Bey allem dem behielt Henrich der Löwe die von seinen mütterlichen und großmütterlichen Vor- fahren auf ihn vererbten Länder Braunschweig, Nordheim und Lüneburg. Er hörte auch nie auf den herzoglichen Titel zu führen. Eben das tha- ten seine Söhne, Henrich, Otto und Wilhelm, die anfangs, wie es unter Brüdern damals häu- fig geschah, in Gemeinschaft ihrer Güter blieben, bis sie sich im Jahre 1203. in Zelle, Braun- schweig und Lüneburg abtheilten. Henrich der Löwe erlebte auch noch die Hoffnung, daß zu eini- ger Entschädigung seines Hauses die Pfalz am Rhein demselben zu Theil werden würde, da sein ältester Sohn Henrich mit einer Staufischen Prin- zessinn Agnes, deren Vater Conrad Pfalzgraf am Rheine war, vermählet wurde, auch würklich her- nach zum Besitz der Pfalz gelangte. Allein auch dieser gerieth nachher 1215. in die Acht, und mit seiner Tochter Agnes, die an den Herzog Otto von Baiern vermählt ward, kam auch die Pfalz wieder vom Welfischen Hause an das Haus Wittelsbach.
XVII.
Endlich wurde erst im Jahre 1235. die ganze 1235Sache damit auf den heutigen Fuß gesetzt, daß vermöge eines zwischen dem Kaiser Friedrich dem II. und Henrichs des Löwen einzig übrig gebliebenem Enkel von seinem jüngern Sohne Wilhelm, Otto dem Knaben, feierlich errichteten Vergleichs, die- ser Otto seine Braunschweig-Lüneburgische Erblän- der dem Kaiser zu Lehn auftrug, und als ein Her- zogthum, das auf der Stadt Braunschweig und dem Schlosse Lüneburg haften sollte, zurück empfieng. An statt, daß ursprünglich Herzogthü- mer von ganzen Völkern, wie von Baiern, Sach-
sen,
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
XVI.
Bey allem dem behielt Henrich der Loͤwe die von ſeinen muͤtterlichen und großmuͤtterlichen Vor- fahren auf ihn vererbten Laͤnder Braunſchweig, Nordheim und Luͤneburg. Er hoͤrte auch nie auf den herzoglichen Titel zu fuͤhren. Eben das tha- ten ſeine Soͤhne, Henrich, Otto und Wilhelm, die anfangs, wie es unter Bruͤdern damals haͤu- fig geſchah, in Gemeinſchaft ihrer Guͤter blieben, bis ſie ſich im Jahre 1203. in Zelle, Braun- ſchweig und Luͤneburg abtheilten. Henrich der Loͤwe erlebte auch noch die Hoffnung, daß zu eini- ger Entſchaͤdigung ſeines Hauſes die Pfalz am Rhein demſelben zu Theil werden wuͤrde, da ſein aͤlteſter Sohn Henrich mit einer Staufiſchen Prin- zeſſinn Agnes, deren Vater Conrad Pfalzgraf am Rheine war, vermaͤhlet wurde, auch wuͤrklich her- nach zum Beſitz der Pfalz gelangte. Allein auch dieſer gerieth nachher 1215. in die Acht, und mit ſeiner Tochter Agnes, die an den Herzog Otto von Baiern vermaͤhlt ward, kam auch die Pfalz wieder vom Welfiſchen Hauſe an das Haus Wittelsbach.
XVII.
Endlich wurde erſt im Jahre 1235. die ganze 1235Sache damit auf den heutigen Fuß geſetzt, daß vermoͤge eines zwiſchen dem Kaiſer Friedrich dem II. und Henrichs des Loͤwen einzig uͤbrig gebliebenem Enkel von ſeinem juͤngern Sohne Wilhelm, Otto dem Knaben, feierlich errichteten Vergleichs, die- ſer Otto ſeine Braunſchweig-Luͤneburgiſche Erblaͤn- der dem Kaiſer zu Lehn auftrug, und als ein Her- zogthum, das auf der Stadt Braunſchweig und dem Schloſſe Luͤneburg haften ſollte, zuruͤck empfieng. An ſtatt, daß urſpruͤnglich Herzogthuͤ- mer von ganzen Voͤlkern, wie von Baiern, Sach-
ſen,
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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Bey allem dem behielt Henrich der Loͤwe die
von ſeinen muͤtterlichen und großmuͤtterlichen Vor-
fahren auf ihn vererbten Laͤnder Braunſchweig,
Nordheim und Luͤneburg. Er hoͤrte auch nie auf
den herzoglichen Titel zu fuͤhren. Eben das tha-
ten ſeine Soͤhne, Henrich, Otto und Wilhelm,
die anfangs, wie es unter Bruͤdern damals haͤu-
fig geſchah, in Gemeinſchaft ihrer Guͤter blieben,
bis ſie ſich im Jahre 1203. in Zelle, Braun-
ſchweig und Luͤneburg abtheilten. Henrich der
Loͤwe erlebte auch noch die Hoffnung, daß zu eini-
ger Entſchaͤdigung ſeines Hauſes die Pfalz am
Rhein demſelben zu Theil werden wuͤrde, da ſein
aͤlteſter Sohn Henrich mit einer Staufiſchen Prin-
zeſſinn Agnes, deren Vater Conrad Pfalzgraf am
Rheine war, vermaͤhlet wurde, auch wuͤrklich her-
nach zum Beſitz der Pfalz gelangte. Allein auch
dieſer gerieth nachher 1215. in die Acht, und mit
ſeiner Tochter Agnes, die an den Herzog Otto von
Baiern vermaͤhlt ward, kam auch die Pfalz wieder
vom Welfiſchen Hauſe an das Haus Wittelsbach.
Endlich wurde erſt im Jahre 1235. die ganze
Sache damit auf den heutigen Fuß geſetzt, daß
vermoͤge eines zwiſchen dem Kaiſer Friedrich dem II.
und Henrichs des Loͤwen einzig uͤbrig gebliebenem
Enkel von ſeinem juͤngern Sohne Wilhelm, Otto
dem Knaben, feierlich errichteten Vergleichs, die-
ſer Otto ſeine Braunſchweig-Luͤneburgiſche Erblaͤn-
der dem Kaiſer zu Lehn auftrug, und als ein Her-
zogthum, das auf der Stadt Braunſchweig und
dem Schloſſe Luͤneburg haften ſollte, zuruͤck
empfieng. An ſtatt, daß urſpruͤnglich Herzogthuͤ-
mer von ganzen Voͤlkern, wie von Baiern, Sach-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/226>, abgerufen am 25.11.2024.
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