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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
Doch wahrscheinlich mögen schon damals mehrere
Grafen aus einer Gegend zusammengenommen
kaum hinlänglich gewesen seyn, einem der ursprüng-
lichen Herzoge, z. B. die Schwäbischen Grafen
dem Herzoge von Schwaben u. s. w. das Gegen-
gewicht zu halten. Dem sey aber wie ihm wolle,
diesen ersten Standeserhöhungen, wodurch Grafen
in Herzoge verwandelt wurden, hat man alle mög-
liche Wirkungen angedeihen laßen. Nicht nur im
Range sind diese Herzoge den älteren gleich gesetzt,
und über alle Grafen erhoben worden, sondern
auch in der Art am Reichstage zu stimmen, in
der Art ihre Belehnung vom Kaiser zu empfangen,
im Canzleyceremoniel sowohl als in allen übrigen
Ceremonielsachen hat man sie ohne Anstand den übri-
gen Herzogen gleich gehalten.


IX.

Für diejenigen, die noch im Grafenstande blie-
ben, konnte es nicht anders als von nachtheiligen
Folgen seyn, wenn soviele ansehnliche bisherige
gräfliche Häuser ihren Stand jetzt verließen, und
sich den Herzogen zugesellten; zumal da noch hin-
zukam, daß viele gräfliche Häuser nach einander
ausstarben, deren Länder nicht eben wieder an
andere Grafen, sondern häufig an Fürsten kamen;
es sey nun, daß sie ihnen als Lehnherren zufielen,
oder durch Vermählungen mit gräflichen Erbtöch-
tern, oder Abstammung von gräflichen Stamm-
müttern, oder auch durch Verträge in fürstliche
Hände geriethen. Durch diese Umstände wurde
der Unterschied zwischen Fürsten und Grafen in
Teutschland immer merklicher. Wenn auch vor-
mals die Anzahl der Grafen und Herren, die etwa
einer Reichsversammlung beywohnten, leicht die

Anzahl

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
Doch wahrſcheinlich moͤgen ſchon damals mehrere
Grafen aus einer Gegend zuſammengenommen
kaum hinlaͤnglich geweſen ſeyn, einem der urſpruͤng-
lichen Herzoge, z. B. die Schwaͤbiſchen Grafen
dem Herzoge von Schwaben u. ſ. w. das Gegen-
gewicht zu halten. Dem ſey aber wie ihm wolle,
dieſen erſten Standeserhoͤhungen, wodurch Grafen
in Herzoge verwandelt wurden, hat man alle moͤg-
liche Wirkungen angedeihen laßen. Nicht nur im
Range ſind dieſe Herzoge den aͤlteren gleich geſetzt,
und uͤber alle Grafen erhoben worden, ſondern
auch in der Art am Reichstage zu ſtimmen, in
der Art ihre Belehnung vom Kaiſer zu empfangen,
im Canzleyceremoniel ſowohl als in allen uͤbrigen
Ceremonielſachen hat man ſie ohne Anſtand den uͤbri-
gen Herzogen gleich gehalten.


IX.

Fuͤr diejenigen, die noch im Grafenſtande blie-
ben, konnte es nicht anders als von nachtheiligen
Folgen ſeyn, wenn ſoviele anſehnliche bisherige
graͤfliche Haͤuſer ihren Stand jetzt verließen, und
ſich den Herzogen zugeſellten; zumal da noch hin-
zukam, daß viele graͤfliche Haͤuſer nach einander
ausſtarben, deren Laͤnder nicht eben wieder an
andere Grafen, ſondern haͤufig an Fuͤrſten kamen;
es ſey nun, daß ſie ihnen als Lehnherren zufielen,
oder durch Vermaͤhlungen mit graͤflichen Erbtoͤch-
tern, oder Abſtammung von graͤflichen Stamm-
muͤttern, oder auch durch Vertraͤge in fuͤrſtliche
Haͤnde geriethen. Durch dieſe Umſtaͤnde wurde
der Unterſchied zwiſchen Fuͤrſten und Grafen in
Teutſchland immer merklicher. Wenn auch vor-
mals die Anzahl der Grafen und Herren, die etwa
einer Reichsverſammlung beywohnten, leicht die

Anzahl
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[270/0304] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. Doch wahrſcheinlich moͤgen ſchon damals mehrere Grafen aus einer Gegend zuſammengenommen kaum hinlaͤnglich geweſen ſeyn, einem der urſpruͤng- lichen Herzoge, z. B. die Schwaͤbiſchen Grafen dem Herzoge von Schwaben u. ſ. w. das Gegen- gewicht zu halten. Dem ſey aber wie ihm wolle, dieſen erſten Standeserhoͤhungen, wodurch Grafen in Herzoge verwandelt wurden, hat man alle moͤg- liche Wirkungen angedeihen laßen. Nicht nur im Range ſind dieſe Herzoge den aͤlteren gleich geſetzt, und uͤber alle Grafen erhoben worden, ſondern auch in der Art am Reichstage zu ſtimmen, in der Art ihre Belehnung vom Kaiſer zu empfangen, im Canzleyceremoniel ſowohl als in allen uͤbrigen Ceremonielſachen hat man ſie ohne Anſtand den uͤbri- gen Herzogen gleich gehalten. Fuͤr diejenigen, die noch im Grafenſtande blie- ben, konnte es nicht anders als von nachtheiligen Folgen ſeyn, wenn ſoviele anſehnliche bisherige graͤfliche Haͤuſer ihren Stand jetzt verließen, und ſich den Herzogen zugeſellten; zumal da noch hin- zukam, daß viele graͤfliche Haͤuſer nach einander ausſtarben, deren Laͤnder nicht eben wieder an andere Grafen, ſondern haͤufig an Fuͤrſten kamen; es ſey nun, daß ſie ihnen als Lehnherren zufielen, oder durch Vermaͤhlungen mit graͤflichen Erbtoͤch- tern, oder Abſtammung von graͤflichen Stamm- muͤttern, oder auch durch Vertraͤge in fuͤrſtliche Haͤnde geriethen. Durch dieſe Umſtaͤnde wurde der Unterſchied zwiſchen Fuͤrſten und Grafen in Teutſchland immer merklicher. Wenn auch vor- mals die Anzahl der Grafen und Herren, die etwa einer Reichsverſammlung beywohnten, leicht die Anzahl

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/304>, abgerufen am 22.11.2024.