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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
zu überzeugen, wie hart es dem Teutschen Adel
angekommen, sich der Plackereyen des Faustrechts
zu enthalten (e). Auch die damit verbundenen
rohen Sitten (f), insonderheit in Ansehung des

über-
die Verurtheilung zur Schadensersetzung mit 14.
tausend Gulden. Dazu trug aber selbst der Bischof
von Würzburg 7000. Fl. mit bey. Und darauf
erfolgte auch die Entbindung von der Acht.
(e) Noch in einem ums Jahr 1620. von einem
Mitgliede der Reichsritterschaft ausgefertigten Be-
denken wird mit einer Art von Wehmuth in Erin-
nerung gebracht, wie das Faustrecht ehedem das
beste gethan habe, so lange sich theils adeliche
Häuser fest zusammengehalten, theils auch an-
dere mittelmäßige Stände, als nächstgesessene Bi-
schöfe, Prälaten und Grafen, durch gegenseitige
Hülfsverträge Beystand geleistet hätten. Wie
aber nachfolgends allerley Mißverstände einge-
rissen, "und die alten redlichen Fehden etlicher
"Mißbräuche halber oder vielmehr ad aemulato-
"rum artificiosas instantias
durch den Landfrieden
"aufgehoben seyen;" -- da habe es angefangen
zu hinken. F. C. Mosers kleine Schriften B. 2.
(Frf. 1752. 8.) S. 32.
(f) Man erschrickt, wenn man nur lieset,
was selbst in Reichsgesetzen des XVI. Jahrhunderts
von Gotteslästerungen, Flüchen und Schwüren
vorkömmt, so gar nach besonderen Abtheilungen
von Flüchen und Schwüren des Adels, der reisigen
Knechte u. s. w. Samml. der R. A. Th. 2. S. 590.
Und was soll man von den Sitten eines Zeitalters
denken, da es noch gewöhnliche Strafen waren,
lebendig zu begraben, lebendig in Oel zu sieden,
Augen auszustechen, durch die Backen zu bren-
nen u. s. w., wie dergleichen in Silbermanns
Geschichte von Straßburg noch von den Jahren 1510.
1515. vorkommen, oder da noch ein Herzog Ul-
rich von Würtenberg "einen seiner Räthe aus einer
"sehr

IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
zu uͤberzeugen, wie hart es dem Teutſchen Adel
angekommen, ſich der Plackereyen des Fauſtrechts
zu enthalten (e). Auch die damit verbundenen
rohen Sitten (f), inſonderheit in Anſehung des

uͤber-
die Verurtheilung zur Schadenserſetzung mit 14.
tauſend Gulden. Dazu trug aber ſelbſt der Biſchof
von Wuͤrzburg 7000. Fl. mit bey. Und darauf
erfolgte auch die Entbindung von der Acht.
(e) Noch in einem ums Jahr 1620. von einem
Mitgliede der Reichsritterſchaft ausgefertigten Be-
denken wird mit einer Art von Wehmuth in Erin-
nerung gebracht, wie das Fauſtrecht ehedem das
beſte gethan habe, ſo lange ſich theils adeliche
Haͤuſer feſt zuſammengehalten, theils auch an-
dere mittelmaͤßige Staͤnde, als naͤchſtgeſeſſene Bi-
ſchoͤfe, Praͤlaten und Grafen, durch gegenſeitige
Huͤlfsvertraͤge Beyſtand geleiſtet haͤtten. Wie
aber nachfolgends allerley Mißverſtaͤnde einge-
riſſen, ”und die alten redlichen Fehden etlicher
„Mißbraͤuche halber oder vielmehr ad aemulato-
„rum artificioſas inſtantias
durch den Landfrieden
„aufgehoben ſeyen;” — da habe es angefangen
zu hinken. F. C. Moſers kleine Schriften B. 2.
(Frf. 1752. 8.) S. 32.
(f) Man erſchrickt, wenn man nur lieſet,
was ſelbſt in Reichsgeſetzen des XVI. Jahrhunderts
von Gotteslaͤſterungen, Fluͤchen und Schwuͤren
vorkoͤmmt, ſo gar nach beſonderen Abtheilungen
von Fluͤchen und Schwuͤren des Adels, der reiſigen
Knechte u. ſ. w. Samml. der R. A. Th. 2. S. 590.
Und was ſoll man von den Sitten eines Zeitalters
denken, da es noch gewoͤhnliche Strafen waren,
lebendig zu begraben, lebendig in Oel zu ſieden,
Augen auszuſtechen, durch die Backen zu bren-
nen u. ſ. w., wie dergleichen in Silbermanns
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[336/0370] IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519. zu uͤberzeugen, wie hart es dem Teutſchen Adel angekommen, ſich der Plackereyen des Fauſtrechts zu enthalten (e). Auch die damit verbundenen rohen Sitten (f), inſonderheit in Anſehung des uͤber- (d) (e) Noch in einem ums Jahr 1620. von einem Mitgliede der Reichsritterſchaft ausgefertigten Be- denken wird mit einer Art von Wehmuth in Erin- nerung gebracht, wie das Fauſtrecht ehedem das beſte gethan habe, ſo lange ſich theils adeliche Haͤuſer feſt zuſammengehalten, theils auch an- dere mittelmaͤßige Staͤnde, als naͤchſtgeſeſſene Bi- ſchoͤfe, Praͤlaten und Grafen, durch gegenſeitige Huͤlfsvertraͤge Beyſtand geleiſtet haͤtten. Wie aber nachfolgends allerley Mißverſtaͤnde einge- riſſen, ”und die alten redlichen Fehden etlicher „Mißbraͤuche halber oder vielmehr ad aemulato- „rum artificioſas inſtantias durch den Landfrieden „aufgehoben ſeyen;” — da habe es angefangen zu hinken. F. C. Moſers kleine Schriften B. 2. (Frf. 1752. 8.) S. 32. (f) Man erſchrickt, wenn man nur lieſet, was ſelbſt in Reichsgeſetzen des XVI. Jahrhunderts von Gotteslaͤſterungen, Fluͤchen und Schwuͤren vorkoͤmmt, ſo gar nach beſonderen Abtheilungen von Fluͤchen und Schwuͤren des Adels, der reiſigen Knechte u. ſ. w. Samml. der R. A. Th. 2. S. 590. Und was ſoll man von den Sitten eines Zeitalters denken, da es noch gewoͤhnliche Strafen waren, lebendig zu begraben, lebendig in Oel zu ſieden, Augen auszuſtechen, durch die Backen zu bren- nen u. ſ. w., wie dergleichen in Silbermanns Geſchichte von Straßburg noch von den Jahren 1510. 1515. vorkommen, oder da noch ein Herzog Ul- rich von Wuͤrtenberg ”einen ſeiner Raͤthe aus einer „ſehr (d) die Verurtheilung zur Schadenserſetzung mit 14. tauſend Gulden. Dazu trug aber ſelbſt der Biſchof von Wuͤrzburg 7000. Fl. mit bey. Und darauf erfolgte auch die Entbindung von der Acht.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/370>, abgerufen am 22.11.2024.