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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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10) Lothar. II. -- Fried. II. 1125-1235.
Wahl Philipps und Otto des IV. der päbstliche
Stuhl immer größern Einfluß in die Kaiserwah-
len bekam, und bald anfieng, Kaisern, die nicht
nach seinem Sinne waren, Gegenkaiser entgegen-
zusetzen, als Otto dem IV. erst Friedrich den II.,
hernach diesem Henrich von Thüringen, Wilhelm
von Holland u. s. w.

Mit der völligen Wahlfreyheit stand aber auchIII.
nunmehr die Begründung eines ausschließlichen
Wahlrechts einiger weniger Wahlfürsten in ge-
nauer Verbindung. Bey der Wahl Lothars er-
schien zwar noch auf eben den Fuß, wie es ehe-
dem in ähnlichen Fällen, wenn nach Abgang eines
regierenden Stamms eine neue Wahl geschah, ge-
wöhnlich war, die ganze Menge geistlicher und
weltlicher Reichsstände mit ihrem Gefolge, mehr
in Gestalt eines gelagerten Kriegsheeres, als einer
Wahlversammlung. Aber das Geschäfft selbst kam
schon durch eine Art von Compromiß, oder wenig-
stens unter der Gestalt einer Vorberathschlagung,
in die Hände einiger weniger Fürsten, die hernach
nur die Zustimmung der übrigen erwarteten. Die
Veränderungen, die seit kurzem sowohl mit der
Pabstwahl als mit den Bischofswahlen angestiftet
waren, schienen selbst ein gutes Beyspiel abzuge-
ben, wie auch bey den Kaiserwahlen mehr Ord-
nung zu erwarten seyn würde, wenn man die Be-
rathschlagungen darüber auf weniger Personen an-
kommen ließe. Bey der Wahl Friedrichs des I.
wird schon ausdrücklich erwehnt, daß sie von sechs
bis acht Reichserzbeamten geschehen sey. Unter
eben dieser Regierung erscheinen aber auch schon
Böhmen als Erzschenk, Pfalz als Erztruchseß,

Sach-
M 2

10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235.
Wahl Philipps und Otto des IV. der paͤbſtliche
Stuhl immer groͤßern Einfluß in die Kaiſerwah-
len bekam, und bald anfieng, Kaiſern, die nicht
nach ſeinem Sinne waren, Gegenkaiſer entgegen-
zuſetzen, als Otto dem IV. erſt Friedrich den II.,
hernach dieſem Henrich von Thuͤringen, Wilhelm
von Holland u. ſ. w.

Mit der voͤlligen Wahlfreyheit ſtand aber auchIII.
nunmehr die Begruͤndung eines ausſchließlichen
Wahlrechts einiger weniger Wahlfuͤrſten in ge-
nauer Verbindung. Bey der Wahl Lothars er-
ſchien zwar noch auf eben den Fuß, wie es ehe-
dem in aͤhnlichen Faͤllen, wenn nach Abgang eines
regierenden Stamms eine neue Wahl geſchah, ge-
woͤhnlich war, die ganze Menge geiſtlicher und
weltlicher Reichsſtaͤnde mit ihrem Gefolge, mehr
in Geſtalt eines gelagerten Kriegsheeres, als einer
Wahlverſammlung. Aber das Geſchaͤfft ſelbſt kam
ſchon durch eine Art von Compromiß, oder wenig-
ſtens unter der Geſtalt einer Vorberathſchlagung,
in die Haͤnde einiger weniger Fuͤrſten, die hernach
nur die Zuſtimmung der uͤbrigen erwarteten. Die
Veraͤnderungen, die ſeit kurzem ſowohl mit der
Pabſtwahl als mit den Biſchofswahlen angeſtiftet
waren, ſchienen ſelbſt ein gutes Beyſpiel abzuge-
ben, wie auch bey den Kaiſerwahlen mehr Ord-
nung zu erwarten ſeyn wuͤrde, wenn man die Be-
rathſchlagungen daruͤber auf weniger Perſonen an-
kommen ließe. Bey der Wahl Friedrichs des I.
wird ſchon ausdruͤcklich erwehnt, daß ſie von ſechs
bis acht Reichserzbeamten geſchehen ſey. Unter
eben dieſer Regierung erſcheinen aber auch ſchon
Boͤhmen als Erzſchenk, Pfalz als Erztruchſeß,

Sach-
M 2
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[179/0213] 10) Lothar. II. — Fried. II. 1125-1235. Wahl Philipps und Otto des IV. der paͤbſtliche Stuhl immer groͤßern Einfluß in die Kaiſerwah- len bekam, und bald anfieng, Kaiſern, die nicht nach ſeinem Sinne waren, Gegenkaiſer entgegen- zuſetzen, als Otto dem IV. erſt Friedrich den II., hernach dieſem Henrich von Thuͤringen, Wilhelm von Holland u. ſ. w. Mit der voͤlligen Wahlfreyheit ſtand aber auch nunmehr die Begruͤndung eines ausſchließlichen Wahlrechts einiger weniger Wahlfuͤrſten in ge- nauer Verbindung. Bey der Wahl Lothars er- ſchien zwar noch auf eben den Fuß, wie es ehe- dem in aͤhnlichen Faͤllen, wenn nach Abgang eines regierenden Stamms eine neue Wahl geſchah, ge- woͤhnlich war, die ganze Menge geiſtlicher und weltlicher Reichsſtaͤnde mit ihrem Gefolge, mehr in Geſtalt eines gelagerten Kriegsheeres, als einer Wahlverſammlung. Aber das Geſchaͤfft ſelbſt kam ſchon durch eine Art von Compromiß, oder wenig- ſtens unter der Geſtalt einer Vorberathſchlagung, in die Haͤnde einiger weniger Fuͤrſten, die hernach nur die Zuſtimmung der uͤbrigen erwarteten. Die Veraͤnderungen, die ſeit kurzem ſowohl mit der Pabſtwahl als mit den Biſchofswahlen angeſtiftet waren, ſchienen ſelbſt ein gutes Beyſpiel abzuge- ben, wie auch bey den Kaiſerwahlen mehr Ord- nung zu erwarten ſeyn wuͤrde, wenn man die Be- rathſchlagungen daruͤber auf weniger Perſonen an- kommen ließe. Bey der Wahl Friedrichs des I. wird ſchon ausdruͤcklich erwehnt, daß ſie von ſechs bis acht Reichserzbeamten geſchehen ſey. Unter eben dieſer Regierung erſcheinen aber auch ſchon Boͤhmen als Erzſchenk, Pfalz als Erztruchſeß, Sach- III. M 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/213>, abgerufen am 25.11.2024.