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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
Zur Versöhnung der Menschen mit Gott würde es
schon hinlänglich gewesen seyn, wenn Christus auch
nur einen Tropfen Blutes vergossen hätte. Mit
seinem Leiden und Tode habe er ungleich mehr,
als erforderlich gewesen wäre, geleistet. Damit sey
die Absicht gewesen, der Christlichen Kirche einen un-
erschöpflichen Schatz anzulegen, der durch den Werth
der Verdienste und guten Werke so vieler Heiligen
noch immer vermehrt worden sey. Dieser Schatz
verdienstlicher Werke sey dem Statthalter Christi
zur Vertheilung unter den Christen anvertrauet,
um einem jeden davon soviel anzuschreiben, als ihm
sonst an eignen guten Werken abgehen würde, oder
an Sünden von dem, was in jenem Schatze schon
gut gemacht sey, soviel als nöthig sey, abzuschrei-
ben und abzulaßen (o).


III.

Man glaubte also, der Pabst habe es in sei-
ner Gewalt, nicht nur äußerliche Strafen der Kir-
chenzucht zu erlaßen, sondern auch unter voraus-
gesetzter Reue und Buße auf gewisse Bedingungen
mehr oder weniger Ablaß der Sünden zu erthei-
len. Solche Bedingungen waren ehedem bald
Kreuzzüge, bald Wallfahrten zu Jubelfesten nach
Rom, bald Geldbeyträge zu Kriegen gegen die Tür-

ken,
(o) Eine päbstliche Bulle Clemens des VI. vom
Jahre 1342. machte das alles zu Glaubensartikeln.
Geschichte des protestantischen Lehrbegriffs (von
Gottl. Jac. Plank) B. 1. S. 30. u. f. (ein classi-
sches Buch, das insonderheit von denen, die nur
die hieher gehörigen Theile von der übrigens vor-
trefflichen Schmidtischen Geschichte der Teutschen,
oder gar nur Maimbourg histoire du Luthe-
ranisme
gelesen haben, unpartheyisch damit ver-
glichen zu werden verdienet.)

IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
Zur Verſoͤhnung der Menſchen mit Gott wuͤrde es
ſchon hinlaͤnglich geweſen ſeyn, wenn Chriſtus auch
nur einen Tropfen Blutes vergoſſen haͤtte. Mit
ſeinem Leiden und Tode habe er ungleich mehr,
als erforderlich geweſen waͤre, geleiſtet. Damit ſey
die Abſicht geweſen, der Chriſtlichen Kirche einen un-
erſchoͤpflichen Schatz anzulegen, der durch den Werth
der Verdienſte und guten Werke ſo vieler Heiligen
noch immer vermehrt worden ſey. Dieſer Schatz
verdienſtlicher Werke ſey dem Statthalter Chriſti
zur Vertheilung unter den Chriſten anvertrauet,
um einem jeden davon ſoviel anzuſchreiben, als ihm
ſonſt an eignen guten Werken abgehen wuͤrde, oder
an Suͤnden von dem, was in jenem Schatze ſchon
gut gemacht ſey, ſoviel als noͤthig ſey, abzuſchrei-
ben und abzulaßen (o).


III.

Man glaubte alſo, der Pabſt habe es in ſei-
ner Gewalt, nicht nur aͤußerliche Strafen der Kir-
chenzucht zu erlaßen, ſondern auch unter voraus-
geſetzter Reue und Buße auf gewiſſe Bedingungen
mehr oder weniger Ablaß der Suͤnden zu erthei-
len. Solche Bedingungen waren ehedem bald
Kreuzzuͤge, bald Wallfahrten zu Jubelfeſten nach
Rom, bald Geldbeytraͤge zu Kriegen gegen die Tuͤr-

ken,
(o) Eine paͤbſtliche Bulle Clemens des VI. vom
Jahre 1342. machte das alles zu Glaubensartikeln.
Geſchichte des proteſtantiſchen Lehrbegriffs (von
Gottl. Jac. Plank) B. 1. S. 30. u. f. (ein claſſi-
ſches Buch, das inſonderheit von denen, die nur
die hieher gehoͤrigen Theile von der uͤbrigens vor-
trefflichen Schmidtiſchen Geſchichte der Teutſchen,
oder gar nur Maimbourg hiſtoire du Luthe-
ranisme
geleſen haben, unpartheyiſch damit ver-
glichen zu werden verdienet.)
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[344/0378] IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519. Zur Verſoͤhnung der Menſchen mit Gott wuͤrde es ſchon hinlaͤnglich geweſen ſeyn, wenn Chriſtus auch nur einen Tropfen Blutes vergoſſen haͤtte. Mit ſeinem Leiden und Tode habe er ungleich mehr, als erforderlich geweſen waͤre, geleiſtet. Damit ſey die Abſicht geweſen, der Chriſtlichen Kirche einen un- erſchoͤpflichen Schatz anzulegen, der durch den Werth der Verdienſte und guten Werke ſo vieler Heiligen noch immer vermehrt worden ſey. Dieſer Schatz verdienſtlicher Werke ſey dem Statthalter Chriſti zur Vertheilung unter den Chriſten anvertrauet, um einem jeden davon ſoviel anzuſchreiben, als ihm ſonſt an eignen guten Werken abgehen wuͤrde, oder an Suͤnden von dem, was in jenem Schatze ſchon gut gemacht ſey, ſoviel als noͤthig ſey, abzuſchrei- ben und abzulaßen (o). Man glaubte alſo, der Pabſt habe es in ſei- ner Gewalt, nicht nur aͤußerliche Strafen der Kir- chenzucht zu erlaßen, ſondern auch unter voraus- geſetzter Reue und Buße auf gewiſſe Bedingungen mehr oder weniger Ablaß der Suͤnden zu erthei- len. Solche Bedingungen waren ehedem bald Kreuzzuͤge, bald Wallfahrten zu Jubelfeſten nach Rom, bald Geldbeytraͤge zu Kriegen gegen die Tuͤr- ken, (o) Eine paͤbſtliche Bulle Clemens des VI. vom Jahre 1342. machte das alles zu Glaubensartikeln. Geſchichte des proteſtantiſchen Lehrbegriffs (von Gottl. Jac. Plank) B. 1. S. 30. u. f. (ein claſſi- ſches Buch, das inſonderheit von denen, die nur die hieher gehoͤrigen Theile von der uͤbrigens vor- trefflichen Schmidtiſchen Geſchichte der Teutſchen, oder gar nur Maimbourg hiſtoire du Luthe- ranisme geleſen haben, unpartheyiſch damit ver- glichen zu werden verdienet.)

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/378>, abgerufen am 22.11.2024.