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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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3) Religionsbegebenheiten 1525.
behielt. Glücklich war die evangelische Religion,
wo ganze Reiche, Länder und Städte sich einmü-
thig dazu bekannten, und dann mit beiderseitiger
Einwilligung von Landesherrschaften oder Obrig-
keiten und Unterthanen nach eines jeden Landes
oder Ortes Umständen die nöthigen neuen Einrich-
tungen getroffen werden konnten.

Auf diesen Fuß kam nun auch die evangeli-IX.
sche Kirchenverfassung an einem Orte und in
einem Lande nach dem andern zu Stande. Ueber-
all war man darin übereinstimmend, daß man sich
nur an der Bibel und insonderheit an den Schrif-
ten des neuen Testamentes hielt, und weder Tra-
dition noch menschliche Befehle in Glaubenssachen
gelten ließ. Auch pflegte man wohl in einem Lan-
de das Beyspiel eines andern, wo schon ähnliche
Einrichtungen getroffen waren, zu benutzen; in
der natürlichen Hoffnung, unter ähnlichen Umstän-
den gleichen Erfolg davon erwarten zu dürfen.
Auf gleiche Art sind in vielen anderen Fällen, z. B.
über das Wechselgeschäfft, Assecuranzwesen u. d. g.
von mehreren sonst von einander unabhängigen
Europäischen oder Teutschen Staaten manche gleich-
förmige Gesetzgebungen entstanden, da immer einer
den Vorgang des andern sich zu Nutze zu machen
gesucht hat, ohne jedoch sich abhalten zu laßen,
da, wo es dienlich schien, nach den besonderen
Umständen eines jeden Reiches oder Landes einzel-
nen Abweichungen Platz zu geben. So wenig aber
deswegen in ganz Europa oder auch nur in ganz
Teutschland ganz einerley Wechselrecht oder Assecu-
ranzrecht statt findet; so wenig entstand in allen
evangelischen Staaten völlig einerley Kirchenverfas-

sung.
A a 5

3) Religionsbegebenheiten 1525.
behielt. Gluͤcklich war die evangeliſche Religion,
wo ganze Reiche, Laͤnder und Staͤdte ſich einmuͤ-
thig dazu bekannten, und dann mit beiderſeitiger
Einwilligung von Landesherrſchaften oder Obrig-
keiten und Unterthanen nach eines jeden Landes
oder Ortes Umſtaͤnden die noͤthigen neuen Einrich-
tungen getroffen werden konnten.

Auf dieſen Fuß kam nun auch die evangeli-IX.
ſche Kirchenverfaſſung an einem Orte und in
einem Lande nach dem andern zu Stande. Ueber-
all war man darin uͤbereinſtimmend, daß man ſich
nur an der Bibel und inſonderheit an den Schrif-
ten des neuen Teſtamentes hielt, und weder Tra-
dition noch menſchliche Befehle in Glaubensſachen
gelten ließ. Auch pflegte man wohl in einem Lan-
de das Beyſpiel eines andern, wo ſchon aͤhnliche
Einrichtungen getroffen waren, zu benutzen; in
der natuͤrlichen Hoffnung, unter aͤhnlichen Umſtaͤn-
den gleichen Erfolg davon erwarten zu duͤrfen.
Auf gleiche Art ſind in vielen anderen Faͤllen, z. B.
uͤber das Wechſelgeſchaͤfft, Aſſecuranzweſen u. d. g.
von mehreren ſonſt von einander unabhaͤngigen
Europaͤiſchen oder Teutſchen Staaten manche gleich-
foͤrmige Geſetzgebungen entſtanden, da immer einer
den Vorgang des andern ſich zu Nutze zu machen
geſucht hat, ohne jedoch ſich abhalten zu laßen,
da, wo es dienlich ſchien, nach den beſonderen
Umſtaͤnden eines jeden Reiches oder Landes einzel-
nen Abweichungen Platz zu geben. So wenig aber
deswegen in ganz Europa oder auch nur in ganz
Teutſchland ganz einerley Wechſelrecht oder Aſſecu-
ranzrecht ſtatt findet; ſo wenig entſtand in allen
evangeliſchen Staaten voͤllig einerley Kirchenverfaſ-

ſung.
A a 5
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[377/0411] 3) Religionsbegebenheiten 1525. behielt. Gluͤcklich war die evangeliſche Religion, wo ganze Reiche, Laͤnder und Staͤdte ſich einmuͤ- thig dazu bekannten, und dann mit beiderſeitiger Einwilligung von Landesherrſchaften oder Obrig- keiten und Unterthanen nach eines jeden Landes oder Ortes Umſtaͤnden die noͤthigen neuen Einrich- tungen getroffen werden konnten. Auf dieſen Fuß kam nun auch die evangeli- ſche Kirchenverfaſſung an einem Orte und in einem Lande nach dem andern zu Stande. Ueber- all war man darin uͤbereinſtimmend, daß man ſich nur an der Bibel und inſonderheit an den Schrif- ten des neuen Teſtamentes hielt, und weder Tra- dition noch menſchliche Befehle in Glaubensſachen gelten ließ. Auch pflegte man wohl in einem Lan- de das Beyſpiel eines andern, wo ſchon aͤhnliche Einrichtungen getroffen waren, zu benutzen; in der natuͤrlichen Hoffnung, unter aͤhnlichen Umſtaͤn- den gleichen Erfolg davon erwarten zu duͤrfen. Auf gleiche Art ſind in vielen anderen Faͤllen, z. B. uͤber das Wechſelgeſchaͤfft, Aſſecuranzweſen u. d. g. von mehreren ſonſt von einander unabhaͤngigen Europaͤiſchen oder Teutſchen Staaten manche gleich- foͤrmige Geſetzgebungen entſtanden, da immer einer den Vorgang des andern ſich zu Nutze zu machen geſucht hat, ohne jedoch ſich abhalten zu laßen, da, wo es dienlich ſchien, nach den beſonderen Umſtaͤnden eines jeden Reiches oder Landes einzel- nen Abweichungen Platz zu geben. So wenig aber deswegen in ganz Europa oder auch nur in ganz Teutſchland ganz einerley Wechſelrecht oder Aſſecu- ranzrecht ſtatt findet; ſo wenig entſtand in allen evangeliſchen Staaten voͤllig einerley Kirchenverfaſ- ſung. IX. A a 5

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/411>, abgerufen am 22.11.2024.