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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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10) Lothar. II. -- Fried. II. 1125-1235.
üblen Erfolg man einer Verunwilligung zwischen
Henrichen und dem Kaiser zuschrieb, verschiedene
Klagen wider jenen geführet wurden, zu deren
Erörterung Henrichen mehrere Tagfahrten nach ein-
ander angesetzt wurden, auf denen er aber nicht
erschien; daher die Acht als eine Strafe des Un-
gehorsams wider ihn erkannt wurde. Je gewöhn-
licher es war, daß eine solche Ungehorsams-Acht
wieder aufgehoben wurde, wenn binnen Jahr und
Tag dagegen Vorstellungen geschahen; je weniger
mochte Henrich wegen der Folgen dieser Acht be-
sorgt seyn, zumal da er sich des Ungrundes der
Beschwerden, die man wider ihn vorbrachte, be-
wußt war, und da er sich überzeugt hielt, daß
selbst in der Art und Weise, wie man das Ge-
richt bestellt, und die Acht wider ihn erkannt hat-
te, manches widerrechtliche vorgegangen war.

Die Besetzung des Gerichts schien zwar inXII.
so weit ihre verfassungsmäßige Richtigkeit zu ha-
ben, als eine Anzahl Fürsten dazu gezogen waren,
und also dem Grundsatze ein Gnüge geschah, daß
niemand anders, als durch seines Gleichen, ver-
urtheilet werden könne. Aber das verstand sich
doch von selbsten, daß ein Gericht auch nicht an-
ders, als mit unpartheyischen Richtern, nicht mit
solchen, die selbst Widersacher des zu verurtheilen-
den waren, besetzt seyn mußte. Darum war un-
streitig die Beschwerde Henrichs des Löwen sehr
gegründet, da der Erzbischof Philipp von Cölln
und andere, die schon als Ankläger und Widersa-
cher gegen ihn aufgetreten waren, jetzt auch als
Mitglieder des Gerichts erschienen, vor welchem
er zur Verantwortung gezogen werden sollte. Da-

neben

10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235.
uͤblen Erfolg man einer Verunwilligung zwiſchen
Henrichen und dem Kaiſer zuſchrieb, verſchiedene
Klagen wider jenen gefuͤhret wurden, zu deren
Eroͤrterung Henrichen mehrere Tagfahrten nach ein-
ander angeſetzt wurden, auf denen er aber nicht
erſchien; daher die Acht als eine Strafe des Un-
gehorſams wider ihn erkannt wurde. Je gewoͤhn-
licher es war, daß eine ſolche Ungehorſams-Acht
wieder aufgehoben wurde, wenn binnen Jahr und
Tag dagegen Vorſtellungen geſchahen; je weniger
mochte Henrich wegen der Folgen dieſer Acht be-
ſorgt ſeyn, zumal da er ſich des Ungrundes der
Beſchwerden, die man wider ihn vorbrachte, be-
wußt war, und da er ſich uͤberzeugt hielt, daß
ſelbſt in der Art und Weiſe, wie man das Ge-
richt beſtellt, und die Acht wider ihn erkannt hat-
te, manches widerrechtliche vorgegangen war.

Die Beſetzung des Gerichts ſchien zwar inXII.
ſo weit ihre verfaſſungsmaͤßige Richtigkeit zu ha-
ben, als eine Anzahl Fuͤrſten dazu gezogen waren,
und alſo dem Grundſatze ein Gnuͤge geſchah, daß
niemand anders, als durch ſeines Gleichen, ver-
urtheilet werden koͤnne. Aber das verſtand ſich
doch von ſelbſten, daß ein Gericht auch nicht an-
ders, als mit unpartheyiſchen Richtern, nicht mit
ſolchen, die ſelbſt Widerſacher des zu verurtheilen-
den waren, beſetzt ſeyn mußte. Darum war un-
ſtreitig die Beſchwerde Henrichs des Loͤwen ſehr
gegruͤndet, da der Erzbiſchof Philipp von Coͤlln
und andere, die ſchon als Anklaͤger und Widerſa-
cher gegen ihn aufgetreten waren, jetzt auch als
Mitglieder des Gerichts erſchienen, vor welchem
er zur Verantwortung gezogen werden ſollte. Da-

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[187/0221] 10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235. uͤblen Erfolg man einer Verunwilligung zwiſchen Henrichen und dem Kaiſer zuſchrieb, verſchiedene Klagen wider jenen gefuͤhret wurden, zu deren Eroͤrterung Henrichen mehrere Tagfahrten nach ein- ander angeſetzt wurden, auf denen er aber nicht erſchien; daher die Acht als eine Strafe des Un- gehorſams wider ihn erkannt wurde. Je gewoͤhn- licher es war, daß eine ſolche Ungehorſams-Acht wieder aufgehoben wurde, wenn binnen Jahr und Tag dagegen Vorſtellungen geſchahen; je weniger mochte Henrich wegen der Folgen dieſer Acht be- ſorgt ſeyn, zumal da er ſich des Ungrundes der Beſchwerden, die man wider ihn vorbrachte, be- wußt war, und da er ſich uͤberzeugt hielt, daß ſelbſt in der Art und Weiſe, wie man das Ge- richt beſtellt, und die Acht wider ihn erkannt hat- te, manches widerrechtliche vorgegangen war. Die Beſetzung des Gerichts ſchien zwar in ſo weit ihre verfaſſungsmaͤßige Richtigkeit zu ha- ben, als eine Anzahl Fuͤrſten dazu gezogen waren, und alſo dem Grundſatze ein Gnuͤge geſchah, daß niemand anders, als durch ſeines Gleichen, ver- urtheilet werden koͤnne. Aber das verſtand ſich doch von ſelbſten, daß ein Gericht auch nicht an- ders, als mit unpartheyiſchen Richtern, nicht mit ſolchen, die ſelbſt Widerſacher des zu verurtheilen- den waren, beſetzt ſeyn mußte. Darum war un- ſtreitig die Beſchwerde Henrichs des Loͤwen ſehr gegruͤndet, da der Erzbiſchof Philipp von Coͤlln und andere, die ſchon als Anklaͤger und Widerſa- cher gegen ihn aufgetreten waren, jetzt auch als Mitglieder des Gerichts erſchienen, vor welchem er zur Verantwortung gezogen werden ſollte. Da- neben XII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/221>, abgerufen am 25.11.2024.