men des Fegefeuers vorstellte, sich aus der Bibel beweisen ließe, oder daß für abgeschiedene Seelen noch von Ueberlebenden Gebete oder Opfer etwas helfen könnten. Man glaubte auch nicht, daß es von Nutzen und mit der allein Gott schuldigen An- betung zu vereinbaren sey, Engel oder Heilige im Himmel um Hülfe und Beystand oder Fürsprache anzurufen.
Das alleine waren schon so wesentliche StückeXVI. der Religion, die selbst auf das Thun und Laßen eines jeden Menschen solchen Einfluß hatten, daß diejenigen, die hierüber verschieden dachten, un- möglich einerley Glaubensbekenntniß annehmen konnten. Viele andere Dinge standen damit noch in Verbindung, die jedem nachdenkenden Christen desto bedenklicher vorkommen mußten, je weniger es zu verkennen war, daß alle die Folgen von Al- mosen, milden Stiftungen, Wallfahrten, Kirchen- bußen, Ablaßbriefen, Seelmessen u. s. w., die aus jenen Lehrsätzen gezogen wurden, am meisten in seiner Blöße darstellten, was bisher dem so weit ge- triebenen Uebergewichte des geistlichen Standes und sowohl dessen Eigennutze, als der ganzen päbstlichen Hierarchie zur größten Unterstützung gedienet hatte.
Hierzu kam nun noch im äußerlichen Gottes-XVII. dienste der bisherige Gebrauch der Messe, die man jetzt mit ganz anderen Augen anzusehen an- fieng. Man erkannte zwar aus den Schriften des neuen Testaments, daß Christus zum Andenken sei- nes Todes ein Gedächtnißmahl von Brod und Wein eingesetzt habe. Aber da Christus durch seinen übernommenen Kreuzestod ein vor allemal
sein
2) D. Luther bis 1525.
men des Fegefeuers vorſtellte, ſich aus der Bibel beweiſen ließe, oder daß fuͤr abgeſchiedene Seelen noch von Ueberlebenden Gebete oder Opfer etwas helfen koͤnnten. Man glaubte auch nicht, daß es von Nutzen und mit der allein Gott ſchuldigen An- betung zu vereinbaren ſey, Engel oder Heilige im Himmel um Huͤlfe und Beyſtand oder Fuͤrſprache anzurufen.
Das alleine waren ſchon ſo weſentliche StuͤckeXVI. der Religion, die ſelbſt auf das Thun und Laßen eines jeden Menſchen ſolchen Einfluß hatten, daß diejenigen, die hieruͤber verſchieden dachten, un- moͤglich einerley Glaubensbekenntniß annehmen konnten. Viele andere Dinge ſtanden damit noch in Verbindung, die jedem nachdenkenden Chriſten deſto bedenklicher vorkommen mußten, je weniger es zu verkennen war, daß alle die Folgen von Al- moſen, milden Stiftungen, Wallfahrten, Kirchen- bußen, Ablaßbriefen, Seelmeſſen u. ſ. w., die aus jenen Lehrſaͤtzen gezogen wurden, am meiſten in ſeiner Bloͤße darſtellten, was bisher dem ſo weit ge- triebenen Uebergewichte des geiſtlichen Standes und ſowohl deſſen Eigennutze, als der ganzen paͤbſtlichen Hierarchie zur groͤßten Unterſtuͤtzung gedienet hatte.
Hierzu kam nun noch im aͤußerlichen Gottes-XVII. dienſte der bisherige Gebrauch der Meſſe, die man jetzt mit ganz anderen Augen anzuſehen an- fieng. Man erkannte zwar aus den Schriften des neuen Teſtaments, daß Chriſtus zum Andenken ſei- nes Todes ein Gedaͤchtnißmahl von Brod und Wein eingeſetzt habe. Aber da Chriſtus durch ſeinen uͤbernommenen Kreuzestod ein vor allemal
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2) D. Luther bis 1525.
men des Fegefeuers vorſtellte, ſich aus der Bibel
beweiſen ließe, oder daß fuͤr abgeſchiedene Seelen
noch von Ueberlebenden Gebete oder Opfer etwas
helfen koͤnnten. Man glaubte auch nicht, daß es
von Nutzen und mit der allein Gott ſchuldigen An-
betung zu vereinbaren ſey, Engel oder Heilige im
Himmel um Huͤlfe und Beyſtand oder Fuͤrſprache
anzurufen.
Das alleine waren ſchon ſo weſentliche Stuͤcke
der Religion, die ſelbſt auf das Thun und Laßen
eines jeden Menſchen ſolchen Einfluß hatten, daß
diejenigen, die hieruͤber verſchieden dachten, un-
moͤglich einerley Glaubensbekenntniß annehmen
konnten. Viele andere Dinge ſtanden damit noch
in Verbindung, die jedem nachdenkenden Chriſten
deſto bedenklicher vorkommen mußten, je weniger
es zu verkennen war, daß alle die Folgen von Al-
moſen, milden Stiftungen, Wallfahrten, Kirchen-
bußen, Ablaßbriefen, Seelmeſſen u. ſ. w., die aus
jenen Lehrſaͤtzen gezogen wurden, am meiſten in
ſeiner Bloͤße darſtellten, was bisher dem ſo weit ge-
triebenen Uebergewichte des geiſtlichen Standes und
ſowohl deſſen Eigennutze, als der ganzen paͤbſtlichen
Hierarchie zur groͤßten Unterſtuͤtzung gedienet hatte.
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Hierzu kam nun noch im aͤußerlichen Gottes-
dienſte der bisherige Gebrauch der Meſſe, die
man jetzt mit ganz anderen Augen anzuſehen an-
fieng. Man erkannte zwar aus den Schriften des
neuen Teſtaments, daß Chriſtus zum Andenken ſei-
nes Todes ein Gedaͤchtnißmahl von Brod und
Wein eingeſetzt habe. Aber da Chriſtus durch
ſeinen uͤbernommenen Kreuzestod ein vor allemal
ſein
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/399>, abgerufen am 25.11.2024.
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