Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

5) Carl IV. -- Sigism. 1376-1414.
lichen Stellen der heilige Vater schon getreulich
sorgen wollte? Welche väterliche Vorsorge war es
nicht ferner, wenn Benedict der XII. (1335.) sich
vorbehielt, alle Stellen, deren Inhaber während
ihres Aufenthalts beym päbstlichen Stuhle abgien-
gen, selbst wieder besetzen zu wollen, ohne daß
sich die auf solche Art verwaiseten Kirchen oder
Stifter deshalb Sorge und Mühe machen dürften?
Wie billig war es, wenn hernach auf gleiche Art
der päbstliche Stuhl es übernahm, die Stellen de-
rer, die etwa vom Pabste abgesetzt oder anders-
wohin versetzt wären, oder die auch nur auf der
Hin- und Herreise zum oder vom päbstlichen Stuhle
mit Tode abgiengen, wieder zu besetzen, oder in
Fällen, wenn Cardinäle, die zugleich Bischöfe oder
Erzbischöfe wären, abgiengen, nicht nur ihre Car-
dinalsstellen, sondern auch ihre erledigte Kirchen
wieder mit tüchtigen Männern zu versehen? Ja
wenn endlich das unbeschränkte und untrügliche
höchste Oberhaupt der Kirche gerade zu erklärte,
daß es aus höchster Machtvollkommenheit Bisthü-
mer und Pfründen zum Besten der Kirche diesem
oder jenem zugedacht habe; wer wollte sich unter-
stehen, dagegen etwas zu erinnern?

Hatte nun aber jemand das Glück, aus den Hän-III.
den des göttlichen Statthalters selbst eine geistliche
Würde zu bekommen; sollte er dann gegen seinen
Wohlthäter, dessen bisherige Unterhaltungsquellen
ohnedem zum Theil eben versieget waren, nicht
auch billig sich erkenntlich bezeigen? Versteht sich,
daß die der Canzley für die Ausfertigungen zukom-
menden Gebühren ohnehin ihren Gang giengen; --
aber zur unmittelbaren Erkenntlichkeitsbezeigung

gegen
S 5

5) Carl IV. — Sigism. 1376-1414.
lichen Stellen der heilige Vater ſchon getreulich
ſorgen wollte? Welche vaͤterliche Vorſorge war es
nicht ferner, wenn Benedict der XII. (1335.) ſich
vorbehielt, alle Stellen, deren Inhaber waͤhrend
ihres Aufenthalts beym paͤbſtlichen Stuhle abgien-
gen, ſelbſt wieder beſetzen zu wollen, ohne daß
ſich die auf ſolche Art verwaiſeten Kirchen oder
Stifter deshalb Sorge und Muͤhe machen duͤrften?
Wie billig war es, wenn hernach auf gleiche Art
der paͤbſtliche Stuhl es uͤbernahm, die Stellen de-
rer, die etwa vom Pabſte abgeſetzt oder anders-
wohin verſetzt waͤren, oder die auch nur auf der
Hin- und Herreiſe zum oder vom paͤbſtlichen Stuhle
mit Tode abgiengen, wieder zu beſetzen, oder in
Faͤllen, wenn Cardinaͤle, die zugleich Biſchoͤfe oder
Erzbiſchoͤfe waͤren, abgiengen, nicht nur ihre Car-
dinalsſtellen, ſondern auch ihre erledigte Kirchen
wieder mit tuͤchtigen Maͤnnern zu verſehen? Ja
wenn endlich das unbeſchraͤnkte und untruͤgliche
hoͤchſte Oberhaupt der Kirche gerade zu erklaͤrte,
daß es aus hoͤchſter Machtvollkommenheit Biſthuͤ-
mer und Pfruͤnden zum Beſten der Kirche dieſem
oder jenem zugedacht habe; wer wollte ſich unter-
ſtehen, dagegen etwas zu erinnern?

Hatte nun aber jemand das Gluͤck, aus den Haͤn-III.
den des goͤttlichen Statthalters ſelbſt eine geiſtliche
Wuͤrde zu bekommen; ſollte er dann gegen ſeinen
Wohlthaͤter, deſſen bisherige Unterhaltungsquellen
ohnedem zum Theil eben verſieget waren, nicht
auch billig ſich erkenntlich bezeigen? Verſteht ſich,
daß die der Canzley fuͤr die Ausfertigungen zukom-
menden Gebuͤhren ohnehin ihren Gang giengen; —
aber zur unmittelbaren Erkenntlichkeitsbezeigung

gegen
S 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="281"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">5) Carl <hi rendition="#aq">IV.</hi> &#x2014; Sigism. 1376-1414.</hi></fw><lb/>
lichen Stellen der heilige Vater &#x017F;chon getreulich<lb/>
&#x017F;orgen wollte? Welche va&#x0364;terliche Vor&#x017F;orge war es<lb/>
nicht ferner, wenn Benedict der <hi rendition="#aq">XII.</hi> (1335.) &#x017F;ich<lb/>
vorbehielt, alle Stellen, deren Inhaber wa&#x0364;hrend<lb/>
ihres Aufenthalts beym pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Stuhle abgien-<lb/>
gen, &#x017F;elb&#x017F;t wieder be&#x017F;etzen zu wollen, ohne daß<lb/>
&#x017F;ich die auf &#x017F;olche Art verwai&#x017F;eten Kirchen oder<lb/>
Stifter deshalb Sorge und Mu&#x0364;he machen du&#x0364;rften?<lb/>
Wie billig war es, wenn hernach auf gleiche Art<lb/>
der pa&#x0364;b&#x017F;tliche Stuhl es u&#x0364;bernahm, die Stellen de-<lb/>
rer, die etwa vom Pab&#x017F;te abge&#x017F;etzt oder anders-<lb/>
wohin ver&#x017F;etzt wa&#x0364;ren, oder die auch nur auf der<lb/>
Hin- und Herrei&#x017F;e zum oder vom pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Stuhle<lb/>
mit Tode abgiengen, wieder zu be&#x017F;etzen, oder in<lb/>
Fa&#x0364;llen, wenn Cardina&#x0364;le, die zugleich Bi&#x017F;cho&#x0364;fe oder<lb/>
Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fe wa&#x0364;ren, abgiengen, nicht nur ihre Car-<lb/>
dinals&#x017F;tellen, &#x017F;ondern auch ihre erledigte Kirchen<lb/>
wieder mit tu&#x0364;chtigen Ma&#x0364;nnern zu ver&#x017F;ehen? Ja<lb/>
wenn endlich das unbe&#x017F;chra&#x0364;nkte und untru&#x0364;gliche<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Oberhaupt der Kirche gerade zu erkla&#x0364;rte,<lb/>
daß es aus ho&#x0364;ch&#x017F;ter Machtvollkommenheit Bi&#x017F;thu&#x0364;-<lb/>
mer und Pfru&#x0364;nden zum Be&#x017F;ten der Kirche die&#x017F;em<lb/>
oder jenem zugedacht habe; wer wollte &#x017F;ich unter-<lb/>
&#x017F;tehen, dagegen etwas zu erinnern?</p><lb/>
          <p>Hatte nun aber jemand das Glu&#x0364;ck, aus den Ha&#x0364;n-<note place="right"><hi rendition="#aq">III.</hi></note><lb/>
den des go&#x0364;ttlichen Statthalters &#x017F;elb&#x017F;t eine gei&#x017F;tliche<lb/>
Wu&#x0364;rde zu bekommen; &#x017F;ollte er dann gegen &#x017F;einen<lb/>
Wohltha&#x0364;ter, de&#x017F;&#x017F;en bisherige Unterhaltungsquellen<lb/>
ohnedem zum Theil eben ver&#x017F;ieget waren, nicht<lb/>
auch billig &#x017F;ich erkenntlich bezeigen? Ver&#x017F;teht &#x017F;ich,<lb/>
daß die der Canzley fu&#x0364;r die Ausfertigungen zukom-<lb/>
menden Gebu&#x0364;hren ohnehin ihren Gang giengen; &#x2014;<lb/>
aber zur unmittelbaren Erkenntlichkeitsbezeigung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 5</fw><fw place="bottom" type="catch">gegen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0315] 5) Carl IV. — Sigism. 1376-1414. lichen Stellen der heilige Vater ſchon getreulich ſorgen wollte? Welche vaͤterliche Vorſorge war es nicht ferner, wenn Benedict der XII. (1335.) ſich vorbehielt, alle Stellen, deren Inhaber waͤhrend ihres Aufenthalts beym paͤbſtlichen Stuhle abgien- gen, ſelbſt wieder beſetzen zu wollen, ohne daß ſich die auf ſolche Art verwaiſeten Kirchen oder Stifter deshalb Sorge und Muͤhe machen duͤrften? Wie billig war es, wenn hernach auf gleiche Art der paͤbſtliche Stuhl es uͤbernahm, die Stellen de- rer, die etwa vom Pabſte abgeſetzt oder anders- wohin verſetzt waͤren, oder die auch nur auf der Hin- und Herreiſe zum oder vom paͤbſtlichen Stuhle mit Tode abgiengen, wieder zu beſetzen, oder in Faͤllen, wenn Cardinaͤle, die zugleich Biſchoͤfe oder Erzbiſchoͤfe waͤren, abgiengen, nicht nur ihre Car- dinalsſtellen, ſondern auch ihre erledigte Kirchen wieder mit tuͤchtigen Maͤnnern zu verſehen? Ja wenn endlich das unbeſchraͤnkte und untruͤgliche hoͤchſte Oberhaupt der Kirche gerade zu erklaͤrte, daß es aus hoͤchſter Machtvollkommenheit Biſthuͤ- mer und Pfruͤnden zum Beſten der Kirche dieſem oder jenem zugedacht habe; wer wollte ſich unter- ſtehen, dagegen etwas zu erinnern? Hatte nun aber jemand das Gluͤck, aus den Haͤn- den des goͤttlichen Statthalters ſelbſt eine geiſtliche Wuͤrde zu bekommen; ſollte er dann gegen ſeinen Wohlthaͤter, deſſen bisherige Unterhaltungsquellen ohnedem zum Theil eben verſieget waren, nicht auch billig ſich erkenntlich bezeigen? Verſteht ſich, daß die der Canzley fuͤr die Ausfertigungen zukom- menden Gebuͤhren ohnehin ihren Gang giengen; — aber zur unmittelbaren Erkenntlichkeitsbezeigung gegen III. S 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/315
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/315>, abgerufen am 22.11.2024.