Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.12) Friedrich der II. 1220-1235. Landschaften Güter oder Einkünfte anweisen durften.In so weit behielten beide Theile, sowohl die Landes- herren als die Landschaften, jede ihre Güter und Einkünfte für sich. In eben dem Verhältnisse, wor- in der Landesherr zu den Bauern in seinen Cam- mergütern stand, hielt sich auch meist der Prälat und der Edelmann gegen seine Bauern. Aus Städ- ten zogen die Landesherren gewisse jährliche Abgaben unter dem Namen der Urbede. Sonst aber war an Landsteuern, oder Geldbeyträgen, die von den Unterthanen oder ihren Gütern zu erheben wären, gar nicht zu denken, wenn nicht ein Landtagsschluß solche bewilligte. Nur ganz außerordentliche Um- stände konnten zu Zeiten Anlaß geben, Bittweise eine kleine Auflage von Seiten der Landschaften zu bewilligen. Auf solche Art kam nun Teutschland zu der beson-IX. son- O
12) Friedrich der II. 1220-1235. Landſchaften Guͤter oder Einkuͤnfte anweiſen durften.In ſo weit behielten beide Theile, ſowohl die Landes- herren als die Landſchaften, jede ihre Guͤter und Einkuͤnfte fuͤr ſich. In eben dem Verhaͤltniſſe, wor- in der Landesherr zu den Bauern in ſeinen Cam- merguͤtern ſtand, hielt ſich auch meiſt der Praͤlat und der Edelmann gegen ſeine Bauern. Aus Staͤd- ten zogen die Landesherren gewiſſe jaͤhrliche Abgaben unter dem Namen der Urbede. Sonſt aber war an Landſteuern, oder Geldbeytraͤgen, die von den Unterthanen oder ihren Guͤtern zu erheben waͤren, gar nicht zu denken, wenn nicht ein Landtagsſchluß ſolche bewilligte. Nur ganz außerordentliche Um- ſtaͤnde konnten zu Zeiten Anlaß geben, Bittweiſe eine kleine Auflage von Seiten der Landſchaften zu bewilligen. Auf ſolche Art kam nun Teutſchland zu der beſon-IX. ſon- O
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12) Friedrich der II. 1220-1235.
Landſchaften Guͤter oder Einkuͤnfte anweiſen durften.
In ſo weit behielten beide Theile, ſowohl die Landes-
herren als die Landſchaften, jede ihre Guͤter und
Einkuͤnfte fuͤr ſich. In eben dem Verhaͤltniſſe, wor-
in der Landesherr zu den Bauern in ſeinen Cam-
merguͤtern ſtand, hielt ſich auch meiſt der Praͤlat
und der Edelmann gegen ſeine Bauern. Aus Staͤd-
ten zogen die Landesherren gewiſſe jaͤhrliche Abgaben
unter dem Namen der Urbede. Sonſt aber war
an Landſteuern, oder Geldbeytraͤgen, die von den
Unterthanen oder ihren Guͤtern zu erheben waͤren,
gar nicht zu denken, wenn nicht ein Landtagsſchluß
ſolche bewilligte. Nur ganz außerordentliche Um-
ſtaͤnde konnten zu Zeiten Anlaß geben, Bittweiſe
eine kleine Auflage von Seiten der Landſchaften zu
bewilligen.
Auf ſolche Art kam nun Teutſchland zu der beſon-
deren Verfaſſung, die es noch jetzt von allen anderen
Europaͤiſchen Reichen unterſcheidet. Es blieb zwar
im Ganzen genommen ein Reich, aber nunmehr
als ein zuſammengeſetzter Staatskoͤrper, deſ-
ſen einzelne Glieder wieder eigne Staaten ausmach-
ten, die nur als Theile des Ganzen noch demſelben
untergeordnet waren. So mancher Erzbiſchof,
Biſchof oder anderer Praͤlat, und ſo mancher Her-
zog, Pfalzgraf, Marggraf, Landgraf oder Graf
und Herr nur Land und Leute hatte; ſo manche
beſondere Staaten bildeten ſich jetzt, die nur noch
in ſo weit zuſammen einen Staat ausmachten, als
ſie ihre vorige Verbindung unter einem gemeinſa-
men Oberhaupte beybehielten. Das einzige kam
dieſem damals noch zu gute, daß es Staͤdte gab,
die keinem andern Reichsſtande unterworfen waren,
ſon-
IX.
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