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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Auch in anderen Rücksichten entstanden daraus
ähnliche Verhältnisse. Ein Bischof, dem es nicht
gleichgültig war, was er für einen Nachfolger be-
kam, suchte gern die Domherren zu Freunden zu
haben. Sie waren ohnedem gleichsam Bestand-
theile eines Leibes, da der Bischof mit ihnen zu-
sammengenommen die Kirche vorzustellen schien.
Sie wurden also zu Rathe gezogen; bald durfte
ohne ihre Einwilligung nichts wichtiges vorgenom-
men werden.


IX.

Wenn das alles zum Theil ein stillschweigendes
Herkommen zu begründen angefangen hatte; so
kam man bald ferner auf die Gedanken, bey der
Wahl eines neuen Bischofs ihm eine Capitula-
tion
vorzulegen, worin er eidlich versprechen mußte,
die darin enthaltenen Vorschriften zu beobachten (e).
So entstand ein ganz neues Verhältniß zwischen
Bischöfen und Domcapiteln, welche letztere wäh-
render Zwischenzeit (Sedisvacanz), wenn der

bischöf-
(e) Schon vom XIII. Jahrhunderte finden sich
Urkunden, worin neu erwehlte Bischöfe ihren Dom-
capiteln gewisse Vorrechte zusichern, z. B. vom
Bischof Bechtold von Passau 1252. in Hansitz
Germ. sacra tom. 1. p.
391. Von förmlich be-
schwornen Capitulationen ist eine der ersten vom
Erzbischof Albrecht zu Magdeburg 1383. in Lv-
dewig
reliqu. MStor. tom. 12. p.
471. Andere
vorzügliche Beyspiele sind hernach die von Würz-
burg 1411. und von Bamberg 1422., jene in
Lünigs Reichsarchiv spicil. eccl. tom. 2. p. 969.,
letztere in der Prüfung der Schriften des Bamber-
gischen Domcapitels (1745.) Th. 2. §. 23. Adolf
Felix Henr. Posse über die Rechtsbeständigkeit der
Wahicapitulationen catholisch geistlicher Teutscher
Fürsten (Göttingen 1784. 4.) S. 36. 38.

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Auch in anderen Ruͤckſichten entſtanden daraus
aͤhnliche Verhaͤltniſſe. Ein Biſchof, dem es nicht
gleichguͤltig war, was er fuͤr einen Nachfolger be-
kam, ſuchte gern die Domherren zu Freunden zu
haben. Sie waren ohnedem gleichſam Beſtand-
theile eines Leibes, da der Biſchof mit ihnen zu-
ſammengenommen die Kirche vorzuſtellen ſchien.
Sie wurden alſo zu Rathe gezogen; bald durfte
ohne ihre Einwilligung nichts wichtiges vorgenom-
men werden.


IX.

Wenn das alles zum Theil ein ſtillſchweigendes
Herkommen zu begruͤnden angefangen hatte; ſo
kam man bald ferner auf die Gedanken, bey der
Wahl eines neuen Biſchofs ihm eine Capitula-
tion
vorzulegen, worin er eidlich verſprechen mußte,
die darin enthaltenen Vorſchriften zu beobachten (e).
So entſtand ein ganz neues Verhaͤltniß zwiſchen
Biſchoͤfen und Domcapiteln, welche letztere waͤh-
render Zwiſchenzeit (Sedisvacanz), wenn der

biſchoͤf-
(e) Schon vom XIII. Jahrhunderte finden ſich
Urkunden, worin neu erwehlte Biſchoͤfe ihren Dom-
capiteln gewiſſe Vorrechte zuſichern, z. B. vom
Biſchof Bechtold von Paſſau 1252. in Hansitz
Germ. ſacra tom. 1. p.
391. Von foͤrmlich be-
ſchwornen Capitulationen iſt eine der erſten vom
Erzbiſchof Albrecht zu Magdeburg 1383. in Lv-
dewig
reliqu. MStor. tom. 12. p.
471. Andere
vorzuͤgliche Beyſpiele ſind hernach die von Wuͤrz-
burg 1411. und von Bamberg 1422., jene in
Luͤnigs Reichsarchiv ſpicil. eccl. tom. 2. p. 969.,
letztere in der Pruͤfung der Schriften des Bamber-
giſchen Domcapitels (1745.) Th. 2. §. 23. Adolf
Felix Henr. Poſſe uͤber die Rechtsbeſtaͤndigkeit der
Wahicapitulationen catholiſch geiſtlicher Teutſcher
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[158/0192] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. Auch in anderen Ruͤckſichten entſtanden daraus aͤhnliche Verhaͤltniſſe. Ein Biſchof, dem es nicht gleichguͤltig war, was er fuͤr einen Nachfolger be- kam, ſuchte gern die Domherren zu Freunden zu haben. Sie waren ohnedem gleichſam Beſtand- theile eines Leibes, da der Biſchof mit ihnen zu- ſammengenommen die Kirche vorzuſtellen ſchien. Sie wurden alſo zu Rathe gezogen; bald durfte ohne ihre Einwilligung nichts wichtiges vorgenom- men werden. Wenn das alles zum Theil ein ſtillſchweigendes Herkommen zu begruͤnden angefangen hatte; ſo kam man bald ferner auf die Gedanken, bey der Wahl eines neuen Biſchofs ihm eine Capitula- tion vorzulegen, worin er eidlich verſprechen mußte, die darin enthaltenen Vorſchriften zu beobachten (e). So entſtand ein ganz neues Verhaͤltniß zwiſchen Biſchoͤfen und Domcapiteln, welche letztere waͤh- render Zwiſchenzeit (Sedisvacanz), wenn der biſchoͤf- (e) Schon vom XIII. Jahrhunderte finden ſich Urkunden, worin neu erwehlte Biſchoͤfe ihren Dom- capiteln gewiſſe Vorrechte zuſichern, z. B. vom Biſchof Bechtold von Paſſau 1252. in Hansitz Germ. ſacra tom. 1. p. 391. Von foͤrmlich be- ſchwornen Capitulationen iſt eine der erſten vom Erzbiſchof Albrecht zu Magdeburg 1383. in Lv- dewig reliqu. MStor. tom. 12. p. 471. Andere vorzuͤgliche Beyſpiele ſind hernach die von Wuͤrz- burg 1411. und von Bamberg 1422., jene in Luͤnigs Reichsarchiv ſpicil. eccl. tom. 2. p. 969., letztere in der Pruͤfung der Schriften des Bamber- giſchen Domcapitels (1745.) Th. 2. §. 23. Adolf Felix Henr. Poſſe uͤber die Rechtsbeſtaͤndigkeit der Wahicapitulationen catholiſch geiſtlicher Teutſcher Fuͤrſten (Goͤttingen 1784. 4.) S. 36. 38.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/192>, abgerufen am 24.11.2024.