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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
stand, soviel möglich auf sichere Bestimmungen zu
setzen. Damit hat auch Carl der IV. seinen Zweck
meist völlig erreicht, da diese Vorschriften der
goldenen Bulle größtentheils bis auf den heutigen
Tag ihren Gebrauch erhalten haben. Außerdem
gieng bey Abfassung dieses Reichsgrundgesetzes auch
noch eine Hauptabsicht dahin, dem damaligen Un-
wesen des Faustrechts Einhalt zu thun. Da-
mit gelang es aber nicht zum Zwecke zu kommen,
weil man die Sache nicht an der Wurzel angriff,
sondern nur einige Zweige beschneiden wollte.


XXV.

Kein Mittel ließ sich erdenken, hierin gründlich
zu helfen, als man hätte das ganze Faustrecht, d. i.
allen Gebrauch der Selbsthülfe, schlechterdings auf-
heben und abschaffen müßen. Statt dessen blieb
man aber bey dem, was schon Friedrich der I. und
Rudolf von Habsburg geordnet hatten, daß nur
dann Befehdungen unerlaubt seyn sollten, wenn
sie nicht drey Tage vorher erweislich angekündiget
wären. So wenig damit bisher Ordnung und
Ruhe im Reiche hatte bestehen können, eben so
gewiß konnte man wohl voraussehen, daß es auch
künftig nicht besser gehen würde, so lange man
dieses Recht der dreytägigen Ankündigung der Fehde
beybehielt. Alle besondere Verordnungen, die übri-
gens die goldene Bulle hierüber enthielt, verrie-
then an sich schon, wie wenig auch für die Zu-
kunft zu hoffen war, da schon solche Mißbräuche
eingerissen waren, worüber die goldene Bulle selbst
zu klagen hatte.


XXVI.

So geschah es, um nur ein Beyspiel anzu-
führen, häufig, daß Edelleute ihre eigne Lehnherren

befeh-

III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493.
ſtand, ſoviel moͤglich auf ſichere Beſtimmungen zu
ſetzen. Damit hat auch Carl der IV. ſeinen Zweck
meiſt voͤllig erreicht, da dieſe Vorſchriften der
goldenen Bulle groͤßtentheils bis auf den heutigen
Tag ihren Gebrauch erhalten haben. Außerdem
gieng bey Abfaſſung dieſes Reichsgrundgeſetzes auch
noch eine Hauptabſicht dahin, dem damaligen Un-
weſen des Fauſtrechts Einhalt zu thun. Da-
mit gelang es aber nicht zum Zwecke zu kommen,
weil man die Sache nicht an der Wurzel angriff,
ſondern nur einige Zweige beſchneiden wollte.


XXV.

Kein Mittel ließ ſich erdenken, hierin gruͤndlich
zu helfen, als man haͤtte das ganze Fauſtrecht, d. i.
allen Gebrauch der Selbſthuͤlfe, ſchlechterdings auf-
heben und abſchaffen muͤßen. Statt deſſen blieb
man aber bey dem, was ſchon Friedrich der I. und
Rudolf von Habsburg geordnet hatten, daß nur
dann Befehdungen unerlaubt ſeyn ſollten, wenn
ſie nicht drey Tage vorher erweislich angekuͤndiget
waͤren. So wenig damit bisher Ordnung und
Ruhe im Reiche hatte beſtehen koͤnnen, eben ſo
gewiß konnte man wohl vorausſehen, daß es auch
kuͤnftig nicht beſſer gehen wuͤrde, ſo lange man
dieſes Recht der dreytaͤgigen Ankuͤndigung der Fehde
beybehielt. Alle beſondere Verordnungen, die uͤbri-
gens die goldene Bulle hieruͤber enthielt, verrie-
then an ſich ſchon, wie wenig auch fuͤr die Zu-
kunft zu hoffen war, da ſchon ſolche Mißbraͤuche
eingeriſſen waren, woruͤber die goldene Bulle ſelbſt
zu klagen hatte.


XXVI.

So geſchah es, um nur ein Beyſpiel anzu-
fuͤhren, haͤufig, daß Edelleute ihre eigne Lehnherren

befeh-
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[256/0290] III. Mittl. Zeiten b) 1235-1493. ſtand, ſoviel moͤglich auf ſichere Beſtimmungen zu ſetzen. Damit hat auch Carl der IV. ſeinen Zweck meiſt voͤllig erreicht, da dieſe Vorſchriften der goldenen Bulle groͤßtentheils bis auf den heutigen Tag ihren Gebrauch erhalten haben. Außerdem gieng bey Abfaſſung dieſes Reichsgrundgeſetzes auch noch eine Hauptabſicht dahin, dem damaligen Un- weſen des Fauſtrechts Einhalt zu thun. Da- mit gelang es aber nicht zum Zwecke zu kommen, weil man die Sache nicht an der Wurzel angriff, ſondern nur einige Zweige beſchneiden wollte. Kein Mittel ließ ſich erdenken, hierin gruͤndlich zu helfen, als man haͤtte das ganze Fauſtrecht, d. i. allen Gebrauch der Selbſthuͤlfe, ſchlechterdings auf- heben und abſchaffen muͤßen. Statt deſſen blieb man aber bey dem, was ſchon Friedrich der I. und Rudolf von Habsburg geordnet hatten, daß nur dann Befehdungen unerlaubt ſeyn ſollten, wenn ſie nicht drey Tage vorher erweislich angekuͤndiget waͤren. So wenig damit bisher Ordnung und Ruhe im Reiche hatte beſtehen koͤnnen, eben ſo gewiß konnte man wohl vorausſehen, daß es auch kuͤnftig nicht beſſer gehen wuͤrde, ſo lange man dieſes Recht der dreytaͤgigen Ankuͤndigung der Fehde beybehielt. Alle beſondere Verordnungen, die uͤbri- gens die goldene Bulle hieruͤber enthielt, verrie- then an ſich ſchon, wie wenig auch fuͤr die Zu- kunft zu hoffen war, da ſchon ſolche Mißbraͤuche eingeriſſen waren, woruͤber die goldene Bulle ſelbſt zu klagen hatte. So geſchah es, um nur ein Beyſpiel anzu- fuͤhren, haͤufig, daß Edelleute ihre eigne Lehnherren befeh-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/290>, abgerufen am 25.11.2024.