des Hauses, zu welchem sie gehören, den herzog- lichen oder landgräflichen Titel führen.
X.
Die Vorfahren des heutigen Hauses Hessen waren seit 1106. Herzoge von Niederlothringen, oder, wie sie sich in der Folge nach ihren meist im Brabantischen Gaue gelegenen Erbgütern schrie- ben, Herzoge von Brabant, und würden es noch jetzt seyn, wenn nicht der Mannsstamm von der Linie, welche Brabant besaß, im vierzehnten Jahr- hundert erloschen wäre. Durch eine Prinzessinn von Thüringen, welche an einen Herzog von Bra- bant vermählt war, kam inzwischen im dreyzehn- ten Jahrhundert Hessen an eine andere Linie die- ses Hauses, die zwar jenen Brabantischen Manns- stamm überlebet, aber die Erbfolge in Brabant selbst nicht erhalten hat, weil man die Abtheilung der beiden Brüder, wovon der eine Brabant, der andere Hessen erhielt, als eine Todtheilung ansah. So geschah es überhaupt nicht selten, daß von zwey Brüdern, deren einer von väterlicher, der andere von mütterlicher Seite her, oder sonst aus verschiedenen Rechtsquellen, jeder ein besonderes Land bekam, zwey Stämme gebildet wurden, die sich nicht anders, als wie zwey ganz verschiedene Familien gegen einander verhielten (so wie in un- seren Tagen wieder beynahe ein ähnlicher Fall mit dem Hause Oesterreich und Toscana sich ereignet.)
XI.
Noch häufiger geschah es in der ersten Zeit, daß, wenn auch von mehreren Söhnen eines Her- zogs oder Marggrafen, Pfalzgrafen, oder anderen Grafen einer, wie gemeiniglich der älteste, die väterlichen Lande und Würden bekam, dennoch die
jün-
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
des Hauſes, zu welchem ſie gehoͤren, den herzog- lichen oder landgraͤflichen Titel fuͤhren.
X.
Die Vorfahren des heutigen Hauſes Heſſen waren ſeit 1106. Herzoge von Niederlothringen, oder, wie ſie ſich in der Folge nach ihren meiſt im Brabantiſchen Gaue gelegenen Erbguͤtern ſchrie- ben, Herzoge von Brabant, und wuͤrden es noch jetzt ſeyn, wenn nicht der Mannsſtamm von der Linie, welche Brabant beſaß, im vierzehnten Jahr- hundert erloſchen waͤre. Durch eine Prinzeſſinn von Thuͤringen, welche an einen Herzog von Bra- bant vermaͤhlt war, kam inzwiſchen im dreyzehn- ten Jahrhundert Heſſen an eine andere Linie die- ſes Hauſes, die zwar jenen Brabantiſchen Manns- ſtamm uͤberlebet, aber die Erbfolge in Brabant ſelbſt nicht erhalten hat, weil man die Abtheilung der beiden Bruͤder, wovon der eine Brabant, der andere Heſſen erhielt, als eine Todtheilung anſah. So geſchah es uͤberhaupt nicht ſelten, daß von zwey Bruͤdern, deren einer von vaͤterlicher, der andere von muͤtterlicher Seite her, oder ſonſt aus verſchiedenen Rechtsquellen, jeder ein beſonderes Land bekam, zwey Staͤmme gebildet wurden, die ſich nicht anders, als wie zwey ganz verſchiedene Familien gegen einander verhielten (ſo wie in un- ſeren Tagen wieder beynahe ein aͤhnlicher Fall mit dem Hauſe Oeſterreich und Toſcana ſich ereignet.)
XI.
Noch haͤufiger geſchah es in der erſten Zeit, daß, wenn auch von mehreren Soͤhnen eines Her- zogs oder Marggrafen, Pfalzgrafen, oder anderen Grafen einer, wie gemeiniglich der aͤlteſte, die vaͤterlichen Lande und Wuͤrden bekam, dennoch die
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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
des Hauſes, zu welchem ſie gehoͤren, den herzog-
lichen oder landgraͤflichen Titel fuͤhren.
Die Vorfahren des heutigen Hauſes Heſſen
waren ſeit 1106. Herzoge von Niederlothringen,
oder, wie ſie ſich in der Folge nach ihren meiſt
im Brabantiſchen Gaue gelegenen Erbguͤtern ſchrie-
ben, Herzoge von Brabant, und wuͤrden es noch
jetzt ſeyn, wenn nicht der Mannsſtamm von der
Linie, welche Brabant beſaß, im vierzehnten Jahr-
hundert erloſchen waͤre. Durch eine Prinzeſſinn
von Thuͤringen, welche an einen Herzog von Bra-
bant vermaͤhlt war, kam inzwiſchen im dreyzehn-
ten Jahrhundert Heſſen an eine andere Linie die-
ſes Hauſes, die zwar jenen Brabantiſchen Manns-
ſtamm uͤberlebet, aber die Erbfolge in Brabant
ſelbſt nicht erhalten hat, weil man die Abtheilung
der beiden Bruͤder, wovon der eine Brabant, der
andere Heſſen erhielt, als eine Todtheilung anſah.
So geſchah es uͤberhaupt nicht ſelten, daß von
zwey Bruͤdern, deren einer von vaͤterlicher, der
andere von muͤtterlicher Seite her, oder ſonſt aus
verſchiedenen Rechtsquellen, jeder ein beſonderes
Land bekam, zwey Staͤmme gebildet wurden, die
ſich nicht anders, als wie zwey ganz verſchiedene
Familien gegen einander verhielten (ſo wie in un-
ſeren Tagen wieder beynahe ein aͤhnlicher Fall mit
dem Hauſe Oeſterreich und Toſcana ſich ereignet.)
Noch haͤufiger geſchah es in der erſten Zeit,
daß, wenn auch von mehreren Soͤhnen eines Her-
zogs oder Marggrafen, Pfalzgrafen, oder anderen
Grafen einer, wie gemeiniglich der aͤlteſte, die
vaͤterlichen Lande und Wuͤrden bekam, dennoch die
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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