men oder nicht annehmen sollen, auszudehnen. So weit läßt sich das Band der bürgerlichen Ge- sellschaft, das nur ihre gemeinsame Wohlfahrt, so fern die dazu führenden Mittel eines Zwanges fä- hig sind, zum Gegenstande hat, mit Recht wohl nicht erstrecken. Viel weniger konnte nach dem Verhältnisse, worin die Teutschen Reichsstände als wahre Regenten eben so vieler besonderer Staaten mit ihren reichstäglichen Stimmen unter einander stehen, die Mehrheit dieser Stimmen den übrigen in solchen Dingen Gesetze vorschreiben.)
Den evangelischen Ständen blieb in dieser LageVI. nichts übrig, als gegen diesen durch die Mehrheit der Stimmen ihnen so nachtheilig gemachten Reichs- schluß zu protestiren. Außer dem Churfürsten Johann von Sachsen, dem Marggrafen Georg von Brandenburg-Anspach, den Herzogen Ernst und Franz von Braunschweig-Lüneburg, dem Landgra- fen Philipp von Hessen und dem Fürsten Wolfgang von Anhalt waren es vierzehn Reichsstädte, welche diese Protestation unterschrieben, (die nachher 1544. auf Veranlaßung des damaligen päbstlichen Bot- schafters den Evangelischen den Beynamen der Protestanten zugezogen hat.) Die Protestation wurde durch einen Bürgermeister von Memmin- gen, einen Anspachischen Secretär und einen Nürn- bergischen Syndicus (hätte man nicht lieber Per- sonen von Stande zu dieser Absendung wehlen sol- len?) dem Kaiser nach Italien, wo er schon auf dem Wege nach Teutschland begriffen war, ent- gegengeschickt. Sie fand aber nicht die gewünschte Aufnahme. Die Abgeordneten wurden so gar ge- fänglich eingezogen.
Doch
B b 3
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
men oder nicht annehmen ſollen, auszudehnen. So weit laͤßt ſich das Band der buͤrgerlichen Ge- ſellſchaft, das nur ihre gemeinſame Wohlfahrt, ſo fern die dazu fuͤhrenden Mittel eines Zwanges faͤ- hig ſind, zum Gegenſtande hat, mit Recht wohl nicht erſtrecken. Viel weniger konnte nach dem Verhaͤltniſſe, worin die Teutſchen Reichsſtaͤnde als wahre Regenten eben ſo vieler beſonderer Staaten mit ihren reichstaͤglichen Stimmen unter einander ſtehen, die Mehrheit dieſer Stimmen den uͤbrigen in ſolchen Dingen Geſetze vorſchreiben.)
Den evangeliſchen Staͤnden blieb in dieſer LageVI. nichts uͤbrig, als gegen dieſen durch die Mehrheit der Stimmen ihnen ſo nachtheilig gemachten Reichs- ſchluß zu proteſtiren. Außer dem Churfuͤrſten Johann von Sachſen, dem Marggrafen Georg von Brandenburg-Anſpach, den Herzogen Ernſt und Franz von Braunſchweig-Luͤneburg, dem Landgra- fen Philipp von Heſſen und dem Fuͤrſten Wolfgang von Anhalt waren es vierzehn Reichsſtaͤdte, welche dieſe Proteſtation unterſchrieben, (die nachher 1544. auf Veranlaßung des damaligen paͤbſtlichen Bot- ſchafters den Evangeliſchen den Beynamen der Proteſtanten zugezogen hat.) Die Proteſtation wurde durch einen Buͤrgermeiſter von Memmin- gen, einen Anſpachiſchen Secretaͤr und einen Nuͤrn- bergiſchen Syndicus (haͤtte man nicht lieber Per- ſonen von Stande zu dieſer Abſendung wehlen ſol- len?) dem Kaiſer nach Italien, wo er ſchon auf dem Wege nach Teutſchland begriffen war, ent- gegengeſchickt. Sie fand aber nicht die gewuͤnſchte Aufnahme. Die Abgeordneten wurden ſo gar ge- faͤnglich eingezogen.
Doch
B b 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0423"n="389"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.</hi></fw><lb/>
men oder nicht annehmen ſollen, auszudehnen.<lb/>
So weit laͤßt ſich das Band der buͤrgerlichen Ge-<lb/>ſellſchaft, das nur ihre gemeinſame Wohlfahrt, ſo<lb/>
fern die dazu fuͤhrenden Mittel eines Zwanges faͤ-<lb/>
hig ſind, zum Gegenſtande hat, mit Recht wohl<lb/>
nicht erſtrecken. Viel weniger konnte nach dem<lb/>
Verhaͤltniſſe, worin die Teutſchen Reichsſtaͤnde als<lb/>
wahre Regenten eben ſo vieler beſonderer Staaten<lb/>
mit ihren reichstaͤglichen Stimmen unter einander<lb/>ſtehen, die Mehrheit dieſer Stimmen den uͤbrigen<lb/>
in ſolchen Dingen Geſetze vorſchreiben.)</p><lb/><p>Den evangeliſchen Staͤnden blieb in dieſer Lage<noteplace="right"><hirendition="#aq">VI.</hi></note><lb/>
nichts uͤbrig, als gegen dieſen durch die Mehrheit<lb/>
der Stimmen ihnen ſo nachtheilig gemachten Reichs-<lb/>ſchluß zu <hirendition="#fr">proteſtiren.</hi> Außer dem Churfuͤrſten<lb/>
Johann von Sachſen, dem Marggrafen Georg von<lb/>
Brandenburg-Anſpach, den Herzogen Ernſt und<lb/>
Franz von Braunſchweig-Luͤneburg, dem Landgra-<lb/>
fen Philipp von Heſſen und dem Fuͤrſten Wolfgang<lb/>
von Anhalt waren es vierzehn Reichsſtaͤdte, welche<lb/>
dieſe Proteſtation unterſchrieben, (die nachher 1544.<lb/>
auf Veranlaßung des damaligen paͤbſtlichen Bot-<lb/>ſchafters den Evangeliſchen den Beynamen der<lb/><hirendition="#fr">Proteſtanten</hi> zugezogen hat.) Die Proteſtation<lb/>
wurde durch einen Buͤrgermeiſter von Memmin-<lb/>
gen, einen Anſpachiſchen Secretaͤr und einen Nuͤrn-<lb/>
bergiſchen Syndicus (haͤtte man nicht lieber Per-<lb/>ſonen von Stande zu dieſer Abſendung wehlen ſol-<lb/>
len?) dem Kaiſer nach Italien, wo er ſchon auf<lb/>
dem Wege nach Teutſchland begriffen war, ent-<lb/>
gegengeſchickt. Sie fand aber nicht die gewuͤnſchte<lb/>
Aufnahme. Die Abgeordneten wurden ſo gar ge-<lb/>
faͤnglich eingezogen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Doch</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[389/0423]
4) Reichstage bis zur A. C. 1526-1530.
men oder nicht annehmen ſollen, auszudehnen.
So weit laͤßt ſich das Band der buͤrgerlichen Ge-
ſellſchaft, das nur ihre gemeinſame Wohlfahrt, ſo
fern die dazu fuͤhrenden Mittel eines Zwanges faͤ-
hig ſind, zum Gegenſtande hat, mit Recht wohl
nicht erſtrecken. Viel weniger konnte nach dem
Verhaͤltniſſe, worin die Teutſchen Reichsſtaͤnde als
wahre Regenten eben ſo vieler beſonderer Staaten
mit ihren reichstaͤglichen Stimmen unter einander
ſtehen, die Mehrheit dieſer Stimmen den uͤbrigen
in ſolchen Dingen Geſetze vorſchreiben.)
Den evangeliſchen Staͤnden blieb in dieſer Lage
nichts uͤbrig, als gegen dieſen durch die Mehrheit
der Stimmen ihnen ſo nachtheilig gemachten Reichs-
ſchluß zu proteſtiren. Außer dem Churfuͤrſten
Johann von Sachſen, dem Marggrafen Georg von
Brandenburg-Anſpach, den Herzogen Ernſt und
Franz von Braunſchweig-Luͤneburg, dem Landgra-
fen Philipp von Heſſen und dem Fuͤrſten Wolfgang
von Anhalt waren es vierzehn Reichsſtaͤdte, welche
dieſe Proteſtation unterſchrieben, (die nachher 1544.
auf Veranlaßung des damaligen paͤbſtlichen Bot-
ſchafters den Evangeliſchen den Beynamen der
Proteſtanten zugezogen hat.) Die Proteſtation
wurde durch einen Buͤrgermeiſter von Memmin-
gen, einen Anſpachiſchen Secretaͤr und einen Nuͤrn-
bergiſchen Syndicus (haͤtte man nicht lieber Per-
ſonen von Stande zu dieſer Abſendung wehlen ſol-
len?) dem Kaiſer nach Italien, wo er ſchon auf
dem Wege nach Teutſchland begriffen war, ent-
gegengeſchickt. Sie fand aber nicht die gewuͤnſchte
Aufnahme. Die Abgeordneten wurden ſo gar ge-
faͤnglich eingezogen.
VI.
Doch
B b 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/423>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.