderheit verdient hier noch bemerkt zuXII. werden, wie nach dem Geiſte, der in dieſer gan- zen Confeſſion herrſcht, auch darin keine Spuhren anzutreffen ſind, als ob die evangeliſchen Fuͤrſten und Reichsſtaͤnde Urheber dieſer Lehre und der damit verbundenen Veraͤnderung in der Kirche ge- weſen waͤren. Die Staͤnde, die hier redend ein- gefuͤhrt werden, ſagen nicht, daß ſie etwa aus landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche bemerkten Mißbraͤuche abgeaͤndert haͤtten, oder daß ſie dieſe Aenderung veranſtaltet und befoh- len haͤtten; ſondern ſie ſprechen nur von ſolchen Mißbraͤuchen, wie ſie in ihren Kirchen geaͤndert ſeyen, und wie ſie als Landesherren und Obrig- keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß ſolche Aen- derung dem Worte Gottes gemaͤß ſey, ſich gedrun- gen gefunden, ſolche Aenderung zu dulden und zu geſtatten. So ſehr beſtaͤrkt auch dieſes Denk- maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge- ſchichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht von oben herunter, ſondern von unten hinauf in Gang gebracht worden. Nur das war ganz natuͤr- lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangeliſchen Reichsſtaͤnde fuͤr ſich und im Namen ihrer gleich geſinnten Unterthanen das Wort fuͤhrten.
Bey Abfaſſung dieſes GlaubensbekenntniſſesXIII. war nur ein einiger Anſtand uͤber die Verſchieden-
heit
B b 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0427"n="393"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.</hi></fw><lb/>ſchah zugleich mit ſolcher Beſcheidenheit und uͤber-<lb/>
all mit ſolcher Beziehung nur auf den Inhalt der<lb/>
Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan-<lb/>
geliſcher Chriſt eben dazu ſich gern mit Herz und<lb/>
Mund bekennen wird.</p><lb/><p>Inſonderheit verdient hier noch bemerkt zu<noteplace="right"><hirendition="#aq">XII.</hi></note><lb/>
werden, wie nach dem Geiſte, der in dieſer gan-<lb/>
zen Confeſſion herrſcht, auch darin keine Spuhren<lb/>
anzutreffen ſind, als ob die evangeliſchen Fuͤrſten<lb/>
und Reichsſtaͤnde Urheber dieſer Lehre und der<lb/>
damit verbundenen Veraͤnderung in der Kirche ge-<lb/>
weſen waͤren. Die Staͤnde, die hier redend ein-<lb/>
gefuͤhrt werden, ſagen nicht, daß ſie etwa aus<lb/>
landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche<lb/>
bemerkten Mißbraͤuche abgeaͤndert <hirendition="#fr">haͤtten,</hi> oder<lb/>
daß ſie dieſe Aenderung <hirendition="#fr">veranſtaltet</hi> und <hirendition="#fr">befoh-<lb/>
len</hi> haͤtten; ſondern ſie ſprechen nur von ſolchen<lb/>
Mißbraͤuchen, wie ſie in ihren Kirchen geaͤndert<lb/><hirendition="#fr">ſeyen,</hi> und wie ſie als Landesherren und Obrig-<lb/>
keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß ſolche Aen-<lb/>
derung dem Worte Gottes gemaͤß ſey, ſich gedrun-<lb/>
gen gefunden, ſolche Aenderung zu <hirendition="#fr">dulden</hi> und zu<lb/><hirendition="#fr">geſtatten.</hi> So ſehr beſtaͤrkt auch dieſes Denk-<lb/>
maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge-<lb/>ſchichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht<lb/>
von oben herunter, ſondern von unten hinauf in<lb/>
Gang gebracht worden. Nur das war ganz natuͤr-<lb/>
lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangeliſchen<lb/>
Reichsſtaͤnde fuͤr ſich und im Namen ihrer gleich<lb/>
geſinnten Unterthanen das Wort fuͤhrten.</p><lb/><p>Bey Abfaſſung dieſes Glaubensbekenntniſſes<noteplace="right"><hirendition="#aq">XIII.</hi></note><lb/>
war nur ein einiger Anſtand uͤber die Verſchieden-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">heit</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[393/0427]
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
ſchah zugleich mit ſolcher Beſcheidenheit und uͤber-
all mit ſolcher Beziehung nur auf den Inhalt der
Bibel, daß noch jetzt ein jeder aufrichtiger evan-
geliſcher Chriſt eben dazu ſich gern mit Herz und
Mund bekennen wird.
Inſonderheit verdient hier noch bemerkt zu
werden, wie nach dem Geiſte, der in dieſer gan-
zen Confeſſion herrſcht, auch darin keine Spuhren
anzutreffen ſind, als ob die evangeliſchen Fuͤrſten
und Reichsſtaͤnde Urheber dieſer Lehre und der
damit verbundenen Veraͤnderung in der Kirche ge-
weſen waͤren. Die Staͤnde, die hier redend ein-
gefuͤhrt werden, ſagen nicht, daß ſie etwa aus
landesherrlicher Macht und Gewalt die in der Kirche
bemerkten Mißbraͤuche abgeaͤndert haͤtten, oder
daß ſie dieſe Aenderung veranſtaltet und befoh-
len haͤtten; ſondern ſie ſprechen nur von ſolchen
Mißbraͤuchen, wie ſie in ihren Kirchen geaͤndert
ſeyen, und wie ſie als Landesherren und Obrig-
keiten nur durch ihre Ueberzeugung, daß ſolche Aen-
derung dem Worte Gottes gemaͤß ſey, ſich gedrun-
gen gefunden, ſolche Aenderung zu dulden und zu
geſtatten. So ſehr beſtaͤrkt auch dieſes Denk-
maal, was ich oben aus dem Verlaufe der Ge-
ſchichte bemerkt habe, daß die Reformation nicht
von oben herunter, ſondern von unten hinauf in
Gang gebracht worden. Nur das war ganz natuͤr-
lich, daß jetzt auf dem Reichstage die evangeliſchen
Reichsſtaͤnde fuͤr ſich und im Namen ihrer gleich
geſinnten Unterthanen das Wort fuͤhrten.
XII.
Bey Abfaſſung dieſes Glaubensbekenntniſſes
war nur ein einiger Anſtand uͤber die Verſchieden-
heit
XIII.
B b 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/427>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.